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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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Beitz trägt dem Firmenchef Anfang September 1963 das Anliegen vor. Alfried Krupp, der seinerseits den Kontakt mit dem Sohn scheut und Beitz als Medium nimmt, lehnt ab. Arndt soll heimkommen, sich einen Repetitor nehmen, das BWL -Studium beenden. Beitz selbst, eigentlich kein Mann langer Briefe, schreibt ausführlich an Arndt: »Ich glaube, wenn Sie nicht kommen, würde es für Ihren Vater, der schon sehr viel in seinem Leben an menschlichen Enttäuschungen erlitten hat, eine erneute schwere seelische Belastung sein. Ich schreibe Ihnen das als Vater, der selbst drei Töchter hat, und ich schreibe Ihnen als väterlicher Freund. Der es sehr gut mit Ihnen meint und der in der Sorge um Ihren Vater und um die Firma sie nochmals bitten möchte zu kommen.«
    Er ist nicht hartherzig, beileibe nicht. Er weiß um die Seelenpein des Jungen. Er sieht und schätzt den Menschen hinter Arndts Identifikationskonflikten, die mit jedem Jahr deutlicher werden. Er gehört nicht zu jenen, die abschätzig lächeln über den Erben, der sich so offenkundig unwohl fühlt mit der Rolle, die ihm das Schicksal zugewiesen hat.
    Er weiß aber auch: Arndt ist nicht reif genug. In Brasilien flieht der schon vor der Wirklichkeit, vor dem Leben eines Großindustriellen, noch ehe dieses eigentlich begonnen hat. Jetzt muss er zurück nach Deutschland, aber er möchte seine Clique aus Bahia mit nach Köln nehmen, und der eine oder andere wird ihm tatsächlich folgen, zum Entsetzen der Mutter, die spürt, dass sich Arndt ihrer Umklammerung zu entziehen beginnt.
    »Arndtlein«, schreibt sie ihm Mitte September, »wenn ich all meine Gedanken und meinen Verstand zusammennehme und die Situation überdenke, dann bleiben Dir nur zwei Möglichkeiten:
    1. Du bejahst den Wunsch Papas mit allen Konsequenzen. Das heißt, Deine Freunde bleiben in Brasilien und Du selbst entschließt Dich zu einer ernsten beruflichen Arbeit zur Freude Deiner Eltern.
    2. Du bleibst in Brasilien und entschließt Dich für immer, den Wunsch Deines Papas nicht zu erfüllen und damit alle Brücken hinter Dir abzubrechen. Treffe (!) keine Fehlentscheidung.«
    Es rührt an, mit welcher Unbeholfenheit sie den verzweifelten Sohn zu trösten versucht: »Papas Freude auf Dein Kommen ist groß. Er hat Dich so gern; mehr als Du jemals gedacht hast, Arndt!« Resigniert gibt Arndt schließlich nach. Er komme zurück, schreibt er an Beitz, aber »nur Ihnen zuliebe, den ich wie einen Vater verehre!«
    Er verspricht, sich in Köln ernsthaft den Studien zu widmen, flüchtet aber bald erneut – diesmal zum Jurastudium nach London. Die Umstände erinnern an Brasilien, und entsprechend verzweifelt schreibt Annelise an Beitz: »Warum geht Arndt mit großem Gefolge und Rolls-Royce mitten aus dem Kölner Studium heraus, um in London Jura zu studieren? Dann dieser Junge aus Brasilien! Das ist doch alles Wahnsinn im Hinblick auf Alfried und Fried. Krupp.«
    Vater und Sohn aber klären ihr Verhältnis nicht. In seiner Biographie über den »letzten Krupp« zitiert Hans-Bruno Kammertöns Arndt mit einem Satz, der alles über seine Beziehung zum Vater sagt: »Herr Beitz hat zwischen meinem Vater und mir als Katalysator gewirkt. Er war eigentlich der Übersetzer. Wenn ich meinem Vater etwas mitteilen wollte, und ich hatte natürlich viel zu viel Angst, um ihm das ins Gesicht zu sagen, dann sagte ich: ›Bitte, Herr Beitz, gehen Sie doch zu meinem Vater …‹ Und mein Vater, scheu wie er war, sagte: ›Bitte, Herr Beitz, gehen Sie zu meinem Sohn …‹«
    Und Beitz geht zum einen wie zum anderen. Immer wieder. Je mehr ihm aber der Junge sein Herz öffnet, desto schmerzlicher wird dem Generalbevollmächtigten eines bewusst: Krupp junior ist nicht der Mann, der den Konzern führen kann. Im Rückblick sagt er: »Arndt wollte eigentlich nichts tun – nicht arbeiten, nicht studieren.« Mitte der sechziger Jahre ist Arndt nur noch selten in Essen zu sehen. Der Junge ist nun Student der Volks- und Betriebswirtschaft, erst in Freiburg, dann in München. Und was er dort erlebt, gefällt ihm besser als die strengen Regeln des Geschäftslebens.
    Arndt von Bohlen und Halbach, designierter Erbe des größten Familienunternehmens Deutschlands, ist plötzlich der Liebling der Regenbogenpresse. Zu seinen Münchner Bekannten gehört der örtliche Klatschkolumnist Michael Graeter, das Vorbild für die Gestalt des Baby Schimmerlos in Helmut Dietls TV -Satire Kir Royal über die Schönen und Reichen von München. Jahrzehnte später

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