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Betörend wie der Duft der Lilien

Betörend wie der Duft der Lilien

Titel: Betörend wie der Duft der Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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ausgefüllt zu werden und endlich, endlich ganz mit ihm eins zu sein. Sie drückte den Rücken durch, um den Schmerz abzumildern, und schlang die Arme und Beine so eng um ihn, dass er sich ihr nie wieder würde entziehen können.
    „Siehst du? Du hast mir nicht wehgetan“, flüsterte sie. „Es fühlt sich fantastisch an.“
    Cameron lachte auf. „Bestimmt nicht halb so fantastisch wie für mich. Meine süße, großartige Calliope.“
    Ganz langsam fing er an, sich zu bewegen: sich zurückzuziehen und wieder hineinzudrängen, mit jedem Mal ein klein wenig tiefer, ein klein wenig intimer. Calliope hielt die Augen fest geschlossen und spürte, wie der Schmerz verebbte und nur noch die Lust übrig blieb. Ein Kitzel, eine Wonne, eine Flamme, die in ihr heranwuchs und sich in ihre Arme und Beine und den Kopf ausdehnte, bis in die Fingerspitzen und Zehen und an den Scheitel. Ein Entzücken, das sie sich nicht im Entferntesten hatte ausmalen können.
    Die Hitze und die Lust wuchsen ins schier Unerträgliche! Wie konnte man so etwas überstehen, ohne in der eigenen Glut zu verbrennen?
    Über ihr bäumte Cameron sich auf und erstarrte. „Calliope!“
    Sie klammerte sich an ihn und hatte das Gefühl, ins Feuer zu stürzen, als Flammen der Leidenschaft über ihr zusammenschlugen.
    Nach einer ganzen Weile – ihr kam es wie Stunden vor – öffnete Calliope langsam die Augen. Obwohl sie geglaubt hatte, in einen Vulkan zu stürzen, lag sie immer noch auf derselben Lichtung; ringsum ragten immer noch die Bäume auf, und der Mond ergoss sein blasses Licht auf die Welt.
    Und doch: eine neue Welt.
    Mit fest geschlossenen Augen lag Cameron neben ihr auf dem Umhang, ihre Taille immer noch umschlungen haltend, die Beine erschöpft ausgestreckt.
    Calliope lächelte und schwebte ganz allmählich auf die Erde zurück. Jetzt spürte sie die kleinen Zweige unter dem Stoff, das Steinchen an ihrer Hüfte. Den leichten Schmerz im Unterleib, den sie gern in Kauf nahm: Er war nichts, verglichen mit diesem Wunder. Sie war zu Aphrodite geworden, zumindest für kurze Zeit. Oder hatte sie eher zu sich selbst gefunden?
    Bei aller Erschöpfung hatte Calliope das Gefühl, leichter zu sein als je zuvor und zugleich Bäume ausreißen zu können. Sie schmiegte sich mit dem Rücken an Cameron, fühlte seinen warmen Atem über ihre Schulter streichen und ließ ihre Fingerspitzen sacht an seinem Arm herauf- und wieder hinunterwandern.
    „Oh, Calliope“, flüsterte er in ihr Haar. „Ich kann nicht behaupten, dass ich dich verstehe. Aber eines weiß ich.“
    „Nämlich?“
    „Dass du einfach umwerfend bist.“
    Lachend drehte Calliope sich zu ihm um. Das Mondlicht schuf harte Schatten und verlieh seinen klassischen Zügen etwas sehr Markantes und Geheimnisvolles. Sie streichelte sanft all diese ganz normalen Elemente, die zusammen ein so harmonisches und einzigartiges Ganzes ergaben: die Nase, die Lippen, die Wangenknochen. Cameron.
    „Ich bin froh, dass du mich nicht rechthaberisch genannt hast. Oder bevormundend.“
    „Das bist du natürlich auch“, zog er sie auf. Er nahm ihre Hand und führte jede Fingerspitze einzeln an seine Lippen. Calliope erzitterte. „Meine süße, strenge Athene. Wie bist du nur so geworden?“
    „Dieselbe Frage könnte ich dir stellen“, gab sie zurück. „Du bist so anders als alle anderen Menschen, die ich kenne.“
    Er rollte sich auf den Rücken und verschränkte die Hände hinter dem Kopf, während Calliope sich aufsetzte und ihn ansah. „Ich?“, sagte er verwundert. „Ich bin ein schlichtes Geschöpf. Ein Buch, in dem jeder lesen kann.“
    Calliope prustete. „Ein Buch in Latein vielleicht.“
    Cameron lachte und zog sie wieder an sich. „Heute Nacht hast du mich jedenfalls bestens erkannt!“
    Calliope versetzte seiner Schulter einen leichten Hieb. „Unsinn. Ich will auch verstehen, was in deinem Kopf vor sich geht.“
    „Vielleicht komme ich dir nur so anders vor, weil ich nicht hier aufgewachsen bin. Ich bin nicht so englisch wie deine übrigen Verehrer. Ich fühle mich eigentlich gar nicht englisch.“
    Fasziniert von diesem Einblick in seine Seele legte sie den Kopf auf seine Schulter. „Fühlst du dich denn griechisch?“
    „Auch das nicht. Vermutlich gehöre ich nirgends dazu.“
    Der traurige Unterton berührte Calliope. Diese Form der Einsamkeit war ihr fremd. So anstrengend und einengend ihre Familie manchmal sein konnte, sie hatte doch immer gewusst, wohin sie gehörte. „Wie war deine

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