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Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Titel: Beschuetz Mein Herz Vor Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asta Scheib
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es unten in ihrem Bauch. Therese konnte sich nicht erinnern, für Leon je so gefühlt zu haben. Das war ja, als hielte ein Schraubstock sie fest, einer, der glühend heiß war und ihren ganzen Körper in Hitze tauchte. Therese machte sich los von Ivan und rannte die Wiese hinab. Sie mußte ihre Konzentration darauf verwenden, nicht zu stürzen und sich nicht zu wünschen, daß Ivan ihr nachkomme, daß er sie einfangen, auffangen würde. Da war Ivan schon hinter ihr und sie lachten und atmeten und Therese japste nach Luft. Ivan hielt sie fest an sich gedrückt, und Therese bekam noch weniger Luft und glaubte vor Freude zu ersticken.
    Obwohl Therese ihn ersehnte, obwohl ihr Herz so stark klopfte, daß sie nicht einschlafen konnte, kam Ivan nicht in Thereses Zimmer. Als es von einem Kirchturm viermal schlug, war Therese sicher, daß sie die einzige im Hause war, die noch nicht schlief, und sie nahm sich vor, über Ivans Zurückhaltung froh zu sein.
    Zurück in München, lasen sie auf Ivans PraxisschildJUDEN RAUS. Ein Hakenkreuz war groß auf die Hausmauer geschmiert, und Ivan sagte zu Therese, daß es jetzt höchste Zeit werde. Therese wußte, daß Ivan schon seit längerem seine Auswanderung vorbereitet hatte, sein Affidavit für New York war eingetroffen. Arische Patienten hatte Ivan ja schon lange nicht mehr. In der letzten Zeit hatte er auch keine jüdischen mehr angenommen, hatte sich ganz darauf konzentriert, seine wissenschaftlichen Arbeiten für die Übersiedlung nach Amerika vorzubereiten. Bücher, Lexika und die Laborgeräte waren verpackt. Die Praxis Dr.   Ivan Gutman war geschlossen. Ivan würde bis zu seiner Abreise an einem Buch arbeiten, das unter dem Namen eines arischen Kollegen in Deutschland erscheinen sollte. Auch für Therese war der letzte Tag ihrer Mitarbeit in Ivans Praxis gekommen.
    Sie hatte Ivans Schreibtisch mit einem Tischtuch bedeckt, Kerzen angezündet. Ein Kuchen, den Anni gebacken hatte, blieb unberührt. Ivan und Therese waren allein. Stumm saßen sie einander am Schreibtisch gegenüber. Diesmal nicht, um Testreihen zu vergleichen. Das Fenster der Praxis war offen, doch wegen der heißen, grellen Augustsonne hatten sie die Jalousie halb heruntergelassen. Von der Straße hörten sie gedämpft die Stimmen der Passanten, das Bimmeln der Tram, Hundegebell. So wie Therese an Salzburg mit einem eigentümlich wehen Gefühl dachte, so würde sie auch in Zukunft niemals mehr durch die Neuhauser Straße gehen können, ohne an Ivan zu denken. Mit dem Gefühl eines bitteren Verlustes.
    Therese war fast übel von der Leere, der Stille in sich. Sie sah Ivan an, der den Kopf in eine Hand gestützt hatte und irgendwo in die Richtung von Thereses Fußspitzen schaute. Therese spürte plötzlich, daß ihr Tränen die Nase herunterliefen. Im selben Moment sah Ivan das auch. Er sprang auf, lief um den Schreibtisch herum, und Theresedrückte sich eng an ihn. Sie spürte, daß ihr Weinen übermächtig wurde, ihren Körper schüttelte. Ivan wiegte sie, streichelte ihren Rücken, küßte wieder und wieder ihr nasses Gesicht. Therese drängte ihre Lippen in seinen Mund, der sich nur zögernd öffnete, und Therese wußte, daß dieser Kuß ohne alle Hoffnung und gegen das Leon gegebene Versprechen war. Doch sie drängte sich noch entschiedener an Ivan. Wollte sich um so heftiger nehmen, was ihr nicht gehören konnte, und sie spürte, daß Ivan darauf nicht vorbereitet war, daß er aber offenbar ebenso verzweifelt wie Therese jede Sekunde ihres Zusammenseins nutzen wollte. Doch schließlich schob Ivan Therese von sich weg, heftig, mit einer fast wütenden Geste.
    »Therese, warum heiratest du Leon? Du hast doch Angst vor ihm, ich spüre das. Ich denke manchmal sogar, daß du dich von mir angezogen fühlst, weil du vor Leon flüchten möchtest. Tu das, verlaß ihn, du wirst sehen, es geht nicht gut, ich kenne Leon. Er ist so stark in sich selbst verstrickt, daß er niemanden neben sich wahrnimmt. Er ist weder gütig noch großzügig, noch hat er Humor. Therese – ich würde das alles nicht sagen, wenn die Situation nicht so verzweifelt wäre. Ich weiß auch nicht, ob ich der richtige Mann für dich bin. Ob ich überhaupt mit einer Frau auf die Dauer auskommen könnte. Aber du und Leon, das wird nichts. Leon könnte einem leid tun, wenn er nicht so gnadenlos selbstgerecht wäre, er wirbt um dich, weil er glaubt, daß du ein naives Kind seist, das ihm gefügig sein wird.«
    Ivan kam jetzt wieder nahe zu Therese, er

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