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Betongold

Betongold

Titel: Betongold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Westerhoff
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an, in der er aussah wie das berühmte Michelinmännchen, verschloss die Wohnungstür und zwängte seine 120 Kilo Lebendgewicht in den kleinen Aufzug. Zweimal war er schon steckengeblieben. Dieses Mal hatte er Glück. Vielleicht ein gutes Omen, dachte er. Am Innsbrucker Platz stieg er in die U-Bahn, nachdem er sich im Supermarkt noch eine Dose Cola und 3 Tafeln Schokolade besorgt hatte. Schokolade war gut für die Nerven.
    Am Potsdamer Platz stieg er aus. Ein eisiger Wind blies ihm ins Gesicht, als er mit drei Tafeln Schokolade und einer Dose Cola im Bauch die Stufen vom U-Bahnhof hinaufstapfte. Oben angekommen musste er rülpsen. Auf der gegenüberliegenden Seite sah er die roten Buchstaben des Vapiano leuchten. Da gehe ich nachher hin und gönne mir eine Riesenportion Pasta sagte er sich. Es war kurz vor neun. Die Baustelle lag etwas abseits in der Leipziger Straße, gegenüber vom Finanzministerium. Er sollte in den zweiten Stock kommen, hatte Deep Throat gesagt, im Bauzaun sei eine Lücke, durch die er hindurchschlüpfen könne. Deep Throat kannte ihn wohl nicht. Er fand zwar die Lücke, aber von Durchschlüpfen konnte keine Rede sein.

    Winter versuchte den Zaun wegzuschieben, jetzt hatte er einen Spalt von einem halben Meter. Er zwängte sich durch den Spalt, seine Michelindaunenjacke verhakte sich in den Metallzinken. Er steckte fest. »So ein Mist«, fluchte er und drückte sich durch die Lücke. Ein riesiges Daunenloch klaffte in seiner Jacke. »Wenn Deep Throat keine echten Beweise hat, kann er mir die Jacke bezahlen.« Seine Hände waren eiskalt. Er schaute sich um, niemand war zu sehen.
    Er griff nach hinten an das Diktiergerät und drückte den Aufnahmeknopf. Anschließend die Kurzwahltaste 1 auf seinem Handy, die Verbindung zu Karsupke.
    Â»Hallo?«
    Â»Ich gehe jetzt rein, ab jetzt Funkstille.«
    Â»O.K.«
    Im Erdgeschoss hatte er noch etwas Licht von der gegenüberliegenden Straßenlampe, doch ab dem 1. Obergeschoss war es stockdunkel. An dem provisorisch angebrachten Treppengeländer tastete er sich Stufe für Stufe nach oben.
    Â»Hallo? Deep Throat? Wo sind Sie?«
    Er musste jetzt im zweiten Stock sein. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit. Kalter Wind pfiff durch das Gebäude. Ein Lichtstrahl am Ende des Flurs. Er ging schneller.
    Â»Deep Throat?«
    Das Licht war eine Baulampe. Daneben eine große Wandöffnung, abgesichert mit zwei Brettern. Hier kommt wohl der Aufzug hin, dachte er sich und blickte nach unten. Hab ich doch recht, bestätigte er seine Vermutung, als der die zahlreichen Eisenstangen sah, die senkrecht in die Höhe betoniert waren. Ahnte er, dass er gleich dort unten liegen würde? Winter drehte sich noch um, doch den Stoß konnte er nicht mehr abfangen. Er krachte durch die Bretter, versuchte sich noch festzuhalten, es gab keinen Halt mehr. Gleich bin ich tot, dachte er, aufgespießt von Eisenstangen. Karsupke hörte einen Schrei, dann ein Knacken in der Leitung. Die Verbindung war unterbrochen.
    Â»Thomas? Hallo?«
    Paul und Lea hatten das Vapiano verlassen. Das Essen hatte ausgesprochen gut geschmeckt. Paul hatte Spaghetti aglio e olio bestellt, das nahm er immer, wenn es auf der Speisekarte stand, denn er war der Überzeugung die besten selbst zubereiten zu können und prüfte dann, ob er recht hatte. Meistens hatte er recht, fand er zumindest. Entweder waren die Nudeln zu weich, oder zu hart, der Knoblauch zu intensiv oder zu schwach, meistens war es zu kalt. Dieses Mal jedoch gab es nichts zu mäkeln, vielleicht lag es auch an der Anwesenheit von Lea und dem Gespräch, welches sie geführt hatten.
    Sie hatte sich verändert im letzten Jahr, war eine erwachsene und selbstbewusste junge Frau geworden. Manche im Lokal hatten ihn sicher für einen Sugar Daddy gehalten. »Arsch geleckt«, dachte er, »Was interessiert mich, was andere von mir denken.« Zum Essen hatte er eine Flasche Rosé bestellt. Sie redeten über die Gegenwart und Zukunft. Irgendwann, nach der zweiten Flasche Rosé waren sie auch bei der Vergangenheit angekommen. Konnte sie sich an einige wichtige Einzelheiten in der Zeit der Trennung nicht mehr erinnern? Wollte sie es nicht?
    Â»Hast du mich damals eigentlich gefragt, ob ich mitkommen will nach Frankfurt?«
    Â»Ja, das habe ich, aber du wolltest in Berlin bleiben, bei Mama. Hat sie dir das nicht

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