Betrüg mich!
Traum.” Ich wollte ihm nicht sagen, dass ich nach meiner Hochzeit meine Träume auf Eis gelegt hatte. “Ich unterrichte gerne. Es ist nicht so, als würde ich irgendwas vermissen. Und wenn ich kreativ sein will, male ich.”
Jetzt war Peter derjenige, der beeindruckt wirkte. “Dann bist
du
eine Künstlerin.”
“So weit würde ich nicht gehen, aber ich male gerne.”
“Hattest du schon mal eine Ausstellung?”
“Eine Ausstellung?” Meine Augen weiteten sich überrascht. “Wohl kaum. So gut bin ich nicht.”
“Lässt du mich deine Bilder sehen?”
“Das meinst du nicht ernst.”
“Natürlich meine ich das ernst.”
“Ich bin nicht besonders gut oder so.”
Einen Moment lang herrschte Stille. Dann fragte Peter: “Dein Mann hat sich für deine Bilder nicht interessiert?”
“Ach nein”, erwiderte ich leichthin. “Nicht so richtig. Also, er hat es nicht gehasst, wenn ich malte, aber für ihn war es nur ein Hobby. Mehr nicht.”
“Und für dich ist es mehr.” Es war eine Feststellung, keine Frage.
Ich hatte so lange nicht über meine Träume nachgedacht. Ich hatte sie hinter mir gelassen. Aber es gab eine Zeit in meinem Leben, da glaubte ich, dass ich einen kreativen Weg beschreiten würde; entweder Malerei oder Schauspielerei. Stattdessen hatte ich mich entschieden, Lehrerin zu werden. Ein sicherer Karriereweg.
“Wie ich schon sagte”, fuhr ich fort. “Ich male gerne, aber ich bin kein Profi.”
Wir verstummten. Peter begriff offenbar, dass ich über das Thema nicht reden wollte.
Mein Blick ging an ihm vorbei und blieb an einem Foto hängen, das in einem Silberrahmen auf seinem Nachttischchen stand. Eine hübsche schwarze Frau und ein dunkelhaariger weißer Mann saßen nebeneinander, ihre Wangen aneinandergedrückt. Auf beiden Gesichtern zeichnete sich ein breites Lächeln ab.
“Sind das deine Eltern?”, fragte ich.
Peter drehte den Kopf und folgte meiner Blickrichtung. “Ja.”
“Was für ein schönes Paar”, sagte ich wehmütig und dachte an meine eigenen Eltern. Hatten ich sie je so verliebt erlebt? “Sie sehen glücklich aus.”
“Das waren sie. Sie waren sehr glücklich.”
“Sie waren?”, fragte ich.
Peter nickte. “Ja. Sie sind gestorben.”
Mein Atem stockte. “Oh Peter. Das tut mir so leid.”
“Es ist nicht dein Fehler”, erwiderte er. “Und ich habe Frieden damit geschlossen. Sie starben zusammen. So hätten sie es gewollt.”
Ich streichelte Peters Gesicht. “Das klingt tragisch.”
“Sie starben bei einem Hausbrand. Ich glaube, mein Vater hat versucht, meine Mutter zu retten. Dabei ist er selbst ums Leben gekommen.”
Erneut streichelte ich Peters Gesicht. Mit meiner Berührung drückte ich ihm mein Mitgefühl aus. “Es tut mir leid.”
“Sie waren im Leben unzertrennlich, und nun sind sie im Tod vereint.”
“Ich denke, das ist eine gute Art, es zu betrachten”, sagte ich leise.
“Was ist mit deinen Eltern?”
Die Erwähnung meiner Eltern ließ Bitterkeit in mir aufsteigen. “Mein Vater ist tot. Verkehrsunfall. Aber sie waren nie so glücklich wie deine Eltern auf dem Foto.” Ich verschwieg ihm, dass meine Mutter meinen Vater für einen anderen Mann verlassen hatte und er mit gebrochenem Herzen starb. “Meine Mutter hat wieder geheiratet und lebt in Kalifornien.”
“Hast du Geschwister?”
“Ich habe einen älteren Bruder. Vor elf Jahren war er in England im Urlaub und lernte eine Frau kennen. Er zog zu ihr, und sie sind seitdem glücklich verheiratet. Und du? Hast du Geschwister?”
“Drei Brüder, zwei Schwestern. Alle älter als ich.”
“Wow.”
“Sie leben in Italien, in der Nähe von Rom. Bis vor acht Jahren habe ich auch dort gelebt.”
“Was hat dich nach Amerika geführt?”
“Ich lernte online jemanden kennen und kam her, um sie zu besuchen. Ich blieb zwei Monate. Wir trennten uns, aber da hatte ich mich schon in Orlando verliebt und wollte bleiben.” Peter zögerte. “Ich wollte einen Neuanfang. Es war das Jahr, in dem meine Eltern starben, und danach fiel es mir schwer, in Italien zu bleiben.”
“Natürlich”, bemerkte ich verständnisvoll.
“Lass uns über etwas anderes reden”, schlug er vor.
Ich nickte. Ich konnte es ihm nicht übel nehmen, wenn man bedachte, dass er seine Eltern auf so tragische Weise verloren hatte.
“Wie viele Freunde hattest du, bevor du geheiratet hast?”, wollte Peter wissen.
“Das nenne ich mal einen Themenwechsel.”
“Willst du es mir nicht sagen?”
“Ich
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