Betongold
den Hauseingang. Vom Flur aus ging er nochmals alle Zimmer ab und verweilte in jedem Raum einige Minuten. Was für ein Mensch mochte Weishaupt gewesen sein. Offensichtlich sehr einsam. Er fand keinerlei Fotos an den Wänden, keine persönlichen Gegenstände, nichts was ihn an frühere Zeiten oder Angehörige erinnern konnte.
Ein alternder Mann, der mit seiner Arbeit verheiratet war. Er ging ins Obergeschoss und setzte sich an den leeren Schreibtisch. Das gibt es doch nicht, dachte er, es muss doch irgendetwas geben, jeder hat irgendwo sein Geheimnis. Sein Blick wanderte durch das Fenster nach drauÃen und fiel auf den kleinen Gartenschuppen.
Er ging hinaus, die Tür des Schuppens war nicht verschlossen. Auch hier peinliche Sauberkeit, die Gartengeräte ordnungsgemäà an der Wand verstaut, kaum benutzt. Ein Elektrorasenmäher mit Fangkorb stand in der Ecke. Auch nichts. Er schloss die Tür, zündete sich eine Zigarette an und rauchte auf der Terrasse. Den Stummel drückte er mit den Schuhen auf dem Boden aus.
Er verschloss die Terrassentür, packte die Tüte mit den Stiefeln und klebte ein neues Siegel über die Haustür. Es war halb vier, als er losfuhr.
Bei Pino angekommen, hielt er kurz und schaute durch die Scheibe. Karsupke war nicht da, wahrscheinlich war er stinksauer, aber er konnte ja nichts dafür, schlieÃlich hatte er den Pressetext selbst noch nicht vorliegen. Paul hatte Glück, er fand auf Anhieb einen Parkplatz in der Nähe der Wohnung. Es war erst vier Uhr und einige Nachbarn kamen wohl erst später nach Hause. Pino hatte Lasagne auf der Speisekarte und Paul bestellte zwei Portionen zum Mitnehmen. Während Pino das Essen zubereitete, setzte er sich mit einem Espresso an den Tisch und beobachtete die vorbeilaufenden Passanten. Es war Wochenende und sie hasteten durch die Kälte nach Hause, eingemummelt, viele mit dem Handy am Ohr.
»Auf die Kälte einen Grappa?«, hörte er Pino sagen, der sich mit zwei Gläsern neben ihn gestellt hatte.
»O.K., aber nur einen«, antwortete Paul in Erinnerung an den letzten Grappa Abend, der auch so angefangen hatte und mit einem betrunkenen Kunkel nachts um halb zwölf seinen Abschluss gefunden hatte. »Tobi wartet auf sein Essen!« Es blieb bei einem Grappa. Er fand zwei Briefe im Briefkasten.
Tobi war noch nicht da, nur Lady Jeremy machte mit einem lauten Maunzen auf ihren unbändigen Hunger aufmerksam. Er zerkleinerte Ihr die letzte Packung Pastete vom Huhn, während sie um seine Beine strich. Der obligatorische Dank für die Mahlzeit war ein energisches Köpfchengeben, während er die Schüssel auf den Boden stellte. Nach einer ausgiebigen Dusche ging es ihm besser.
Er schaltete das Radio ein. In den Lokalnachrichten um 17.00 Uhr kam eine kurze Meldung zu dem Fall, jedoch kein Bericht aus der Pressekonferenz. Nachdem er den Rechner hochgefahren hatte, bestätigte ihm der Pressetext, dass Wolf Gärtner nur das Notwendigste mitgeteilt hatte. Er leitete den Pressetext an Karsupke weiter, obwohl der ihn sicherlich schon längst vorliegen hatte.
Seine Tochter Lea hatte ihm geschrieben. Sie war inmitten ihrer Vorbereitungen für die Abgabe ihrer Bewerbungsmappe bei der Hochschule der Künste und der Umzug in die erste eigene Wohnung mit einer Freundin stand bald bevor. Sie fragte, ob er ihr beim Umzug helfen könnte, sie wüsste zwar noch nicht genau wann, wollte aber schon mal nachfragen. Und ob er die Kaution vorstrecken könne, sie würde es ihm abbezahlen, sie habe einen Job in einem Café. Paul hatte Tränen in den Augen, als er ihr zurückschrieb. Obwohl er noch nicht wusste, wie er es anstellen sollte, an das Geld zu kommen, schrieb er ihr, dass er selbstverständlich die Kaution übernehmen würde, und dass er sich freue, wenn sie sich meldete und das er hoffte, dass es ihr gut ging und er ihr viel Glück für die Bewerbung wünsche.
Er nahm ein Bier aus dem Kühlschrank, setzte sich in seiner Jacke auf den Balkon und steckte sich eine Zigarette an. In den Nachrichten hatten sie über die Kältewelle berichtet und an einigen Stellen im Main war bereits der Schifffahrtsverkehr eingestellt worden. Das wird ja lustig morgen, dachte er sich und überlegte, wo er die Fleece-Pullover verstaut hatte.
Tobi kam um sechs und sie aÃen die aufgewärmte Lasagne.
»Wie warâs in der Schule?«
»Gut.«
»Und was
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