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Besser verhandeln - Das Trainingsbuch

Titel: Besser verhandeln - Das Trainingsbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Gleich darauf hörte ich durch das offene Fenster das Anknipsen eines Lichtschalters, und eine Lichtflut strömte durch die Fenster des gegenüberliegenden Zimmers. Beinahe gleichzeitig ließ ich mich auf die Knie nieder und spähte vorsichtig über das Fensterbrett.
    Ich sah in das Zimmer von Marjorie Ann Conlon, Mimis bester Freundin. Manchmal waren ihre Jalousien nicht herabgelassen, und dann hatte ich eine ausgezeichnete Aussicht. Ich freute mich, daß ihr Haus nach Westen lag, so daß sie gezwungen war, jeden Morgen Licht anzudrehen.
    Vorsichtig spähte ich über das Fensterbrett und hielt den Atem an. Die Jalousien waren oben. Schon zum drittenmal in dieser Woche hatte sie vergessen, sie herabzulassen. Das letztemal als ich sie belauschte, glaubte ich, daß sie mich bemerkt hatte; heute mußte ich daher besonders vorsichtig sein. Sie ist ein komisches Mädel, sie macht sich ständig über mich lustig, aber wenn ich mit ihr spreche, starrt sie mich immer so sonderbar an. In den letzten Wochen hatten wir uns ständig, beinahe grundlos gestritten, so daß ich sie nicht zu meiner Bar-Mitzvah-Party einladen wollte. Aber Mimi hatte darauf bestanden.
    Ich sah, wie sich die Schranktüre in ihrem Zimmer leicht bewegte, und gleich darauf trat sie dahinter hervor. Sie hatte nichts an als ein Höschen. Sie blieb einen Moment mitten im Zimmer stehen und suchte etwas. Schließlich fand sie es und bückte sich, dem Fenster zugewandt, um es aufzuheben. Ich fühlte, wie mir der Schweiß auf die Stirne trat. Ich hatte tatsächlich eine vorzügliche Aussicht. Paul behauptete, sie habe die beste Figur in der ganzen Gegend. Ich konnte das aber nicht finden. Mimis Gestalt war bedeutend besser. Außerdem war Mimi um den Busen herum nicht so völlig unproportioniert wie Marjorie Ann.
    Paul hatte vorgeschlagen, die Mädel in den Keller zu locken, um es genau festzustellen. Ich wurde deswegen furchtbar wütend, kriegte ihn beim Kragen und erklärte ihm, ich würde ihn zu Hackfleisch schlagen, wenn er das je probiert. Paul hatte bloß gelacht und meine Hand weggestoßen. Der einzige Grund, meinte er, weshalb ich mich nicht traue, ist meine Angst, daß Mimi uns verpetzen könnte. Marjorie stand jetzt dicht am Fenster und schien zu mir herüberzuschauen. Ich duckte meinen Kopf noch tiefer. Sie lächelte, während sie ihren Büstenhalter zuhakte, und ich begann mich äußerst unbehaglich zu fühlen, denn es war ein ungemein durchtriebenes Lächeln. Ich fragte mich, ob sie nicht doch weiß, daß ich sie beobachte. In der Art, in der sie sich im Zimmer bewegte, lag merkwürdig viel Berechnung.
    Sie hatte den Büstenhalter schon beinahe geschlossen, als sie die Stirn runzelte. Sie zuckte mit den Achseln, und er glitt wieder über ihre Arme herunter. Sie legte ihre Handflächen einen Moment schalenförmig unter ihre Brüste, trat noch näher ans Fenster und betrachtete sie aufmerksam bei Tageslicht.
    Mein Herz begann stürmisch zu klopfen. Paul hatte recht. Sie waren tatsächlich beachtlich. Sie sah mit stolzem Lächeln wieder auf, dann trat sie ins Zimmer zurück. Dort schlüpfte sie behutsam wieder in den Büstenhalter und hakte ihn hinten zusammen. Von der Halle her vernahm ich jetzt ein Geräusch. Dann hörte ich Mimis Stimme. Ich drehte mich hastig um und war mit einem Satz im Bett. Ich wollte um keinen Preis von Mimi dabei überrascht werden, wie ich Marjorie heimlich belauschte. Ich warf noch rasch einen Blick durchs Fenster und sah erleichtert, wie das Licht in Marjorie Anns Zimmer erlosch.
    Ich seufzte. Das war der schlagende Beweis. Ich hatte recht gehabt: sie weiß, daß ich sie belausche. Als ich hörte, daß sich die Schritte meiner Tür näherten, schloß ich die Augen und stellte mich schlafend.
    Von der Türschwelle kam Mimis Stimme. »Danny, bist du schon wach?«
    »Jetzt schon«, antwortete ich, setzte mich im Bett auf und rieb mir die Augen. »Was willst du denn?« Ihre Augen überflogen meine nackte Brust und meine Schultern.
    Ein argwöhnischer Blick traf mich. »Wo hast du deine Pyjamajacke?« fragte sie. Dann bemerkte sie, daß sie am Fußende des Bettes lag. »Du warst schon aufgestanden?« Ich starrte sie an. »Ja.«
    »Was hast du draußen getrieben?« fragte sie argwöhnisch. Ihre Blicke wanderten zu Marjorie Anns gegenüberliegendem Fenster. Ich riß die Augen weit auf und sah sie mit wahrer Unschuldsmiene an. »Meine Turnübungen«, sagte ich. »Nachher bin ich nochmals ins Bett gekrochen und dann eingeschlafen.«

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