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Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Titel: Beschuetz Mein Herz Vor Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asta Scheib
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schüttelte sie: »Therese, wir Juden müssen fort aus Deutschland. Hier wird bald der Teufel los sein für alle, und Leon wird dir noch dazu eine private Hölle bereiten. Dann komm lieber mit mir. Und wenn du das nicht willst, du hast doch Verwandte in Palästina. Therese, geh weg mit Sybille, solange du noch rauskommst.«
    Als Therese nach dem letzten Arbeitstag bei Ivan heimkam, den Kopf voll Gedanken an Ivan und sonst nichts und niemanden, saß Leon bei den Eltern im Salon und sagte, daß er froh sei, daß ihre Tätigkeit bei Gutman nun ihren Abschluß gefunden habe. Es wäre wichtiger für Therese, so meinte Leon, daß sie sich auf ihre neue Rolle als Ehefrau vorbereite. Personal könne man ja nicht mehr haben, seine Mutter, die als gute Köchin gelte, habe sich bereit erklärt, Therese in die Grundkenntnisse der Haushaltsführung einzuweisen.
    Köchin, Küche? Therese sah zerstreut auf den polierten Kirschbaumtisch, auf dem vier Gläser standen und eine Flasche Weißwein. Therese schenkte sich in das vierte Glas hastig Weißwein ein. Sie ignorierte die erstaunten Blicke der Eltern, den Versuch Leons, ihr beim Einschenken zuvorzukommen. Therese, die eigentlich keinen Alkohol mochte, trank durstig den Wein aus und fühlte sich danach der Situation eher gewachsen.
    »Ich weiß zwar im Moment nicht viel über mich«, teilte Therese Leon mit, »aber daß ich nicht bei deiner Mutter kochen lernen will, das weiß ich genau.«
    Therese sah ihre Mutter an, die schwieg, wie immer, wenn ihr ein Thema zu heikel wurde. Doch Therese kannte diesen zufriedenen Zug um Mutters Mund, wenn die Entwicklung ungefähr nach ihrem Geschmack war. Auch Vater kam Leon nicht wie sonst zu Hilfe. Es schien Therese sogar, als sähe Leon sie mit einer Aufmerksamkeit an, die ihr neu an ihm war. Oft hatte sie das Gefühl, als sähe Leon sie überhaupt nicht an oder als höre er ihr gar nicht zu, weil er in sich immer noch das Bild hatte von dem kleinen Kind, mit dem er so gerne gespielt hatte. Die zwanzigjährige Therese interessierte ihn nur insoweit, als er ein Kleinkind schlecht heiraten konnte.
    Therese spürte, wie sie heiterer wurde. Sie setzte sich aufden Stuhl vor ihr Weinglas und drehte es. Es war leer. Diesmal wartete sie, ob Leon ihr einschenkte. Doch er machte keine Anstalten, starrte sie nur an.
    Leons Mutter war so ziemlich der letzte Mensch, den Therese jetzt um sich ertragen könnte. Jetzt, wo sie den Kopf voll mit Gedanken an Ivan hatte, sollte sie mit Leons Mutter – unmöglich. Auch ohne Ivan unmöglich, weil Leons Mutter unmöglich war. Eine Tyrannin. Von einer Minute zur anderen konnte sie ihre Launen wechseln. Nie konnte man vorher ahnen, ob sie einen überschwenglich empfing oder ignorierte. Einmal hatte Delia Therese zu Leons Eltern begleitet. Sybille wollte ohnehin nie mit dorthin, und allein hatte Therese noch viel weniger Lust. Also Delia. Leons Mutter war gerade wieder in Form. Sie hielt den beiden Mädchen vor, daß junge Leute sich nur ins gemachte Nest setzen, sich auf allem ausruhen, was die Eltern sich mühsam geschaffen haben, und dann seien sie auch noch schnippisch und undankbar. »Nie mehr«, schnaubte Delia später, »nie mehr kriegst du mich zu dieser Spinatwachtel.«
    Und jetzt sollte Therese von ihr kochen lernen. So ein absurder Vorschlag konnte auch nur von Leon kommen. Er selber haßte seine Mutter, so wie man nur einen Menschen hassen kann, der einem nah ist und in seinen Reaktionen völlig fremd, für den man sich geniert, weil man ihn sich völlig anders wünscht. Leon ahmte die affektierte Sprechweise seiner Mutter nach, ärgerte sich bis zum Weißglühen über ihre offensichtliche Beschränktheit – aber Therese wollte er ihr in die Fänge treiben.
    Doch diesmal würde sich Leon an Thereses Widerstand die Zähne ausbeißen. Nicht einmal Eierkochen wollte sie von ihrer zukünftigen Schwiegermutter lernen. Für Thereses Gefühl war Leons Mutter verrückt. Therese fand sie durchaus interessant, aber nur auf Distanz. Nicht als Autorität.Sollte Leons Mutter weiter ihre eigene Familie schikanieren, aber nicht Therese.
    Sie sah sich ihren Verlobten an. Was hatte sie mit ihm zu tun? Was hatten sie gemeinsam, außer, daß sie beide Juden waren? Sie sah Leons Mund, er war ziemlich üppig, die Lippen hatten die Farbe von Himbeeren. Leons Mund war Therese das Liebste an ihm. Es sei denn, Leon gab daraus Überheblichkeiten von sich, die sich gegen Therese richteten. »Kleines, was weißt du denn schon.«

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