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Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Titel: Beschuetz Mein Herz Vor Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asta Scheib
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sie sollten doch wenigstens die Jungen lassen, das seien doch Kinder, und ich hörte, wie einer schrie, daß Juden Mörder seien und Verbrecher,und daß Kinder von Juden demnächst auch Mörder und Verbrecher werden.«
    Therese streichelte Idas Hände. Sie zitterten, waren kalt wie der Tod. »Sie haben meine Rebmanns mitgenommen, und ich habe mich hinter den Briketts versteckt. Sie kamen ja auch in den Kellerraum, holten alle Vorräte raus, die wir hatten.« Therese umarmte Ida. »Es ist noch dunkel, Ida, gehen Sie jetzt zu meinen Eltern. Libeth ist auch da. Dort sind Sie vorerst sicher.«
    Therese wußte, daß sie log, und Ida wußte das auch. Trotzdem tat sie, was Therese ihr vorschlug, und Therese machte sich auf den Weg zu Jakob Salzmann, dem gehbehinderten jüdischen Anwalt, dem sie seit einiger Zeit den Haushalt führte. Salzmann mußte viel liegen und hörte ständig ausländische Sender. Therese fürchtete, daß er einmal denunziert werden könne.
    Sie rannte durch die Straßen. Überall die gleichen Verwüstungen und kaum ein Mensch zu sehen. Es war, als müßten alle ausschlafen nach der Schwerarbeit in der Nacht. Therese sah in den dunklen Himmel. Ihr kam ein Wort in den Sinn von der Größe, der Kälte des Universums. Kein Platz für die Juden.
    Von Jakob Salzmann erfuhr Therese dann den Grund für die Verwüstung. Herschel Grünspan, ein junger polnischer Jude, hatte in Paris auf den Deutschen Gesandtschaftsrat Ernst von Rath geschossen. Die vergangene Nacht war die Nacht der Rache. Viele Juden im Reich wurden jetzt mißhandelt, beraubt, erschlagen oder in Gefängnisse geworfen. Tausende erschlagener Juden, Millionen zerschlagener Scheiben für einen Arier.
    Therese half Jakob Salzmann bei seinem morgendlichen Bad. Sie kaufte für ihn ein und bereitete ihm das Essen zu. Heute tat sie das alles mechanisch, abwesend. In ihr war nur mehr ein Gedanke – ich will, daß sie alle noch daheimsind, wenn ich zurückkomme. Was ist, wenn die Verwüstung, die Rache weitergeht? Therese sah sich daheim in den Scherben waten, nach den Eltern, nach Sybille und Valerie rufen. Wie lange würde ihr Haus noch verschont?
    Therese umarmte Valerie und Sybille heftig und zärtlich, als sie heimkam. Gegen elf Uhr abends schellte die Gestapo, und Therese beteuerte, daß sie weder Libeth Rebmann noch das Dienstmädchen Ida gesehen habe. Die beiden Beamten holten Libeth und Ida aus dem Keller, und Therese sagte wieder, daß sie keine Ahnung habe, wie die beiden da hineingekommen sein könnten. »Verlogene Judensau«, sagte der eine Beamte, und daß Therese gleich mitkommen solle. Vater bat, ihn statt seiner Tochter mitzunehmen. Er habe die beiden Frauen im Keller versteckt. Therese wisse in der Tat von nichts. Die Polizisten bellten ihn an, ob er vom letztenmal noch nicht genug habe. Hier hätten sie zu bestimmen, wer verhaftet würde, und wenn er nicht gleich den Mund halte, würden sie ihn fertigmachen.
    Der ältere Polizist, ein untersetzter Mann mit einer auffälligen Hasenscharte, ging mit Libeth und Ida vorweg. Der andere, ein Blasser, mit sauberem Wasserscheitel und vorspringendem Kehlkopf, trieb Therese förmlich vor sich her, ihr ab und zu einen Stoß versetzend. Nebel war aufgestiegen. Schwaden umflossen die Bäume des Englischen Gartens, ließen die Beamten zu Schemen verschwimmen, Libeth und Ida im bläulichen Licht dahinschweben. Der Mond stand hoch, beleuchtete Pappeln, Eichen und Ahorne. Sie gingen vom Ostteil des Englischen Gartens quer in Richtung Königinstraße. Therese wunderte sich, dachte vage an Flucht. Lächerlich, die beiden hatten Waffen. Therese wollte nicht daran denken. Es gab keine Worte für die Angst in ihr. Valerie. Was ist, wenn sie mich wegbringen? Nicht mehr nach Hause zurückgehen lassen? Wenn sie zuerst mich und dann die anderen in Schutzhaft nehmen?
    Die Bäume um Therese, das Laub, die Erde, alles war auf eine gleichgültige Art fremd, hatte nichts zu tun mit Therese. Kein Trost, kein Denken, kein Wollen, nur Gehen; der Atem des Polizisten, der Therese zurückriß, wenn sie zu rasch ging. Der erste Beamte war mit Libeth und Ida schon an der Gabelung des Weges. Er schaute kurz zurück. Es war Therese, als gäbe er ein Zeichen. Und der andere hinter Therese packte sie, stieß sie weg vom Weg, hielt ihr die Pistole an den Hals und zischte, daß sie ja keinen Muckser machen solle. Judenschlampen gehöre es nicht anders. Therese spürte den hartgefrorenen Boden, einen Stein am Hinterkopf. Alles

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