Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
Apothekerschränkchen und schloß die Türe. Dann warf ich meinen Bademantel auf den Toilettensitz und stellte mich unter die Dusche.
Das Wasser war eiskalt, aber ich biß die Zähne zusammen. Nach einiger Zeit begannen meine Zähne zu klappern, aber ich blieb weiter unter der Dusche stehen. Sie tat mir gut. Ich wußte, was ich tat. Als ich endlich aus der Dusche heraustrat und in den Spiegel sah, waren meine Lippen blau vor Kälte.
Ich schloß den letzten Knopf meines Hemdes und sah in den Spiegel. Dann griff ich nach Kamm und Bürste und fuhr nochmals durch mein Haar. Mama wird zufrieden sein. Meine Haut war sauber und klar, selbst mein Haar schien eine hellere Farbe angenommen zu haben.
Ich bückte mich und sah unters Bett. »Wach auf, Rexie«, sagte ich. »'s ist höchste Zeit 'rauszugehen.« Sie sprang auf und wedelte mit dem Schwanz. Ich bückte mich, um sie zu streicheln und sie leckte mir dankbar die Hand. »Wie geht's dir heute, mein Mädel?« fragte ich und drückte sie an mich. Ihr Schwänzchen rotierte in begeisterten Kreisen, und sie rieb sich an meinen Hosenbeinen. Ich verließ mein Zimmer und lief die Treppe hinunter. Aus der Küche hörte ich Mamas Stimme. Sie schien sich über irgend etwas schrecklich aufzuregen. Sie sagte: »Du kennst doch deine liebe Schwägerin Bessie. Sie wird bestimmt nach etwas suchen, um uns betratschen zu können. Sie glaubt, sie ist die einzige, die eine Bar Mitzvah ausrichten kann. Ihr Joel.«
Papa unterbrach sie. »Aber Mary«, sagte er besänftigend, »beruhige dich doch. Alles wird gut vorbeigehen. Schließlich warst doch du es, die beschlossen hat, den Empfang hier im Haus abzuhalten.« Ich seufzte erleichtert. Wenigstens sprachen sie nicht über mich. Mimi hatte also nicht gepetzt. Diese Debatte dauerte bereits sechs Monate - seit dem Tag, an dem das Thema meiner Bar Mitzvah zur Sprache gekommen war.
Papa wollte für den Empfang einen kleinen Saal mieten, aber Mama wollte nichts davon hören. »Wir können uns das Geld dafür sparen«, hatte sie gesagt. »Du weißt, wie schlecht die Geschäfte gehen, und es fällt dir ohnedies schwer genug, die Raten für die Hypothek aufzubringen. Und die Corn Exchange
Bank wird auf ihre dreitausend Dollar auch nicht warten wollen.« Papa hatte nachgegeben. Er mußte nachgeben, er hatte keine andre Wahl. Die Geschäfte gingen noch immer nicht besser. Nach seinen gelegentlichen Bemerkungen zu urteilen, waren sie sogar schlechter geworden. In den letzten Monaten war er sehr nervös und reizbar gewesen. Ich stieß die Türe auf und trat in die Küche, Rexie folgte mir dicht auf dem Fuß. »Guten Morgen«, sagte ich zu beiden, und dann fragte ich Mama: »Was brauchst du aus dem Laden?« Sie sah mich kaum an. »Das übliche, Danny«, erwiderte sie. »Darf ich mir ein paar gefüllte Pfannkuchen kaufen, Ma?« Sie lächelte. »Natürlich, Danny.« Sie nahm aus einem Glas auf dem Brett oberhalb des Spültisches einen Dollar und reichte ihn mir. »Schließlich ist's ja deine Bar Mitzvah.«
Ich nahm den Dollar und wollte gehen, aber Mama rief mir nach: »Vergiß nicht, das Wechselgeld nachzuzählen, Danny.«
»Nein, Ma«, rief ich über die Schulter zurück, öffnete die Haustüre und ließ Rexie hinaus. Der Hund lief mir voran, schräg über den Fahrweg und zum Rinnstein.
Als ich auf die Straße hinaustrat, hörte ich auf der Veranda der Conlons Stimmen. Verstohlen hinüberblickend, sah ich Mimi und Marjorie Ann, die die Köpfe zusammensteckten. Ich ging an ihnen vorbei, als hätte ich sie nicht gesehen, mußte aber wegen Rexie vor der Veranda stehenbleiben. Marge sah mich an und begann zu kichern. Ich fühlte, wie ich glühend rot wurde. »Heut nachmittag komm ich zu deiner Party«, rief sie. Ich ärgerte mich über mich, weil ich rot geworden war. »Du brauchst mir keine Gnade zu erweisen«, sagte ich unfreundlich. »Meinetwegen brauchst du überhaupt nicht zu kommen.« Sie lachte spöttisch. »Aber, Danny, wie sprichst du auf einmal!« sagte sie sarkastisch. »Du weißt ganz genau, daß du keinen Spaß hättest, wenn ich nicht käme. Außerdem bist du doch ein Mann, wenn du von deiner Bar Mitzvah zurückkommst. Es wird spannend sein, zu beobachten, wie du dich dann benimmst.«
Rexie lief jetzt fröhlich die Straße hinunter. Ich folgte ihr, ohne zu antworten.
Das Licht der Synagoge war düster und grau, da es bloß durch winzige Fenster fiel, die hoch oben in die Wände eingelassen waren. Ich sah mich nervös um. Auf einem kleinen
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