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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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wie früher, »die Firma« – und die Leute mögen das.
    Ins späte 20. und ins 21. Jahrhundert hat sich das nur begrenzt übertragen lassen. Ökonomischen Zwängen ist Beitz anders, marktorientierter begegnet, als Alfried Krupp es tat. Dieser hatte sich lange schlicht geweigert, Krupp-Firmen zu schließen, und wenn sie noch so tiefrote Zahlen schrieben. Derlei konnte nur ein Alleininhaber durchsetzen – in einem Unternehmen, das rechenschaftspflichtig ist oder gar Aktionäre zufriedenstellen muss, geht das nicht mehr. Und dennoch, Beitz sieht sich in der Tradition dieses Denkens. Letztendlich, sagt er, »haben die Aktionäre doch dieselben Interessen wie die Arbeiter: dass das Geschäft läuft, dass es Arbeit gibt und Verdienst. Man kann das eine nicht dauerhaft ohne das andere haben.« Altkanzler Helmut Schmidt hat dies in seiner eindrucksvollen Rede zu Berthold Beitz’ 90. Geburtstag so umschrieben: »Natürlich darf man in einer stattlichen Villa wohnen und mit der Germania segeln. Jedoch keineswegs muss man danach streben, der größte global player zu sein … oder wenigstens nebenher sich das größte persönliche Einkommen zu verschaffen!« In Anlehnung an einen Begriff des Soziologen Ralf Dahrendorf sprach Schmidt von einer Art »moralischen Kapitalismus« – ebendas Gegenteil jener »Vorstände und Aufsichtsräte, die sich ohne große Skrupel auf die Position verständigt haben: Wir erwirtschaften die Rendite. Aber für die Arbeitnehmer, die wir vorzeitig in Rente schicken, hat gefälligst der Staat zu sorgen.«
    Manchmal geht Berthold Beitz mit einem seiner Personenschützer spazieren, dann unterhalten sie sich. Der Sohn des Mannes arbeitet gerade an seiner Habilitation, er hat es weit gebracht, er hat die Chancen zupackend genutzt; der Vater ist stolz, und welcher Vater wäre das nicht. »Wenn ich so etwas höre«, sagt Beitz, »dann freut mich das. Es ist wichtig, dass die Menschen ihren Kindern die Möglichkeit bieten können, aufzusteigen und weiter nach oben zu können. Und dazu gehört, dass man sie nicht von oben herab behandelt.« Es ist dies, in sehr persönlichen Worten, eine Art Vermächtnis.

DAS GEHEIMNIS DER FREIHEIT:
ANSTELLE EINES NACHWORTS
    Zur Zeit der Auschwitz-Prozesse in den sechziger Jahren schrieb der Jurist Herbert Jäger in einem glänzenden Essay: »Ebensowenig wie Kriege Stahlgewitter sind, ist kollektiver Terror einfach eine Naturkatastrophe.« Er bilde vielmehr ein »Mosaik aus verbrecherischen Einzeltaten«. Die Verbrechen aber hat nicht Hitler allein »im deutschen Namen« begangen oder »das Naziregime«. Nicht ein abstraktes System schickte jüdische Kinder in die Gaskammern, sondern Menschen taten es. Diese Menschen haben nachher fast immer geleugnet, für ihr Handeln persönlich verantwortlich gewesen zu sein. Schuld seien Befehle, Zwänge, das System, Hitler gewesen, nur sie selbst nicht. Diese Menschen hatten eine Wahl, und sie wählten falsch. Berthold Beitz stand ebenfalls vor einer Wahl. Er entschied sich dafür, den Verfolgten zu helfen, er riskierte sein Leben für das, was er als richtig erachtete.
    Die Historiker, die deutschen zumal, haben gelernt, in Strukturen zu denken, in gesellschaftlichen Prozessen. So wichtig und richtig dies war, so schwer tut sich diese Denkweise mitunter mit Individuen, die tatsächlich Großes leisten. Berthold Beitz hat das getan. In Polen, aber auch später, als Wegbereiter der Aussöhnung mit dem Osten und mit den Opfern der Nazidiktatur, als Unternehmer, der heute wieder als Vorbild wie aus der lange schon als fast versunken geltenden Zeit der sozialen Marktwirtschaft gilt. Er zitiert heute gern einen Satz, der dem größten Staatsmann des klassischen Athen, Perikles, zugeschrieben wird: »Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit, und das Geheimnis der Freiheit ist der Mut.«
    Auf Berthold Beitz passt dieser Satz genau. Sein Lebensweg zeigt, was ein Mensch erreichen kann, der die Freiheit des Handelns mit Mut und Verantwortung nutzt. Und wie er trotz aller Mühen ein glücklicher Mensch werden kann.
    Doch, einzelne Menschen können die Welt verändern. Jedenfalls ein Stück weit.

Anhang

Bildteil 1

    1 Erdmann und Erna Beitz mit Sohn Berthold, Juli 1914

    2 Mit Schwester Brundhild, um 1920

    3 Über der Greifswalder Filiale der Reichsbank bezog die Familie Beitz 1925 eine Dienstwohnung, Aufnahme um 1956.

    4 Foto der Schulklasse von Berthold Beitz (erste Reihe, dritter v. l.) auf dem Lyzeum Kaiserin Victoria, Greifswald, um

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