Beruf - Herzensbrecher
sie genoss seinen altbekannten Minzduft, bevor er sich von ihr löste. „Es tut mir leid, dass er dir wehgetan hat“, sagte er schroff.
Sie musste lachen, als sie sah, wie unwohl ihrem Vater bei ihrer emotionalen Nähe wurde. Sie musste ihm klarmachen, dass es nicht allein Hunters Schuld war. „Er ist ein netter Kerl, sehr ehrenhaft.“
Nur leider glaubte er nicht, dass sie selbst auch ehrenhaft sein konnte.
Ihr Vater sah sie fragend an. „Was wirst du deiner Chefin sagen?“
Sie sah ihn an. „Die Wahrheit.“ Gott sei Dank hatte Hunter sie bedrängt, sich mit ihrem Vater zu versöhnen, denn sie würde in den nächsten Wochen seine Unterstützung brauchen. „Ich werde den besten Bericht meines Lebens über jemand anderes schreiben und hoffen, dass sie das als Ersatz akzeptiert. Und dann werde ich Hunter in Brian O’Connors Sendung wiedersehen.“
„War es schwierig, die Sendung heute Abend abzusagen?“, fragte Booker.
Mit verbissenem Gesicht bearbeitete Hunter den Boxsack in seinem Trainingskeller. „Nicht wirklich“, zischte er. Er versuchte, die digitale Uhr an der Wand zu ignorieren.
23:44 Uhr.
Ihm tat innerlich alles weh, als er fortfuhr. „Die kann jetzt mit sich selbst debattieren.“ Er war doch wirklich verrückt, noch einmal auf eine Reporterin reinzufallen.
Er versuchte, sich vor Booker nichts anmerken zu lassen. Hunter war es einfach leid, mit Booker darüber zu reden.
Gott sei Dank hatte er die Woche nach Vegas viel zu tun gehabt. Er hatte sich ein paar Gedanken bezüglich seiner beruflichen Zukunft gemacht, den Anstoß hatte ihm Carly gegeben. Doch nach allem, was passiert war, brachte er es nicht fertig, ihr in der Sendung wieder zu begegnen. Es war schon schwierig genug, zu wissen, dass sie ohne ihn in der Sendung sein würde.
Es bedurfte eines Wunders, wenn er in der nächsten Viertelstunde nicht den Verstand verlieren sollte. Er hatte sich vorgenommen, heute Abend nicht fernzusehen. Hunter blickte zur Uhr.
23:45 Uhr .
Hunter bearbeitete den Boxsack wild mit seinen Fäusten. Die Geräusche füllten das Schweigen, bis sein Freund sich wieder meldete.
„Nur noch fünfzehn Minuten“, sagte Booker, als ob Hunter sich dessen nicht schon bewusst genug war. „Wirst du einschalten?“
Hunters Bauch zog sich zusammen. Seine Brust und seine Arme brannten durch die harte Trainingseinheit, doch der Schmerz tat ihm gut. Immerhin spürte er so etwas. Seit seinem Streit mit Carly hatte er sich wie betäubt gefühlt. Hatte versucht, die Erinnerung auszulöschen.
Ihren erschütterten Blick, als er in den Fahrstuhl gestiegen war, zu vergessen …
Er schlug umso härter auf den Boxsack ein, doch er konnte die Bilder in seinem Kopf nicht ausblenden.
„Ich finde, du solltest es dir ansehen, damit du weißt, was sie über dich sagt“, fuhr Booker fort.
„Nein.“ Hunter unterstrich das Wort mit einer heftigen Rechten. „Ich tu mir das nicht an.“
Seine Absage hatte sich schnell herumgesprochen. Carly hatte erwartungsgemäß nicht abgesagt. Ob sie das für persönliche Publicity tat oder aus einem anderen Grund, wusste er nicht. Doch in der Vorschau wurde das Ersatzthema erwähnt: das Debüt von Carly Wolfes neuer Reihe. Eine Kolumne, die jede Woche einen anderen Einwohner von Miami porträtieren würde. Sie hatte ihr Ziel also endlich erreicht.
Blieb die Frage, wer ihr erstes Opfer sein würde.
Jetzt zeigte die Uhr 23:47 Uhr, und ihm kam allmählich die Galle hoch. Bei dem Gedanken, ihr zusehen zu müssen, wie sie seine Geheimnisse preisgab, drehte sich ihm der Magen um. Er wollte nicht Zeuge davon werden, wie sie all ihre intimen Momente für ihre Karriere publik machen würde.
Das Gefühl von Verrat und Verachtung veranlasste ihn zu einer schnellen Links-rechts-Kombination, die ihn bis ins Mark erschütterte.
„Ich finde das alles ja sehr interessant“, sagte Booker. „Normalerweise bin ich es doch, der hinter jeder Ecke Verrat wittert.“
Hunter stutzte und sah Booker an. „Hältst du mich etwa für genauso paranoid wie dich?“
Booker fuhr sich durch die viel zu langen Haare und lächelte ihn an. „In deinen Verschwörungsfantasien kommen keine Nachrichtendienste und internationalen Komplotte vor. Du bist also verglichen mit mir nur ein Schmalspurparanoiker.“ Seine Stimme nahm einen ernsten Ton an. „Allerdings traust du wirklich niemandem über den Weg, Hunt.“ Er zögerte. „Und ich glaube bei Carly liegst du daneben.“
Hunter verdrängte den nagenden Zweifel
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