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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marnie Schaefers
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Dann hob die Wächterin ohne Vorwarnung den langen, schlanken Arm.
    » Lauf!«, schrie Vlain und wollte sie mit sich reißen, doch Crevi rührte sich nicht. Gefangen hing sie an den Lippen dieses faszinierenden Wesens und grübelte über seine Worte, dann wurde ihr klar, was sie zu bedeuten hatten. Einen Fluch auf den Lippen drehte sie sich um und rannte los. Vlain im Nu hinter sich.
    Wie dumm von ihr! 
    Mit rasanter Geschwindigkeit flogen sie den Gang hinunter.
    War sie denn völlig begriffsstutzig?
    Hinter sich hörte Crevi das von Pein erfüllte Aufkreischen der Dämonen, sobald diese von der Wächterin verschluckt wurden.
    Ein wirbelnder Strom flüssigen Silbers rauschte mit gewaltiger Geschwindigkeit hinter ihnen heran. Drohte sie einzuholen, so sehr sie auch eilten.
    Die Wächterin war eine unerbittliche Jägerin.
    Sie rannten so schnell sie es in den engen, undurchsichtigen Tunneln des Berges vermochten und doch wusste Crevi, dass sie es nicht schaffen würden. Musste dennoch weiter rennen, zu sehr tobte die Todesangst in ihr, als dass sie es gewagt hätte auch nur einen Moment lang inne zu halten.
    Sie überlebten länger, als sie vermutet hätte. Ehe es schließlich über sie kam, schafften sie ein beachtliches Stück Weg. Sie wurde bereits des ersten Tageslichts gewahr, das ihnen durch den Spalt entgegen blinzelte, dann traf es sie wie ein Rammbock in den Rücken.
    Und ihr wurde kalt.
    So kalt…

Epilog
    Leben
     
    Vlain stand an einem der vielen Stehtischchen und ließ sich den vermutlich sündhaft teuren Rotwein angewidert auf der Zunge zergehen. Am liebsten hätte er ihn wieder ausgespuckt und den Rest seines Glases im nächst b esten Blumentopf entleert. Das Einzige, das ihm half, das Getränk hinunterzuschlucken, war seine dunkelrote Färbung. Mit ein bisschen Phantasie gelang es ihm, sich – mehr schlecht als recht – vorzustellen, es handele sich dabei um Blut.
    Und das war immerhin ein erfreulicher Gedanke.
    Die Hitze war fürchterlich. Unzufrieden juckte er sich im Nacken und zupfte den Kragen seines Hemdes zurecht, der ihm vor Schweiß an der Haut klebte.
    Kopfschüttelnd blickte er zu den großen Panoramafenstern, deren Vorhänge zugezogen waren, gerade so, als wolle jemand verhindern, dass die Fenster geöffnet wurden.
    Stattdessen flanierten die hochadeligen Gäste, die sich zur Triumphfeier des berühmten Soldaten Joseph Sullivan – oder, wenn man ihn fragte, des abscheulichen, gnadenlosen, selbstsüchtigen Schöpfers höchstpersönlich – hier eingefunden hatten, in einer Luft, so dick wie Sirup, dahin.
    Zu seiner Verwunderung schien sich niemand außer ihm sonderlich daran zu stören.
    Das unmelodische Getöse des stümperhaften Orchesters verursachte ihm Kopfschmerzen, weshalb er mehr als dankbar war, als dieses das Musizieren einstellte und den auffordernden Rufen der Menschenmenge Folge leistete, die lauthals nach einer Rede des Schöpfers verlangten.
    Vlain fragte sich, ob sie dem Mann ebenso zujubeln würden, wenn sie um all seine Verbrechen wüssten.
    Aber deswegen war er hier.
    Um Gerechtigkeit walten zu lassen.
    Um über den Schöpfer zu richten.
    Dies war auch der einzige Grund, der ihn an diesen Ort gekünstelter Vornehmlichkeit geführt hatte. Er hatte einen Auftrag zu erledigen – und er wäre nicht Vlain der Meister, wenn er ihn nicht gewissenhaft ausführte.
    Also geduldete er sich und verfolgte, wie der Schöpfer die nun leere Bühne betrat, wie er über die Menge blickte und seine Rede begann.
    Ganz gemächlich stellte Vlain sein halbvolles Weinglas bei Seite und schob sich zwischen den begeisterten Gästen nach vorne. Er ignorierte Seitenhiebe, verärgerte Ausrufe und jegliche Art von Beleidigungen und hielt zielstrebig auf das Podest zu, auf dem er sein Opfer ins Auge fasste und ihm mit stiller Genugtuung den Tod versprach.
    Mit einem knappen gedanklichen Befehl entließ er seinen Dämon aus seiner Schweigepflicht und ließ die Bestie von ihm Besitz ergreifen.
    Nur am Rande hörte er, wie einer Frau, die er wohl rücksichtslos bei Seite stieß, ein empörter Schrei entfuhr.
    Dann brach er aus der Menge hervor. Hielt mit übernatürlicher Geschwindigkeit auf die Bühne zu; seine Bewegungen waren graziös, elegant, animalisch. Er spürte die Kraft seines Dämons wie Feuer durch seine Adern rinnen. Scheinbar vollkommen ruhig ging er in die Hocke und setzte zu einem gewagten Sprung an, während er so schnell, dass es für kein Menschenauge sichtbar war, ein Messer aus

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