Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Titel: Beschuetz Mein Herz Vor Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asta Scheib
Vom Netzwerk:
fühlen, sie wollte nur noch weinen.
    Der junge Frische legte seinen Arm um Thereses Schulter, hielt sie fest an sich gedrückt. Er bat Therese, nicht mehr zu weinen, er hielt dieses Weinen nicht aus. Seine Kameraden ebensowenig. Sie hatten gelernt, in Unterständen Verwundete schreien zu hören, Tag und Nacht. Sie hatten die Blutenden zum Verbandsplatz geschleppt. Sie hatten Schreckliches gesehen, so viel Schreckliches, daß sie es schließlich nicht mehr wahrgenommen hatten. Aber das hier, dies schwarze verschleierte Weinen, dies Frauenweinen, das sollte aufhören, das hielten sie nicht aus. Und der Frische sagte dann auch beschwörend zu Therese: »Nicht weinen, es ist nun mal nicht zu ändern.«
    Die Zugkontrolle kam. Der Uniformierte baute sich vor Therese auf. »Sie sind zugestiegen, Ihren Ausweis bitte.« Immer noch von ihrem Weinen geschüttelt, suchte Therese in ihrer Tasche herum, wohl wissend, daß es da nichts zu suchen gab. Kamm, Bürste, Seife, Monatsbinden kramte sie heraus. Die Männer schauten verlegen weg. Thereses Wangen brannten hinter ihrem Schleier. Aber sie wußte, daß diese Verlegenheit sich mit ihr verbünden würde.
    Es war seltsam still im Abteil. Von außen hörte man jetzt wieder die Geräusche des Bahnhofs. Therese fühlte sich eiskalt an den Pranger gestellt, nackt vor all den Männern. Bis der Frische plötzlich den Kontrolleur fragte, ob er denn immer noch nicht begriffen habe: »Die Frau hier, die ist Kriegerwitwe, Mann, die hat ihren Mann verloren. Die ist doch völlig außer sich, das sieht doch ein Blinder. Mußt du die hier auch noch hochnotpeinlich untersuchen?«
    Die Kontrolleure sahen sich an, tippten an ihre Mützen, gingen weiter. Ergeben suchte Therese ihre Sachen wieder zusammen, stopfte alles zurück in die Tasche, sah den Frischen dankbar an.
    Als die Kontrolleure das Abteil verlassen hatten, schlug Therese ihren Schleier zurück. Die Soldaten sahen erleichtert, daß Therese sich die Tränen abwischte, sie anlächelte. Der Frische gab ihr ein Butterbrot, ein anderer rieb seinen Apfel an seinem Uniformärmel blank und gab ihn ihr. Ein Soldat, der Therese gegenübersaß, reichte ihr seine Feldflasche. Darin war tatsächlich Kaffee, richtiger Kaffee. Er war nur noch wenig warm, aber Therese schmeckte er großartig. Therese sah die Männer jetzt genauer an, vor allem den Frischen, der sie beschützt hatte. Wenn er wüßte. Wie würden seine blaßblauen Augen unter dem hellen Strubbelhaar Therese wohl ansehen, wenn er wüßte, daß sie Jüdin war? Jetzt jedenfalls sah er sie strahlend und triumphierend und verschwörerisch an. »Na, die ham wir jetzt los – als wenn der Mensch nix anderes zu tun hätte, als an seinen Ausweis zu denken.«
    Die anderen nickten. Sie waren froh, daß dieses Geflenne ein Ende hatte und daß es dieser jungen schönen Frau bei allem Kummer offensichtlich hervorragend schmeckte. Wo es doch grobes Kommißbrot war und ein Apfel. Aber die aß so voller Gier, daß einem das Zusehen Spaß machte. Die hatte wohl schon lange nichts Ordentliches mehr in den Magen gekriegt.
    Der Frische erzählte Therese, daß er mit seinen Kameraden zu einer Ausbildungseinheit gehöre, die in einer Kaserne in Wiesham stationiert werden solle. In Wiesham bei Bad Tölz. Therese erschrak für einen Moment. Die Soldaten fuhren ja genau in den Ort, in den auch sie wollte. Als habe der Soldat das erraten, fragte er Therese, ob sie da auch hinmüsse. Dann könnten sie sich ja mal treffen und gemeinsam in die Berge fahren.
    Hastig begann Therese nun ihrerseits den Frischen nach seinem Herkommen auszufragen, damit er nur ja nicht auf den Gedanken kam, Thereses Adresse in Wiesham zu erforschen.Gutmütig ging der Frische auf alle Fragen Thereses ein. Aus Köln-Kalk komme er. Nein, Familie habe er noch nicht. Er war schon früh Offizier geworden. Hatte die Kriegsschule in Potsdam absolviert. Er war in Frankreich gewesen, in Rußland. Von da sei er vor sechs Monaten zurückgekommen, um als Ausbilder diese Einheit zu übernehmen.
    Wiesham war erreicht. Im Durcheinander des hastigen Aufbruchs schlüpfte Therese rasch aus dem Zug, wobei sie panisch bemüht war, den Kontrolleuren nicht wieder zu begegnen. Doch alle Behördlichen schienen offenbar derart intensiv mit der Flut der aussteigenden jungen Soldaten beschäftigt, die sich jetzt lärmend über den Bahnsteig ausbreitete, daß Therese ungehindert entkam.
    Auf dem Bahnhofsvorplatz sah Therese sich um. Doch noch niemand aus dem Zug war

Weitere Kostenlose Bücher