Bestimmt fuer dich
auf ihn eingeschlagen hatte, sondern das Spielflugzeug. Mit erstaunlicher Geschwindigkeit schoss es auf ihn hinunter. Noch bevor er ausweichen konnte, traf es ihn bereits hart an der Stirn und streckte ihn zu Boden.
10
»Ich hoffe, Sie fühlen sich jetzt nicht in Ihrem Wahnsinn bestärkt«, sagte Lukas, während er auf dem Wannenrand in Rosannas Badezimmer saß.
»Keine Sorge«, erwiderte Rosanna ruhig, während sie die kleine Platzwunde unter seinem Haaransatz verpflasterte. »Dass wir uns heute vor dem Krankenhaus wieder begegnet sind oder dass Ihnen ein Flugzeug auf den Kopf fällt, wenn Sie mich ignorieren wollen – das ist bestimmt alles reiner Zufall.«
»Pech.«
»Oder Ihr Glück.«
»Seit wann tut Glück so weh?«
Rosanna lächelte und schwieg.
Als Lukas vom Wannenrand aufstand, fiel ihm das Taschenbuch auf, das auf der Fensterbank neben der Badewanne lag. Dem gewellten Papier zufolge musste es schon oft während eines heißen Schaumbads gelesen worden sein. Auf dem Cover war ein gezeichnetes halb nacktes Liebespaar zu sehen, das im wirklichen Leben mindestens vier Stunden täglich im Fitnessstudio hätte verbringen müssen.
»Lodernde Leidenschaft«, las Lukas amüsiert.
»Kennen Sie nicht, was?«
»Nur die Fortsetzung: Sagenhafte Syphilis.«
Rosanna nahm ihm das Taschenbuch weg. »Würden Sie jetzt bitte mein Badezimmer verlassen?«
»Wollen wir uns nicht duzen?«
»Lieber nicht«, erwiderte Rosanna.
»Warum nicht? Dieses Siezen hat so etwas Altbackenes. Als wären wir in irgendeinem amerikanischen Film aus den Vierzigerjahren.«
»Damals hatten die Leute noch Stil«, schwärmte Rosanna. »Trugen die ganze Zeit maßgeschneiderte Anzüge, elegante Kostüme und ausgefallene Hüte.«
»Diskriminierten Frauen, Ausländer und all diejenigen, die andere Auffassungen von Politik vertraten – oh, Moment mal, eigentlich hat sich nur der Kleidungsstil verändert.«
Rosanna schob Lukas auf den Flur.
»Was haben Sie vor?«, fragte er.
»Haben Sie Hunger?«
»Nett, dass Sie fragen.«
Rosanna schenkte ihm ihr charmantestes Lächeln. »Wenn Sie was kauen, reden Sie nicht so viel.«
Mit der fließenden Bewegung eines Zauberkünstlers öffnete Rosanna den Backofen und warf eine Fertigpizza aufs Blech, um sich umzudrehen und die Ofentür mit einem sportlichen Hackentrick wieder zu schließen.
»Zwölf bis vierzehn Minuten«, sagte sie fröhlich.
»Geht nichts über eine liebevoll zubereitete Mahlzeit«, erwiderte Lukas.
»Ist umsonst, also halten Sie die Klappe.«
Er lächelte. Rosannas Humor gefiel ihm. Und seinen konnte sie wohl auch ertragen. Als sie die Küche verließ, fragte sich Lukas dennoch, warum er immer noch hier war.
Lukas betrat das Wohnzimmer, wo Rosanna vor einem Regal mit einer alten Stereoanlage hockte.
»Waren Sie eigentlich schon immer so?«, fragte er und versuchte sich nicht von der Fototapete irritieren zu lassen, die eine verschneite Winterlandschaft zeigte.
»Wie denn?«
»Haben Sie schon vor Ihrem Unfall an Zeichen und Bestimmung und so was geglaubt?«
Rosanna überlegte. »Ab und zu.«
»Zum Beispiel?«
»Wenn ich eine bestimmte Entscheidung treffen soll – und dann sehe ich irgendwo etwas, das wie eine Hilfestellung ist, zum Beispiel ein Werbeplakat für ein Buch oder einen bestimmten Film.«
»Dann ist das also ein Wink des Schicksals, wenn ich ein Wespennest auf dem Balkon finde und die Ankündigung für einen neuen »Terminator«-Film entdecke?«
»Ha, ha, ha«, lachte Rosanna demonstrativ gelang weilt. »Sie wissen genau, was ich meine. Der neue, viel bessere Job, der einem überraschend angeboten wird, nachdem man aus dem alten gefeuert wurde. Der Freund fürs Leben, den man an einem Ort kennenlernt, um den man sonst immer einen Bogen gemacht hat. Das Flugzeug, das man verpasst und dann abstürzt …«
»Sie glauben ernsthaft, dass das alles eine tiefere Bedeutung hat?«
»Was sonst?«
»Überlegen Sie doch mal! Bei all den Millionen von Menschen, sollte da wirklich irgendjemand sitzen und deren Schicksale nicht nur steuern, sondern so punktgenau miteinander verstricken, dass sich daraus für jeden Einzelnen ein wie auch immer gearteter Sinn ergibt?«
Rosanna lächelte. »Wer weiß?«
»Okay«, gab Lukas zurück. »Sie haben jetzt nur vor teilhafte Beispiele genannt. Was ist mit den Augen blicken, in denen man die falsche Entscheidung trifft? Ein Desaster verursacht. Sie wissen schon: Der Job, der einem nicht angeboten wird. Der Freund fürs
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