Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
Vom Netzwerk:
Zustimmung zum Erbdeal zwischen zweieinhalb und fünf Milliarden Mark kosten, so viel, wie Krupp eben wert ist. Andererseits ist er jetzt ein freier Mann und noch dazu einer, der für den Rest seines Lebens ausgesorgt haben dürfte. Beitz selbst dagegen geht noch heute davon aus, dass für Arndt etwas anderes den Ausschlag gegeben hat: Vertrauen. Beitz ist ein Freund, ein echter in einer Welt aus falschen Freunden. »Es hat ihm«, so Beitz im Rückblick, »wahrscheinlich den letzten Schub gegeben, dass er mir keine bösen Absichten, keine anderen Gründe unterstellte, als ihm und dem Vater zu helfen. Arndt hat gedacht: Der meint das anständig.«
    Und gewiss, so Beitz weiter, habe sich Arndt in diesem Moment der Entscheidung daran erinnert, dass es der Generalbevollmächtigte gewesen war, der seiner Mutter geholfen hat, damals, 1955, als es Annelise Bahr finanziell so schlecht ging, wohl auch, weil sie im Krieg viel Geld verloren hatte, und als Alfried Krupp machtvoll seinen Anspruch auf den verlorenen Sohn anmeldete. Damals hatte Arndt Beitz aus dem Schweizer Lyceum in Zuoz um Beistand gebeten. »Ich weiß ganz genau, daß mein Vater nicht gewillt ist, ihr nochmals Geld zu geben … Vielleicht können Sie mit meinem Vater in dieser Angelegenheit sprechen, denn ich habe nicht die nötige Erfahrung, um Gegenargumenten meines Vaters wirksam entgegentreten zu können.« Beitz hatte daraufhin Alfried Krupp auf die Sache angesprochen und ihn vor einem Rosenkrieg der Eltern um das Kind gewarnt. »Herr von Bohlen, es ist ja richtig, das Geld ist weg. Aber ob sie es vergeudet oder vertrunken hat, das ist doch eine zweite Frage.« In der Tat ist das Geld fort, das Alfried ihr gezahlt hatte. Gleichwohl mahnt Beitz: »Aber sie ist doch die Mutter Ihres Sohnes. Sie können sie doch nicht dazu bringen, ihn gegen Sie zu erziehen, Sie müssen sie doch unterstützen.«
    Beitz, selbst Vater und ein Mann, dem die Familie viel bedeutet, verstand die Haltung des Firmeninhabers nicht, und er überzeugte ihn. Krupp lenkte auf die für ihn typische Weise ein: »Machen Sie das mal, Herr Beitz. Ich will davon nichts wissen.« Auf diese Weise ist Annelise von Bohlen und Halbach zu einer stattlichen Pension sowie zu einem Haus am Tegernsee gekommen, in dem sie lebenslang Wohnrecht genießt.
    Ebenso wie für Arndt war Berthold Beitz damals, Mitte der fünfziger Jahre, für Annelise ein Rettungsanker, freilich in einem anderen Sinne. Vor allem konnte sie nicht mit Geld umgehen. »Unkraut, jedenfalls das meinige, vergeht nicht!«, teilte sie Beitz einmal leutselig, aber in Verkennung ihrer Lage mit. Der Bank schuldet sie 1956 bereits 84 000 Mark, und wieder und wieder sorgt Beitz dafür, dass sie zahlungsfähig bleibt. Als er ihr einmal erneut durch einen Sonderkredit aus der Klemme hilft, warnt er sie: »Ich bitte Sie zu verstehen, daß weitere Überweisungen nicht möglich sind, da ich Gefahr laufe, in ernsthafte Differenzen mit Herrn Krupp v. Bohlen zu geraten.« Arndt weiß also, was der Mann, der ihn zum Erbverzicht überredet, für ihn und seine Mutter getan hat.
    Arndts Biographen Hans-Bruno Kammertöns kommt die nächtliche Szene im Hause Beitz 1966 dennoch »gespenstisch« vor: »Wie immer in den entscheidenden Stunden in seinem Leben war er allein und einem Stärkeren ausgeliefert, wie seinerzeit seine Mutter jener Bertha, der Soldatin der Familie. Sein Vater war auch in jener Schicksalsnacht abwesend wie immer.« Eine Wiederholung der Geschichte also? Der Sohn, der die traumatische Niederlage der Annelise Bahr gegen die übermächtige Familie Krupp noch einmal durchleidet?
    Die Vorstellung ist nicht ohne düsteren psychologischen Reiz, und doch spricht wenig dafür. Annelise Bahr wusste damals, was sie wollte: ihren Mann, ihre Ehe, ihr Glück. Sie hatte gekämpft um Alfried Krupp und verloren. Die Niederlage war vollständig, und das exzentrische, besitzergreifende Auftreten der Mutter an der Seite des Sohnes in späteren Jahren bestätigt dies eher noch, als dass es etwas zu ändern vermocht hätte. Aber Arndt? Was er will, weiß er nicht. »Arbeiten – das wäre ja noch schöner!«, scherzt er auf seinen Münchner Kostümpartys. Die Verantwortung, die Pflicht, das wenig einladende Vorbild seines einsamen, unnahbaren, unglücklichen Vaters: Das alles hat ihn doch erst in die Schwabinger Nächte flüchten lassen.
    Vielleicht hat Arndt in einer Aufwallung echter Krupp’scher Wesensart das Wohl des Ganzen über seine persönlichen

Weitere Kostenlose Bücher