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Betörend wie der Duft der Lilien

Betörend wie der Duft der Lilien

Titel: Betörend wie der Duft der Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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meisten Engländer. Und weitaus besser als wir Deutschen! Ich habe die Ordnung mein Leben lang studiert, aber die Leidenschaft entzieht sich mir. Vielleicht sollte ich auch einmal nach Griechenland reisen.“
    „Das ist sehr anzuraten“, meinte Cameron. „Ich selbst habe all das erst wirklich begriffen, als ich dort war, wo es entstanden ist.“
    Tatsächlich hatte er sie erst ganz verstanden, als er Calliope kennengelernt hatte. Als er sah, wie vollkommen kühler Verstand und heiße Leidenschaft in einer Person harmonieren konnten.
    „Ah, und hier sehen wir die Musen am Berg Helikon!“ Herr Müller zeigte auf ein großformatiges Bild der neun Musen mit ihren jeweiligen Attributen, die sich um ihre heilige Quelle versammelt hatten. „Genau wie die jungen Chase-Damen.“
    Cameron sah sich Kalliope an, die älteste Muse, die sich durch ihre Schreibtafel als Schutzherrin der epischen Dichtung auswies. Zwar hatte sie denselben ernsten Gesichtsausdruck wie die echte Calliope, aber ihr Haar war goldblond. „ Genau würde ich nicht sagen.“
    „Sie haben recht. Diese Klio hat kein rotes Haar, und diese Thalia wirkt nicht so … wie sagt man … überschwänglich.“
    Thalias Gesicht war halb hinter der Komödienmaske verborgen, die sie hochhielt, und Klio, die mit einem Stapel Büchern und einer Schriftrolle neben ihr saß, hatte ordentlich zu einem Kranz geflochtenes hellbraunes Haar.
    „Der Künstler kannte sich mit der Symbolik gut aus“, meinte Herr Müller und wies auf die einzelne violette Hyazinthe, die neben Klios Sandale aus dem dunkelgrünen Gras hervorlugte.
    „Ja, wirklich. Klio, die Mutter des Hyakinthos …“ Cameron verstummte. Hyakinthos, nach dem die Blume benannt war. Die vio lette Hyazinthe … Die Liste! Konnte das sein?
    „… und hier ist das Orakel von Delphi.“ Müller wanderte weiter, während Cameron noch gebannt auf Klio und die kleine Blume starrte. Klio schien ihm direkt in die Augen zu schauen, als hätte sie seinen Gedanken erraten. „Sie waren bestimmt auch in Delphi, Lord Westwood?“
    Cameron riss sich zusammen. Ein Bild von einer Blume war nicht Beweis genug, um die Schwester jener Frau zu bezichtigen, die er liebte. Selbst wenn er mehr in der Hand gehabt hätte, hätte er nicht gewusst, wie er Calliope das beibringen sollte. Er musste seinen Verdacht vorerst für sich behalten.
    „Ja“, antwortete er. „Allerdings ist Delphi heute ein staubiges Nest namens Kastri. Von der Seherin Pythia keine Spur mehr, nur ein paar zerbrochene Säulen zwischen den Disteln.“
    „Wie traurig. Dennoch: Zu wissen, dass man genau dort steht …“
    Cameron machte weiter Konversation mit Herrn Müller, und er schien seine Sache nicht schlecht zu machen, denn seinem Gegenüber fiel nicht auf, wie geistesabwesend er dabei war: Dieses Blümchen ging ihm nicht mehr aus dem Kopf.
    Auf dem Rückweg zur Abtei unterhielten sich Thalia und Emmeline glücklich über die Hauben, die sie im Dorf erstanden hatten, und Lotty las trotz des Gerüttels der Kutsche besonders dramatische Stellen aus ihrem neuen Roman vor. Nur Calliope und Clio saßen schweigend nebeneinander.
    Calliope war in Gedanken bei der letzten Nacht. Cameron war einfach fantastisch, aber wie würde es jetzt weitergehen? Im Grunde war sie überhaupt nicht vorangekommen, seit sie London verlassen hatten: nicht in der Frage, wer der Liliendieb war, nicht bezüglich Cameron und auch nicht, was sie selbst betraf.
    Die Kutsche bog ab, und das Schloss des Dukes tauchte auf. Blassgrau dräute es vor dem blauen Himmel. Heute wehten über den Zinnen sogar die Wimpel, über die sie neulich noch gescherzt hatten.
    „Tiefstes Mittelalter“, murmelte Clio. „Ich muss unbedingt einen Schleier und einen Wappenrock auftreiben. Hoffentlich wird zur Belustigung der Dinnergäste niemand gevierteilt oder auf die Streckbank gelegt.“
    „Hm, vielleicht wirft er dich einfach in sein Verlies.“
    „Du hast gut reden, Callie. Lord Westwood würde bestimmt auf einem weißen Ross herbeieilen, um dich aus den Klauen des Ungeheuers zu retten.“
    Calliope nahm ihre Hand. „Du hast ebenso wenig zu befürchten, Clio. Du musst nicht einmal mitkommen! Ich verstehe ohnehin nicht, warum der Duke uns eingeladen hat. Ich dachte, er ist hierhergekommen, um die Alabastergöttin und sich von der Welt abzuschirmen.“
    Clio drückte ihre Hand. „Ich verstehe das auch nicht, aber ich habe das Gefühl, dass ich mitkommen sollte.“
    „Um die Göttin zu

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