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Betreutes Wohnen: Ein WG-Roman (German Edition)

Betreutes Wohnen: Ein WG-Roman (German Edition)

Titel: Betreutes Wohnen: Ein WG-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Bartel
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Lippen. ›Es ist gut, dass es vorbei ist‹, sagte er. Das waren seine letzten Worte.«
    Ich hab’s geschafft. Malschowski und Pinscher haben angefangen zu heulen. Der tätowierte Hüne starrt in den Himmel, während ihm dicke Tränen die Wangen herunterlaufen, und Pinscher wiederholt immer wieder Sassaris letzte Worte, bis er von Weinkrämpfen geschüttelt wird. Jetzt muss ich nur noch ein gutes Ende finden, dann lasse ich die beiden zu Ehren von Kamerad Sassari einmal im Stechschritt um den Dom marschieren und nehme den nächsten Regionalzug Richtung Waldbröl. Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist.
    »Ich flocht mir also ein Seil aus Büstenhaltern, die vor dem Krieg im Angebot gewesen sein mussten, weil sie zu Hunderten um die umgestürzten Grabbeltische herumlagen, und band das Seil am Fensterkreuz fest. Wir umarmten uns ein letztes Mal, und während Sassari sich mit wütendem Kampfgeheul dem Feind entgegenwarf, seilte ich mich aus dem Fenster ab. Blöderweise sind die BHs gerissen und seitdem bin ich querschnittsgelähmt.«
    Was für ein bescheuertes Ende. Ich habe mein Blatt erzählerisch vollkommen überreizt und das merken sogar meine beiden Rekruten. Sie glotzen mich blöde an, die Stimmung kippt. Malschowski wischt sich grimmig die Tränen weg und knautscht mit einer Hand seine Dose zu Klump. Verdammt, ich hätte die Damenunterwäsche weglassen sollen, die muss mein Unterbewusstsein in die Geschichte hineingemogelt haben. Diese Selbsterfahrungstrips sind aber auch eine fiese Angelegenheit, man erfährt hauptsächlich Sachen über sich, die man eigentlich gar nicht wissen wollte. Ich, zum Beispiel, bin ein manischer Lügner mit Hang zu Militarismus und Damenunterwäsche. Hätte ich auch nicht ohne Weiteres vermutet, grüble ich, doch Malschowski entbindet mich von weiterer Seelenzergliederung.
    »Det jloob ick dir nich, Freundchen«, röhrt er und tippt mir leicht gegen die Brust.
    Ich falle samt Rollstuhl hinterrücks um, bin aber geistesgegenwärtig genug, keine unbedachten Bewegungen mit den unteren Extremitäten zu machen, außerdem bildet sich mein linkes Bein immer noch ein, den Heldentod gestorben zu sein.
    »Es ist gut, dass es vorbei ist«, murmele ich, bleibe wie ein Käfer auf dem Rücken liegen und harre meines Endes, das in Gestalt eines feisten und angetrunkenen Racheengels aus dem Brandenburgischen auf mich herabschielt.
    Doch in diesem Moment blitzt es, grellweiße Lichter tanzen vor meinen Augen und für einen Moment sehe ich den toten Kameraden Sassari, der seine Hand nach mir ausstreckt. Er kommt mich holen, wir werden gemeinsam in Walhall sitzen und unter Büstenhaltergirlanden Met trinken. Soll mir recht sein. So scharf bin ich nun auch wieder nicht auf Zivildienst.
    Doch letzten Endes steht bloß der grinsende Rufus Thelmann über mir. Ich habe ihn noch nie lächeln sehen, fällt mir auf, aber diesmal ist er sichtlich enthusiasmiert. Der letzte Popper schwenkt die Frisur, hält einen Fotoapparat in der Hand und damit die beiden Rekruten in Schach.
    »Wir ham nüscht jemacht«, jault Pinscher, während der letzte Popper weiter Fotos aus der Hüfte schießt. Thelmann hat sich als Mitarbeiter einer großen Boulevardzeitung ausgegeben, der er in der Tat kurze Zeit später sein wird, bis er auf der A4 auf dem Weg zum Tätermutterinterview eine Marienerscheinung haben wird. Daraufhin wird er seinen Porsche samt Koksresten im Handschuhfach zum Schleuderpreis verkaufen und in einem indischen Lepradorf anheuern. Aber noch steht er mit seiner Kamera vor dem Kölner Hauptbahnhof und betreibt schonungslos investigativen Journalismus, dass sich die Balken biegen. Dass die beiden Wehrpflichtigen aus dem Osten sind, hat er schon herausbekommen.
    »Gemeine Ossis überfallen wehrlosen Behinderten«, titelt er dröhnend in die Öffentlichkeit, und die reagiert umgehend. Wenn die Öffentlichkeit in der Überzahl ist, kann sie nämlich ganz schön Zivilcourage zeigen. Eine Horde Rentner aus dem Bergischen Land ist von dem Lärm angelockt worden, sie wollten in der Großstadt etwas erleben und endlich geht ihr Wunsch in Erfüllung.
    »Sind unsere Straßen noch sicher?«, fragt Thelmann, ein paar Rentner schütteln den Kopf, aber der letzte Popper setzt nach: »Sind unsere Straßen noch sicher«, wiederholt er, »wenn sich sogar im Angesicht des heiligen Doms die ostdeutschen Horden breitmachen?« Thelmann hat sogar einen rheinischen Zungenschlag angenommen, obwohl er aus Iserlohn stammt. Jetzt

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