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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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oder nicht: Härte. Härte gegen sich und gegen andere. Arndts Wille ist nicht stark genug, um das zu tun, was von ihm erwartet wird. Immer öfter vertraut er sich deshalb Berthold Beitz an, einem der wenigen Menschen in Essen, bei denen er Wärme und Freundschaft findet. Schon bald sagt er, wohl nicht nur im Scherz, »Vater zwei« zu Beitz. 1963 schreibt Arndt einen Brief an Berthold Beitz, in dem er so offen wie nie über seine Gefühlswelt und seine inneren Konflikte spricht:
    Ich möchte Ihnen danken dafür, daß das Schicksal es so gut mit mir meinte, mir eine Stütze zu geben, gütig, verständnisvoll und mit einem weiten großen Herzen, eine starke Hand, die mich ohne Härte, nur mit einem zarten Druck, auf den richtigen Weg brachte, wenn der junge, verwirrte Mensch im Widerstreit der Gefühle zu straucheln drohte. Ich habe in meinem Leben immer den Vater vermißt, das zärtliche, anhängliche Gefühl, das man dem Menschen entgegenbringt, dem man sein Leben verdankt und von dem man Hilfe und Schutz erwartet. Der ernste, unglückliche, in sich selbst verschlossene Mann, der unser aller Vorbild ist, konnte, so sehr er es sich wünschte, seinen Sohn nie mit liebevoller Wärme umgeben. So empfinde ich für ihn liebevolle Achtung, respektvolle Bewunderung und beklemmende Angst. Doch Sie sind da, um mir zu helfen, immer und unter Aufbietung aller Kräfte. Welche Sicherheit gibt mir das grenzenlose Vertrauen zu Ihnen, die Gewißheit, sagen zu können: »Herr Beitz ist da. ER HILFT !«
    Und er fährt fort: »Durch das manchmal rauhe Äußere, die angedeutete Strenge spüre ich die guten Augen, aus denen die Herzlichkeit und manchmal der Schalk blitzt und in der ruhigen Stimme klingt ein weicher Unteron an … Tiefste aufrichtige Freundschaft … unendliches Vertrauen und liebevolle Zuneigung meinerseits machen Sie heute für mich zu dem Faktor meines Lebens, den man gemeinhin als Vater bezeichnet.«
    Berthold Beitz ist gerührt von der kindlichen Verehrung des Jungen. Zugleich respektiert er ihn, hilft ihm auf vielfache Weise, gibt ihm Rat, hat Zeit für ihn. Arndt ist öfters zu Gast bei Familie Beitz; die kleine Bettina albert gern einmal mit ihm im Haus herum. Beitz richtet Arndt, wenn er ihm schreibt, manchmal »besondere Grüße von Bettina an den Kitzelmann« aus. Er kümmert sich auch um Schreiben wie jene des Juwelierhauses Rudolf Schallmeier aus der feinen Münchner Maximilianstraße, die »im Auftragdes Herrn Arndt von Bohlen und Halbach« 4250 Mark für einen Brillant-Clip in Rechnung stellt, mit vorzüglicher Hochachtung.
    Das sind Kleinigkeiten gegen eine andere Aufgabe: Beitz ist es, der zwischen Vater und Sohn moderieren, die Loyalität zu Alfried Krupp in dieser hochsensiblen Dreiecksbeziehung wahren und gleichzeitig Arndt einen Halt bieten muss. Manchmal mahnt er Arndt sanft: »Ich glaube, Ihr Vater würde sich auch über eine Nachricht freuen.« Heikel wird es besonders dann, wenn Arndt gegen Entscheidungen des Vaters aufbegehrt. Die direkte Konfrontation wagt er nicht. Er versucht es stattdessen über Berthold Beitz.
    1963 hält sich Arndt in Brasilien auf. Der Job in einer Fabrik für Gesenkschmiedeteile, einem der Krupp’schen Auslandswerke, mag nicht zu Arndts Präferenzen gehören, aber er blüht auf, dem Schatten des Vaters und den düsteren Korridoren des Essener Konzernsitzes entronnen. »Das vergangene Jahr«, schreibt er an Beitz, »hat mir das Gefühl echter Verantwortung, den Willen zu konstruktiver Mitarbeit und zum ersten Male in meinem Leben Zufriedenheit und vollkommenes Glück für meine Person, den Menschen Arndt, den Sie kennen, gegeben.«
    Er lebt in der Gegenwart, fern jeder Aufsicht und in Gesellschaft eines wachsenden Freundeskreises, der sich wie ein Hofstaat um den reichen Erben aus Übersee schart. Bald feiert er Feste, die man in Essen voll Verdruss als »Jetset-Partys« bezeichnet. Bei einem Besuch stellt Mutter Annelise alarmiert fest, dass Arndts Begleitung »leider sehr wenig erfreulich« sei. Einer der jungen Männer ist in ihren Augen »wie eine klebrige Qualle, die aus Arndt alles herausholt. Äußerste Vorsicht, bitte!«, schreibt sie an Beitz.
    Der Sohn, auch von der dominierenden Mutter endlich befreit, will nicht zurück. Er bittet Beitz, bei Alfried Krupp eine Verlängerung des Brasilienaufenthalts durchzusetzen: »Meine Rückkehr nach Deutschland würde für mich persönlich einer Katastrophe gleichkommen!« In Brasilien sei er für Krupp weit nützlicher.

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