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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marnie Schaefers
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ihnen zuzustreben.
    Was ging hier vor?
    Ihr Blick zuckte orientierungslos von einer Seite zur anderen, unfähig zu sagen, was genau im Begriff war, zu geschehen.
    » Da«, hauchte Vlain und es war etwas in seiner Stimme, das sie schaudern ließ.
    Crevi folgte seinem Zeig und glaubte aus allen Wolken zu fallen. 
    » Was ist das?«, wollte sie wissen, nicht sicher, ob sie sich täuschte, einer Einbildung erlag.
    Aus den Schlünden der steinernen Figuren sickerte dickflüssig eine silbern glänzende und schimmernde Substanz, die sich bewegte, als besäße sie ein Innenleben und sich wand und gebärdete, als wäre sie ein Lebewesen.
    Crevi konnte ihren Augen kaum trauen. Sollte dies das so lang gesuchte Heilmittel der Teufelskinder sein? Prickelnde Erregung durchfuhr sie und ließ ihre Augen funkeln. War ihre Reise doch nicht umsonst? Wäre dies die so heiß ersehnte Belohnung all ihrer Bemühungen – und Opfer? Sie spürte eine tiefe Ergriffenheit.
    Da griff Vlain unvermittelt nach ihrer Hand und murmelte : »Ich würde sagen, Zeit zum Abhauen.«
    Sie blickte ihn verständnislos an.
    »Komm schon!«
    Mit einem Fauchen, als wäre die herannahende Flüssigkeit ätzend, fräste sich der Strom durch die übrigen Leitungen, spülte die Aquädukte vollkommen aus und hielt zielstrebig auf die Öffnungen zu, bis er sich in die Tiefe ergoss.
    »Nein, was ist wenn dies das Heilmittel ist?«, widersprach sie ihm.
    » Verdammt, Crevi, dann verzichte ich darauf!«, schmetterte er ihr ungehalten entgegen. »Wir müssen fort von hier, bevor…«
    » Bevor was?«
    Sie konnte nicht fassen, dass Vlain kurz vor dem Ende einen Rückzieher machen wollte! Erkannte er denn nicht, wie nahe sie dem Ziel waren? 
    Er verdrehte die Augen . »Na, komm schon.«
    » Nein.«
    » Crevi!«
    » Erklär es mir.«
    » Ich glaube wirklich nicht, dass dies der geeignete Zeitpunkt für…«
    Er wurde jäh unterbrochen, als ein reines, glasklares Lachen, dessen Echo dumpf von den Wänden der Höhle widerhallte, sie beide herumfahren ließ.
    Vor ihnen bildete sich aus den hinabrauschenden Massen der Flüssigkeit das Gesicht einer Frau.
    Ihr ebenmäßiges, aus flüssigem Silber bestehendes Antlitz verzog sich zu einem listigen Lächeln. Strähnen ihres wallenden Haares, das die gleiche Farbe wie ihr formbarer Körper besaß und ebenso wendig war, umspielten ihre Wangen, während sich ihr Oberkörper mit all seinen weiblichen Reizen vor ihnen materialisierte. Vom Bauchnabel abwärts verschmolz sie übergangslos mit der Säule fließenden Argentums.
    »Gäste?«, erkundigte sich die weibliche Kreatur ehrlich verblüfft und schlug sich die Hände vor den Mund, als wäre sie zutiefst beleidigt, davon nicht längst in Kenntnis gesetzt worden zu sein. »Wie sonderbar. Ich hatte seit dreißig Jahren keinen Besuch mehr.«
    » Klasse gemacht, Miss Sullivan«, verlieh Vlain seinem Unmut Ausdruck und ließ Crevi sich fragend zu ihm umdrehen. Grob zog er zu sich heran, so nah, dass sich ihre Gesichter beinahe berührten, wollte dann wissen: »Weißt du, was das ist?«
    Sein altkluges Getue erzürnte sie.
    »Nein«, erwiderte sie bissig.
    » Das da, ist der Wächter – oder besser gesagt – die Wächterin.«
    Einen Moment versuchte sie , sich von der Wahrheit seiner Behauptung zu überzeugen, hauchte schließlich: »Oh«, und versuchte, sich zu erinnern, was ihr Vater über dieses jahrhundertealte Wesen in seinen Briefen geschrieben hatte.
    Vlain nickte vielsagend. »Ich würde vorschlagen, wir verschwinden, solange wir noch können.«
    Unauffällig schielte Crevi zu der sonderbaren Frau hinüber, die ihre kleine Gruppe neugierig aus ihren lidlosen, einfarbigen Augen beäugte . »Ist gut«, sagte sie einsichtig.
    Hintereinander schlichen sie sich an dem Dutzend Dämonen vorbei, hielten sich geduckt und unauffällig am Boden. Gerade hatten sie den Tunnel erreicht, als die Wächterin einen vor Empörung schnaubenden Laut ausstieß und sie dazu zwang , innezuhalten.
    Bang wagte Crevi einen Blick über die Schulter und zuckte erschrocken zurück.
    Das ebenmäßige Gesicht der Frau war bis auf wenige Meter an sie herangerückt. Und von einer Sekunde auf die nächste spiegelte sich ein Unglück verheißender Ausdruck in ihren zuvor emotionslosen Augen. »Du bist seine Erbin.«
    Das konnte Crevi schwer abstreiten, also tat sie es nicht.
    Begegnete unerschrocken dem Blick dieser Kreatur die, von Bitterkeit erfüllt, den Kopf schüttelte. »Wird es denn nie ein Ende haben?«

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