Besitze mich! (Band 2)
seine Westentasche, er war hier genauso bekannt. Ich entdeckte diese Stadt.
– Sehen Sie genau auf die Straße, Alice, denn wir werden das Zimmer nicht oft verlassen, sagte er und küsste meinen Nacken.
Ich hatte nur sehr wenige Anhaltspunkte über meine genauen Aufgaben bei deutschen Buchhandlungen und Verlegern. Ich wusste nur, dass in diesem Land, in dem Adrien bereits mehrfach Literaturpreise für den besten ausländischen Roman verliehen wurden, das Erscheinen seines Romans
Belleville im April
sehnlichst erwartet wurde. Er hatte auch hier die Herzen der Leser erobert. Und ich konnte es spüren. Er war wieder ganz in seinem Element, hatte seine Sicherheit wiedergefunden. Ich wusste nicht, ob mir das wirklich gefiel. Ich hatte keine Augen für Berlin, so sehr gewannen meine Gedanken die Oberhand über alle Bilder, die vorbeizogen. Ich konnte nur die groben Züge einer neuen Umgebung wahrnehmen: kühle Linien und Graffitis auf den grauen und tristen Mauern. Mein Geist war zu voll, um neue Bilder wahrzunehmen. Diese Gedanken kreisten in meinem Kopf, während wir uns dem Hotel näherten. Ein Ort, an dem wir zwangsläufig die Nacht verbringen würden, dachte ich, als Wiedergutmachung für die wenigen Stunden im Hotel Amour.
Eine Pressereferentin des deutschen Verlags erwartete uns. Sie sprach ein perfektes Französisch mit einem eisigen Akzent.
– Guten Tag Adrien, ich heiße Katrin. Ich heiße Sie in Berlin herzlich willkommen. Das ist Ihr Programm. Die wichtigsten Buchhändler und einige bedeutende Literaturkritiker treffen sich um 20 Uhr im Restaurant des Hotels zum Abendessen. Wenn Sie möchten, treffen wir uns um 19 Uhr an der Bar, um die Kommunikationsstrategie hier in Deutschland zu besprechen. Camille und auch ich sind der Ansicht, dass
Belleville im April
Ihr Bestseller wird.
Sie wandte sich mir zu und zeigte mir ein erstes Zeichen der Aufmerksamkeit. Sie suchte in den Augen von Adrien ein wenig Klarheit, denn offenbar kannte sie Camille sehr gut. Adrien meisterte diese Situation mit absoluter Leichtigkeit. Er erinnerte mich an die Schauspieler, die ich als Kind liebte, die mir aber unwirklich vorkamen, weil sie immer die perfekten Gesten und Worte parat hatten, um peinlichen Situationen zu entfliehen. Diese Naivität an diesem Ort war noch nicht ganz aus mir gewichen. Ich stellte mir vor, dass man im wirklichen Leben mit dieser Art und ohne dieses Zögern nicht improvisieren konnte. Denn die Gefühle in mir hinderten mich daran, völlig frei zu handeln. Ich beobachtete Adrien…
– Katrin, ich möchte Ihnen Alice d’Harfeuil vorstellen. Alice ist Journalistin und hilft mir, die richtigen Worte zu finden, wenn ich über mein Buch spreche. Ungewöhnlich für einen Schriftsteller, nicht wahr? Alice besitzt diese Ehrlichkeit, die mir hilft, mein Werk aus der Distanz zu betrachten und mich besser darüber zu äußern. Sie wird mich während meines Aufenthalts begleiten.
– Das ist perfekt, fügte Katrin hinzu. Willkommen Alice. Camille hatte mich bereits darüber in Kenntnis gesetzt. Sie haben einige Stunden Zeit, um sich zu erholen oder vielleicht Berlin zu erkunden. Wünschen Sie, dass ich Sie irgendwohin begleite?
Katrin glaubte Adrien mit Sicherheit kein Wort, der ungekünstelt und unerhört natürlich antwortete. Auf eine Weise, die ihm gerecht wird, so einfach und essentiell beschreibt er die Gefühle. Ich liebte alles, was er bei denen auslöste, die in seine Nähe kamen.
Er antwortete, dass wir an der
Kommunikationsstrategie
von
Belleville im April
arbeiten müssten und uns zu diesem Zweck ins Zimmer zurückziehen würden. Adrien würde mich wieder treffen; er wollte einige Telefonanrufe tätigen. Erst in diesem sterilen Raum hatte ich die Gelegenheit, meine Nachrichten durchzusehen. Ich war erstaunt, einige Worte von Dani Olivier zu lesen, der mich also nicht ganz vergessen hatte.
Guten Tag Alice, vielen Dank nochmal für diese wundervolle Vernissage, Sie sind perfekt! Ich fahre nach New York zurück, werde aber in einigen Tagen wieder zurück sein. Ich habe an Ihre Frauenportraits
40 Jahre oder das Leben danach.
gedacht. Dieses Thema steht Ihnen wirklich gut. Sie müssen mir davon erzählen. Danach habe ich noch eine andere Idee für Sie. Ich werde Ihnen vielleicht etwas darüber erzählen.
Dani
P.S.: Offizielles Verbot an Adrien Rousseau, Sie zu verletzen.
P.S. 2: Sie sind also die Besitzerin des Fotos mit dem Paar vom Central Park? Was für eine Geschichte…
P.S. 3: Ich küsse
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