Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bestimmt fuer dich

Bestimmt fuer dich

Titel: Bestimmt fuer dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Rognall
Vom Netzwerk:
eine frisst den anderen. Und wenn man nicht rechtzeitig zuschnappt, wird man schon von jemand anderem verdaut.«
    Rosanna fixierte ihn. »Sie haben also Angst, dass Dominik Ihnen den Job wegnimmt?«
    Lukas machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wird nicht passieren. Meine Chefin versucht mich nur einzuschüchtern, damit ich mich zusammenreiße.«
    »Wieso zusammenreißen? Was ist passiert?«
    Lukas schwieg eine Weile. Dann schob er den Teller mit dem Rest des Kuchenstücks von sich weg. »Das ist jetzt der Punkt, an dem Sie glauben, irgendein schweres Trauma entdecken zu können. Eins, bei dessen Bewältigung mir bisher niemand helfen konnte, aber das Sie selbstverständlich aus meiner Welt schaffen werden.«
    »Irgendwas zu verbergen haben Sie bestimmt.«
    Lukas winkte der Kellnerin, die ihn weiter fröhlich übersah.
    »Muss Ihnen doch nicht peinlich sein«, beharrte Rosanna. »Wir alle tragen irgendwas mit uns he rum.«
    Demonstrativ warf Lukas einen Blick zur großen Uhr, die über der schummrig beleuchteten Kuchentheke des Cafés hing, und stellte fest, dass sie vor Stunden stehen geblieben sein musste.
    »Soll ich Ihnen die Rechnung bringen?«, rief Lukas der Kellnerin zu.
    »Mein Mann hat mich vor dreieinhalb Jahren verlassen«, sagte Rosanna plötzlich und sah Lukas direkt in die Augen. Ihre Traurigkeit wirkte weder aufgesetzt noch fehl am Platz, obwohl Lukas bis vor wenigen Sekunden noch beides erwartet hätte. »Ich weiß«, fuhr Rosanna mit leicht heiserer Stimme fort, »das ist lange her. Ich weiß auch, dass Lars es vielleicht nicht verdient, dass man ihm so lange hinter hertrauert. Aber eigentlich trauere ich auch nicht ihm hinterher, sondern der Zukunft, die ich mit ihm haben wollte.« Rosanna versuchte zu lächeln, während sich ihre Augen mit Tränen füllten. »Sie werden es vielleicht nicht für möglich halten, aber bei mir lief mal alles reibungslos. Und meine Zukunft … war schön.« Sie rieb sich eine Träne aus dem Augenwinkel und verwischte dabei ihren Lid strich an ihrer Schläfe zu einem dicken Komma. »Sehen Sie?« Sie lächelte entschuldigend. »Das mit dem Zusammenreißen will mir auch noch nicht so gelingen.«
    Lukas sah sie schweigend an. Dann trat die Kellnerin an ihren Tisch und fragte mit Nebelhornstimme: »Sonst noch was?«

    Es war kein Mitleid und ebenso wenig ein bloßer Anflug von Anstand, der Lukas dazu bewegte, Rosanna nach Verlassen des Cafés noch durch den Park zu begleiten. Es war auch nicht so, dass er sich ihr verpflichtet fühlte, weil sie ihm ihr Herz ausgeschüttet hatte. Eigentlich war Lukas dies eher unangenehm. Obwohl er von Berufs wegen geübt darin war, anderen Menschen Geheimnisse zu entlocken, entwickelte er oft eine gewisse Sprachlosigkeit, wenn sein Gesprächspartner zu weinen anfing. Wie sollte Lukas damit umgehen, wo er selbst doch alles tat, um Tränen zu vermeiden, schon gar einem Fremden gegenüber?
    Fritz war natürlich eine Ausnahme, angesichts all der Katastrophen in seinem Leben. Rosannas Erlebnisse waren dagegen gewöhnlich, vielleicht durch zu viele Seifenopern in ihrer Wirkung herabgewürdigt und damit der Lächerlichkeit preisgegeben. Trotzdem hatten sie Lukas betroffen gemacht. Vielleicht, weil sie sich für ihren Schmerz nicht schämte.
    »Riechen Sie, wie klar die Luft ist?«, sagte Rosanna, während sie tief den allgegenwärtigen Blütenduft einatmete.
    »Sie ist nicht klar«, erwiderte Lukas. »Wenn Sie die Emissionswerte anschauen –«
    Rosannas mitleidiger Blick ließ ihn verstummen. »Was wollen Sie tun – aufhören zu atmen?«, fragte sie.
    »Nein«, antwortete Lukas. »Aber vielleicht können Sie sich ja für etwas begeistern, das weniger angreifbar ist?«
    »Sie glauben nicht, dass ich da etwas finde, oder?«
    Lukas schüttelte den Kopf. »Bin nicht gerade ’ne Stimmungskanone.«
    »Scharfschützen werden auch gebraucht.«
    Er musste wider Willen lachen. »Wie heißen Sie eigentlich?«
    »Dass Sie das doch noch wissen wollen«, scherzte Rosanna und nannte ihren Vornamen.
    »Ist das so wie Madonna, oder gibt’s da noch einen Nachnamen?«
    Rosanna verzog das Gesicht. »Barte.«
    »Wenn er ihnen nicht gefällt, warum haben Sie dann nicht wieder Ihren Mädchennamen angenommen?«
    »Das ist mein Mädchenname.«
    Lukas runzelte die Stirn. »Hat Ihnen der Name Ihres Exmanns noch weniger gefallen?«
    »Nein. Aber da er wieder verheiratet ist, stand die Vorstellung, mit seiner neuen Frau verwechselt zu werden, nicht sehr weit oben auf

Weitere Kostenlose Bücher