Beschuetz Mein Herz Vor Liebe
auch Therese und ihre Mutter, bat, noch zum Wein dazubleiben, suchte Therese Leon mit den Augen. Sie sah ihn im lebhaften Gespräch mit einer jungen Frau, und Therese ging hin, Leon zu begrüßen. Als sie sich durch die hinausstrebenden Gäste in seine Nähe geschoben hatte, hörte sie die Frau zu Leon sagen, daß man diese erfreuliche Bekanntschaft doch unbedingt bei einem Glas Wein fortsetzen sollte. In diesem Moment sah Leon Therese, ließ die Frau stehen und bestritt anschließend entschieden, auch nur einen Blick mit ihr getauscht zu haben. Das bilde sich Therese alles ein, sie neige ja zu richtig türkischer Eifersucht.
Therese kannte die Männer, dessen war sie sich sicher. Diesen Jagdblick, wie ihn Katzen haben, wenn sie auf einen Vogel lauern, diese angespannte Wachheit stellte Therese oftmals bei Leon fest. War es beim Skifahren, wenn sie auf der Hütte einkehrten, war es in der Pinakothek; Leon fand immer eine Frau, die er interessiert anstarren konnte, und jedesmal stritt er vehement mit Therese, wenn sie es ihm nachwies. Leon und Therese spielten ein Spiel, das Mutter nie mit Vater gespielt hätte, soviel glaubte Therese immerhin von ihren Eltern zu wissen. Mutter hatte Vaters Liebeleien wohl immer souverän ignoriert. Dazu neigte Therese nicht. Auch wenn sie Leon wahrscheinlich nicht liebte, auch wenn ihr Kopf ausgefüllt war von Ivan, so sollte Leon trotzdem in ihrer Begleitung nicht Gefallen an anderen Frauen finden. Und das auch noch zeigen. Das, so fand Therese, war eine Absage an sie, die sie nicht billigen konnte. Schon gar nicht an ihrem Hochzeitstag.
Die Flirterei mit Dinah wurde Leon natürlich nicht angekreidet. Dagegen war es weder Thereses noch Leons Mutter verborgen geblieben, daß Therese so lange und so innig mit Ivan Gutman getanzt hatte.
»Therese, solltest du dich nicht wieder einmal um deinen Mann kümmern?« fragte Leons Mutter spitz, wobei sie mit ihrem Stock in Richtung Leon wies. Leons Mutter litt an einer Knochenkrankheit, sie mußte meistens an Krücken laufen, die sie aber auch dazu benutzte, um ihren Mitmenschen damit zu drohen. Da jeder ihr zutraute, daß sie die Krücken auch schlagend einsetzen würde, parierten alle.
Thereses Hochzeitsnacht verlief entsprechend den Vorzeichen. Ivan hatte sich nach dem Tanz mit Therese verabschiedet, kurz nur, und nur von Therese. Leon war dazugekommen.
»Man könnte direkt meinen, Sie seien der Bräutigam«, sagte er wütend zu Ivan.
»Vielleicht wäre das besser für Therese«, entgegnete Ivan ernst, und für eine Sekunde sahen sich die beiden Männer an, und Therese wartete auf Leons Reaktion. Nichts passierte.
Als Ivan ging, wußte Therese, daß sie versagt hatte. Sie mußte sich das einfach einreden, denn sonst hätte sie zugeben müssen, daß Ivans Interesse an ihr doch nicht elementar sein konnte. Warum sonst hatte er nicht eindringlicher um sie geworben? Diesen Gedanken jedoch schob Therese rasch von sich. Lieber wollte sie sich selbst die Schuld geben. Ihrer Ratlosigkeit, ihrer Unschlüssigkeit, ihrer Folgsamkeit Leon und den Eltern gegenüber.
Was konnte Therese sich noch alles vorwerfen, um den Gedanken zu verdrängen, daß Ivan sie nicht wirklich gewollt hatte? Salzburg. Wie war Ivan in Salzburg gewesen? Natürlich sagte Therese sich immer wieder, daß Ivan an diesem Abend, nach den Stunden in der untergehenden Sonne, nicht in ihr Zimmer gekommen war. Als Braut Leons mußte Therese sich das immer wieder sagen. Aber was war in Wahrheit geschehen? War nicht die Tür gegangen, leise, unmerklich, und hatte sich dies Geräusch nicht eingebrannt in Therese? Hatte es ihr nicht den Mund ausgetrocknet und alles an Hitze, was in ihr war, in ihren Kopf gejagt? War nicht Ivans nackter Körper trotz der Sommernacht kühl gewesen und hatte er sich nicht zitternd erst an Thereses Wärme beruhigt? War sie nicht wieder dagewesen, die Flamme, entfacht in Thereses Bauch, und hatte sie nicht, als das Schwere und Süße in ihr höher und höher kam und schließlich heiß sich entlud, hatte sie da nicht nur diesen Moment leben wollen und nur noch diesen und dann nicht mehr? Therese wollte dies alles nicht wahrhaben. Sie war entschlossen, alles als ihren Traum zu betrachten. Trotzdem liebte sie Ivan seit dieser Nacht in Salzburg jeden Tag neu, und sie glaubte, daß es das Wesender Frau sein müsse, jeden Tag neu zu lieben. Ein Mann, in diesem Fall Ivan, liebte vielleicht einen Tag lang wirklich. Was darüber hinausging, hielt er für
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