Beseelt
so hatte er sich auf in den Norden gemacht, hatte gegen die Trauer angekämpft und erwartet, Dämonen anzutreffen. Er hatte keine körperliche Verletzung, von der er sich erholen musste, aber die Wunde, die Brennas Tod in seiner Seele hinterlassen hatte, war wie ein unsichtbares klaffendes Loch. Die Zeit hatte die scharfen Kanten des Schmerzes noch nicht geglättet. Er würde sich niemals völlig davon erholen, höchstens überleben. Das war der entscheidende Unterschied.
Sein Geist zog sich vor der Pein zurück, die die Erinnerung an Brenna verursachte. Der Verlust war ständig präsent, sie war immer in seinen Gedanken. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass die Intensität des Schmerzes sich von der Hitze glimmender Kohlen schnell in glühend heiße, flammende Sehnsucht verwandelte, sobald er seiner Verzweiflung nachgab und darüber nachdachte, was hätte sein können. Sehnsucht, die nie gestillt werden würde. Brenna war fort. Das war eine unverrückbare Tatsache. Da war es besser, überhaupt nicht zu denken – oder zu fühlen.
Verfolge einfach das Schaf. Töte es. Kehre ins Lager zurück. Er befahl seinem Geist, die rastlose Wanderung aufzugeben.
Cuchulainn bog um einen Vorsprung. Er und die junge Wölfin suchten sich leise einen Weg durch die schneebedeckten Felsen, die sich an die nördliche Flanke der Berge Trier drängten. Erfreut bemerkte er, dass der Schnee deutlich abgenommen hatte. Noch vor wenigen Tagen hätte er dem Schaf nicht so weit hinauffolgen können. Wenn er etwas Glück hatte und nicht wieder überraschend ein Schneesturm hereinbrach, könnte der Pass bald frei genug sein und sich durchqueren lassen. Natürlich würde er sich vorher davon überzeugen müssen. Die Neuen Fomorianer waren zäh und willig, doch trotz ihres Eifers und ihrer guten Entwicklung waren die meisten von ihnen Kinder.
Allerdings sehr ungewöhnliche Kinder, das musste er zugeben. Nie würde er den Moment vergessen, als er sie das erste Mal sah – oder ihre Reaktion auf ihn, den ersten reinen Menschen, den sie je erblickten. Es war ein wolkenverhangener, düsterer Nachmittag gewesen. Am Himmel zog ein Blizzard auf und brachte den Schneesturm, der sie im Ödland einschloss, da er es unmöglich machte, den Gebirgspfad zu passieren. Er, Curran und Nevin waren aus den Bergen gekommen und hatten die kurze Strecke vom Pass zu dem kleinen Tal zurückgelegt, in dem sich das Lager der Neuen Fomorianer befand. Ein junger Wächter namens Gareth erblickte sie zuerst, und wie eine gute Wache eilte er los, um seine Leute zu warnen. Anstatt misstrauisch die Waffen zu ziehen, kamen sie mit leeren Händen auf sie zu und hießen ihn lächelnd willkommen. Kinder! Bei der Göttin, er hatte nicht mit so vielen Kindern gerechnet. Lachend und eine wunderschöne Melodie singend, die er erschrocken als ein altes partholonisches Lied zu Ehren Eponas erkannte, hatten die Hybriden die Zwillinge umarmt und freudig begrüßt. Dann wandten sie ihre Aufmerksamkeit schnell ihm zu – dem einsamen menschlichen Reiter in ihrer Mitte.
„Das ist Cuchulainn“, stellte Nevin ihn vor.
„Er ist der Bruder der Göttin, die uns gerettet hat“, ergänzte Curran.
Der fröhliche Gesang brach auf der Stelle ab. Die geflügelten Kreaturen schauten ihn an. Cuchulainn erinnerte sich daran, gedacht zu haben, dass sie wie ein Schwarm heller, wunderschöner Vögel aussahen. Die Menge teilte sich, um einer schlanken Gestalt Platz zu machen. Das Erste, was ihm auffiel, war, dass ihre Haut die gleiche seltsam leuchtende Blässe hatte wie die der anderen hybriden Fomorianer, aber ihr Haar und ihre Flügel waren wesentlich dunkler. Und dann sah er die Tränen, die in ihren ebenfalls dunklen, mandelförmigen Augen glitzerten und über ihre Wangen strömten. Ihr Blick traf seinen, und Cuchulainn erkannte Mitgefühl und unglaubliche Traurigkeit darin. Er wollte wegschauen und sich nicht von ihren Gefühlen berühren lassen. Sein eigener Schmerz saß zu tief, war noch zu neu, aber als er den Kopf abwandte, um den Blickkontakt zu unterbrechen, fiel die geflügelte Frau graziös auf die Knie. Wie auf einen Stein, den man in einen ruhigen Teich wirft, Wellen folgen, folgte die Gruppe ihr, und alle, Erwachsene und Kinder gleichermaßen, sanken zu Boden.
„Vergib uns. Wir sind verantwortlich für den Tod deiner Schwester.“
Die Worte der geflügelten Frau waren von der gleichen Traurigkeit erfüllt, die er in ihren dunklen Augen gesehen hatte.
„Meine Schwester ist nicht
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