Bestimmt fuer dich
zögerte sie. Dann aber warf sie es in den nächsten Mülleimer. Mit dem Gefühl, noch ein bisschen leichter zu sein, verschwand sie im Bahnhofsgebäude. Kurz darauf begann das Handy im Mülleimer zu vibrieren.
Lukas schnaubte enttäuscht, als sich Rosannas Mailbox einschaltete. Natürlich konnte er verstehen, dass sie nicht mit ihm reden wollte. Lukas wusste auch, dass das Foto nicht zwangsläufig etwas änderte. Aber zumindest wollte er, dass sie es sich ansah. Dass sie einfach darüber hinweggehen würde, konnte er sich jedenfalls nicht vorstellen.
Er erreichte ihr Haus, betätigte die Klingel neben ihrem Namensschild, bekam aber auch hier keine Antwort. Machte es Sinn, wieder hier an der Tür zu warten – oder versuchte sie ihm längst aus dem Weg zu gehen wie einem unheimlichen Stalker?
So durfte es auf keinen Fall enden. Er musste etwas unternehmen. Er musste sie finden, und zwar so schnell es ging. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass ihm die Zeit davonlief. Aber wo könnte er mit seiner Suche beginnen? Bei Kira? Er wusste nicht einmal, wo Kira wohnte. Aber wo sie arbeitete!
Lukas wandte sich um und stürmte los. Dabei prallte er so hart gegen den Mann, der hinter ihm herangekommen war, dass sie beide zu Boden stürzten. Lukas kannte Lars nur von einem Urlaubsfoto, das Rosanna ihm während ihrer Woche herrlicher Ungestörtheit gezeigt hatte. Sein durchtrainierter Oberkörper hatte Lukas durchaus ein wenig neidisch gemacht. Zum Glück hatte Lars jedoch inzwischen kräftig an Gewicht zugelegt, sodass Lukas erfreulich weich landete.
33
»Entschuldigen Sie mal!«, empörte sich Lars.
Lukas stieg von ihm herunter und bot ihm eine Hand an, um ihm beim Aufstehen zu helfen. Lars zog es vor, sich allein aufzurappeln. Während er sich den Dreck von seinem Anzug klopfte, warf er Lukas vernichtende Blicke zu. »Arschloch«, murmelte er.
»Sie wollten Rosanna hoffentlich sagen, dass Sie die Anzeige zurückziehen«, gab Lukas gelassen zurück.
Lars starrte ihn an. »Bitte?«
Lukas klopfte ihm ein wenig Staub von der Schulter. »Ich weiß Bescheid«, erklärte er, »und ich finde, Sie und Ihre Frau haben sich da gestern nicht gerade mit Ruhm bekleckert.«
Lars musterte ihn herablassend. »Ach nee. Sind Sie etwa der Neue oder nur ein ›Freund‹?«
»Das tut hier nichts zur Sache«, erwiderte Lukas.
»Fein«, freute sich Lars und lächelte angriffslustig. »Dann verpissen Sie sich gefälligst.« Er rempelte ihn mit der Schulter an und trat auf das Klingelschild zu. Aber auch sein Versuch, sich von Rosanna die Tür öffnen zu lassen, blieb erfolglos.
»Wo ist sie?«, knurrte Lars Lukas an.
Lukas stellte eine Gegenfrage. »Warum sind Sie hier? Selbst wenn Sie die Anzeige zurückziehen – was ich bezweifle, da Sie offensichtlich bloß einer dieser machtversessenen Rechthaber sind, die schon als Kind peinlich waren –, dann hätten Sie dafür nicht herkommen müssen.«
»Eifersüchtig?«
Lukas schüttelte den Kopf. »Das nun gar nicht. Aber vielleicht sind Sie noch nicht wirklich fertig mit Rosanna. Was auch Ihre starrköpfige Haltung wegen der Anzeige erklären würde. Sie wollen ihr immer noch wehtun. Fragt sich nur, wofür.«
Lars schwieg eine Weile, winkte dann ab. »Mit so einem Schluffi diskutiere ich doch gar nicht.«
»Ich wette, Sie sind hier, um Rosanna zu erklären, dass Ihre neue Frau auf der Anzeige besteht und Sie daran völlig unschuldig sind. Auf diese Weise wären Sie weiterhin der verständnisvolle, nette Exmann, der nie etwas böse gemeint hat und auch jetzt überhaupt kein Problem mit seiner geschiedenen Frau hat. Vielleicht spekulieren Sie ja auch auf ein kleines Nebenher, den guten alten Zeiten zuliebe? Ihre Frau weiß doch bestimmt nicht, dass Sie hier sind, oder?«
Lars fixierte ihn. »Sie haben eine blühende Fantasie.« Er streckte einen Zeigefinger aus und bohrte ihn Lukas in die Brust. »Aber mir reicht’s jetzt, verstanden?«
»Soll ich Rosanna sagen, Sie kommen wieder?«, fragte Lukas vergnügt.
»Sie halten Ihre Klappe«, fauchte Lars. »Sonst werde ich –«
Irritiert verstummte er, als plötzlich die »Carmina Burana« durch die Luft schallte. »Ich bin gleich wieder bei Ihnen«, versprach Lukas und nahm den Anruf auf seinem Handy entgegen. Die Stimme, die sich am anderen Ende meldete, nahm ihm jedoch ein wenig von jenem Selbstvertrauen, mit dem er sich Lars gegenüber so großspurig aufgebläht hatte.
»Diesmal ist er wirklich weg«, sagte die Heimleiterin in einem
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