Beruf - Herzensbrecher
und warf Booker einen bösen Blick zu. „Natürlich musst du so was sagen. Du hast ihre beste Freundin geheiratet.“ Daran musste er sich erst einmal gewöhnen.
„Abby und ich haben beschlossen, dass wir uns lieber nicht mehr über euch beide unterhalten.“
„Wahrscheinlich besser so. Trotzdem bist du voreingenommen.“
„Ich bin einfach nur sehr schlau.“
Hunters Brust zog sich zusammen. Er konnte die Furcht bis in seine Glieder spüren. Furcht, dass er vielleicht einen Riesenfehler begangen und nicht erkannt hatte, mit was er es hier zu tun hatte.
Etwas Wunderbarem. Ehrlichem. Richtigem.
Hunter schloss die Augen und verfluchte sich innerlich. Das letzte Mal, als sie miteinander geschlafen hatten, hatte es sich so richtig angefühlt. Als ob sie ihn auch liebte. Doch dann hatte er sie eiskalt abgekanzelt, als er sie mit Terry im Gespräch entdeckt hatte. All die alten Ängste waren wieder hervorgekommen. Sein Selbsterhaltungstrieb hatte zugeschlagen. Wut und die Erniedrigung hatten ihn angetrieben.
Doch was, wenn Carly gar keinen Bericht über ihn veröffentlicht hatte?
Er öffnete die Augen und fuhr fort, den Boxsack zu malträtieren.
Doch sein Freund ließ ihm keine Ruhe.
„Also wieder zurück zum täglichen Business?“, fragte Booker.
Hunter hörte mit seinen Übungen auf und wandte sich seinem Geschäftspartner zu. Was auch kommen mochte, Hunter selbst hatte sich geändert. Er konnte sich nicht weiter vormachen, dass in seinem Leben alles in Ordnung war. Dass es einfach so weitergehen konnte. Geld verdienen allein, das reichte ihm nicht mehr. Es war an der Zeit, mit Booker zu reden.
„Ich hatte neulich eine längere Unterhaltung mit einem Spezialagenten, der hier in Miami die örtliche FBI-Abteilung leitet“, begann er. Überrascht verschränkte Booker die Arme und lehnte sich gegen die Wand, um besser zuhören zu können. „Die könnten Hilfe gebrauchen.“ Er schaute Booker ruhig an. „Ich habe mich verpflichtet, nebenberuflich als Berater mitzuwirken.“
Einen Moment lang herrschte Schweigen, doch dann zeigte sich ein Lächeln auf Bookers Gesicht. „Verbrecher fangen war doch schon immer dein Ding.“
Erleichtert, dass Booker ihn verstand, fuhr Hunter so neutral wie möglich fort: „Das bedeutet aber auch, dass ich in Zukunft mehr Hilfe bei der Geschäftsführung brauchen werde.“
Booker zögerte nicht mit der Antwort. „Kein Problem.“
Hunter sah seinen Freund überrascht an und fühlte sich missverstanden. „Aber du hasst es doch, dich um Klienten kümmern zu müssen.“
Sein Freund sah ihn nun abwartend an. Als er schließlich sprach, klang er bedächtig: „Du legst die Messlatte ziemlich hoch, Hunt.“
Hunter stutzte und wartete, bis Booker fortfuhr. „Ich fühle mich einfach nicht gern minderwertig bei der Arbeit.“
Hunter war baff. „Habe ich dir den Eindruck vermittelt?“
„Nicht absichtlich. Aber es fällt einfach schwer, mit dir mitzuhalten. Und du hast ziemlich hohe Erwartungen an andere.“
Dass Booker außer seiner Sozialphobie noch einen anderen Grund gehabt haben konnte, Treffen mit Klienten zu meiden, auf die Idee war Hunter nie gekommen.
„Manchmal stellst du ziemlich hohe Ansprüche an deine Mitmenschen, Hunter.“
Hunter musste schlucken. Er blickte auf die Wanduhr.
23:55 Uhr.
Booker schnappte sich die Fernbedienung für den Fernseher an der Wand und hielt sie Hunter hin. „Tu dir selbst einen Gefallen, Hunt“, sagte er. „Schau dir das an.“
Sein Herz schlug heftig, als er sich die Boxhandschuhe auszog und die Fernbedienung griff. Ohne noch etwas zu sagen, machte sich sein Kumpel auf den Heimweg.
Hunter blickte ganze vier Minuten auf den dunklen Bildschirm. Er war sich nicht schlüssig, was schlimmer war. Carly zu verlieren, weil sie ihn verraten hatte … oder weil er womöglich Mist verzapft hatte.
Schließlich, als er es nicht mehr länger aushielt, schaltete er den Fernseher an. Sein mächtiger Flachbildfernseher zeigte eine Nahaufnahme von Carly auf Brian O’Connors Couch. Natürlich wunderschön, in einem hauchdünnen Oberteil und kurzem Rock. Aber der Anblick ihrer schönen Beine, ihrer glänzenden Haare und ihrer bernsteinfarbenen Augen war nichts, verglichen mit dem Schock, den er bekam, als die Kamera nach rechts schwenkte. Neben ihr saßen zwei junge Männer in hippen Klamotten. Thad und Marcus. Die beiden Graffitikünstler, die sie an dem Tag im Getto interviewt hatte. Die beiden wurden in ihrer neuen Serie porträtiert.
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