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Betongold

Betongold

Titel: Betongold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Westerhoff
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die Frau ist, die am Abend im Wilhelm-Beer-Weg abgestiegen ist, und ob sie mit Weishaupt verabredet war. Und wir haben den unbekannten Geschäftsmann, mit dem sich Weishaupt in dem Hotel getroffen hat. Vielleicht konnte der Projektmanager Martin dazu etwas sagen. Gab es weitere Zeugen, die etwas beobachtet hatten? Es klopfte an seiner Tür und Nicolic steckte seinen Kopf rein. Er zeigte auf seine Uhr und verschwand wieder. Es war kurz vor zehn. Kunkel packte seine Unterlagen zusammen und ging ins Besprechungszimmer, in dem Wolf Gärtner, Lakmann und Nicolic schon auf ihn warteten.
    Juliane zog mechanisch ihre zerschlissenen Laufschuhe vor der Terrassentür aus und betrat das Wohnzimmer. Es war kurz nach neun und die Mädchen waren alle ausgeflogen. Um elf Uhr hatte sie den Termin. Sie ging hinauf ins Badezimmer, zog ihre durchschwitzten Laufklamotten aus und pfefferte sie auf den riesigen Wäscheberg, der sich in der Ecke des Badezimmers türmte.
    Schnell stieg sie unter die Dusche und drehte das warme Wasser auf. Sie spürte, wie sich ihre Muskeln entspannten, und genoss das wohlige Gefühl, das sich bei ihr immer nach dem Laufen einstellte. Manchmal dachte sie, dass sie eigentlich nur lief, weil sie sich danach so wunderbar schön, stark und unverletzlich fühlte. Zumindest für die nächsten zwei Stunden.
    Sie dachte an den Termin im Frankfurter Kommissariat. Gott sei Dank nahmen nur dieser Herr Wolf und ein Kollege an dem Gespräch teil und es war keine große Gesprächsrunde. Viele Menschen in einem Raum hatten ihr schon immer sehr zu schaffen gemacht. Auch noch vor ihnen zu reden, war fast die Höchststrafe. Juliane hatte sich des Öfteren verzweifelt gefragt, warum sie bloß einen Beruf gewählt hatte, der sie mit schöner Regelmäßigkeit dazu zwang, vor fremden Menschen zu sprechen.
    Sobald sie reden musste, alle Blicke auf sich gerichtet fühlte, geschah es: Zunächst spürte sie, wie ihr warm wurde, dann begann ihr Gesicht zu glühen und Ihre Wangen färbten sich mit Sicherheit von Pastellrosa bis hin zu dem kräftigen Rot einer ausgereiften Tomate, zumindest, wenn die Hitze in ihrem Kopf ein Gradmesser für die Färbung in ihrem Gesicht war.
    Das Schlimme daran war, obwohl sie gar keinen Grund hatte, so rot zu werden – sie beherrschte ihr Fachgebiet und wusste, was sie sagen wollte – passierte es dennoch. Allein das Gefühl, dass alle Gesichter sich ihr zuwandten, reichte dafür aus.
    Wie würde es diesmal sein? Was sollte sie anziehen? Sie entschied sich für ihre dunkelblaue Lieblingsjeans und eine weiße Bluse sowie den türkisfarbenen Kaschmirpullover, den sie sich zum letzten Geburtstag geschenkt hatte.
    Kurz nach zehn machte sie sich auf den Weg nach Frankfurt, nachdem sie den Mädchen noch einen Zettel geschrieben hatte, dass sie nicht wüsste, wann sie zurückkommen würde, und sie sich von den zwanzig Euro, die sie auf dem Tisch deponiert hatte, etwas zum Mittagessen kaufen sollten.
    Wolf Gärtner und Paul Kunkel saßen im Besprechungsraum. Nicolic und Lakmann waren, bereits mit neuen Aufgaben betraut, gegangen. Das Obduktionsergebnis von Dr. Schenkelberg bestätigte, dass Weishaupt am Abend seines Todes noch Geschlechtsverkehr gehabt hatte. Ein Vergleich der DNA-Proben im Zentralcomputer hatte kein Ergebnis gebracht. Nicolic hatte im Computer und in den Unterlagen von Weishaupts Büro, die Kunkel ihm überlassen hatte, nichts Außergewöhnliches gefunden. Lakmann hatte den Taxifahrer für ein Phantombild ins Präsidium bestellt und versuchte nach wie vor einen Kontakt zu dem Projektleiter der CIP herzustellen. Die Konten von Weishaupt hatten keine besonderen Unregelmäßigkeiten gezeigt, außer dass er regelmäßig alle zwei Monate einen größeren Geldbetrag abgehoben hatte, zuletzt am Dienstag. Die Anfrage beim Finanzamt lief noch.
    Paul studierte gerade seine Notizen in dem kleinen schwarzen Buch, als es klopfte und Juliane Freund den Raum betrat. Ihre Blicke trafen sich. Er spürte, dass er unsicher wurde, und senkte den Kopf, als ob er etwas in seinem kleinen schwarzen Buch suchen würde. Er bemerkte, dass Gärtner neben ihm aufstand, und hörte so etwas wie eine Begrüßung und seinen Namen. »Paul, möchtest du die Kollegin nicht begrüßen?, Paul?«
    Er brachte keinen Ton heraus, als sie sich die Hand gaben. Wie zugeschnürt dachte er.

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