Betthupferl: Roman (Fraueninsel-Reihe) (German Edition)
hat?«
Der Chiemseegorilla nickt wie ein Lämmchen, steckt sich einen kleinen Lederbeutel in die Hosentasche und verzieht sich.
»Also, mein Kind?«
Ich warte, bis ich Bastis Kopf draußen vor dem kleinen Fenster neben der Tür auftauchen sehe, und erzähle dann bedrückt: »Na ja, ich dachte, ich kann auf die Schnelle herausfinden, wo Tante Caro steckt, und dann wieder fahren. Aber irgendwie dauert alles so lang, außerdem ist mein Computer im Eimer, und ich bin es nicht gewöhnt, dass nichts vorwärtsgeht.«
»Hm. Dein Computer ist kaputt. Und du bist es nicht gewohnt, nichts zu erreichen. Wie lange bist du denn schon hier?«
»Schon fast einen ganzen Tag!«
»Einen ganzen Tag«, wiederholt Schwester Sebastiana.
»Ja, und ich habe immer noch nichts herausgefunden!«
Die Klosterfrau ist die Ruhe selbst, das Gesicht im Schatten ihres Schleiers, die Hände unter ihrem Umhang verborgen. »Du hast immer noch nichts herausgefunden.«
»Ich meine ja nur, ich will nach dem Wochenende wieder in München sein.«
»Nach dem Wochenende.«
»Ja, okay. Das Wochenende ist vielleicht nicht der ideale Moment, um Nachforschungen anzustellen, gerade hier auf dem Land, aber trotzdem …«
»Nicht der ideale Moment«, wiederholt Schwester Sebastiana, so sanft, dass ich ihr nie zutrauen würde, dass die Sache mit der Wiederholerei ein Psychotrick ist, um mir zu beweisen, dass ich mich wohl einfach ein bisschen verschätzt habe, was meine detektivischen Fähigkeiten und die Insel angeht.
»Na ja, was soll’s. Anscheinend ticken die Uhren hier wirklich anders.«
Ich setze mich wieder auf das Lager und lasse die Hände mutlos auf meine Oberschenkel klatschen. »Ich glaube einfach, dass Tante Caro nach ihrer Entlassung aus der Klinik nur in den Urlaub gefahren ist. Jeder hier weiß, dass sie früher im Winter immer in den Süden gefahren ist, aber keiner kann mir sagen, wohin genau. Das gibt’s doch nicht! Noch nicht einmal ihre Freundin! Was reden denn die Leute hier eigentlich miteinander?«
»Tja, was reden die Leut hier miteinander?«
Die Frage bleibt unbeantwortet, denn Schwester Sebastiana reicht mir die Hand und sagt: »Ich muss jetzt in die Laudes.«
Ich bin einigermaßen froh, sie und ihre nutzlose Wiederholerei loszuwerden. Durch das kleine Sprossenfensterchen neben der Werkstatttür sehe ich die struppige Silhouette von Bastis Haaren mit dem Seppelhut drauf. Die Klosterschwester und er stecken die Köpfe zusammen. Ob Schwester Sebastiana beim Basti auch alles wiederholt? Ich schleiche auf Strumpfsocken an den offenen Türspalt, immer die zwei Köpfe im Fenster im Blick, aber höre erst einmal nichts, nur das Klicken eines Feuerzeugs und Basti, wie er tief einatmet. Aber dann fragt die Schwester Sebastiana: »Mit der Caroline, kannst du ihr da nicht helfen? Da wird sich die Kleine allein die Zähne ausbeißen.«
»Wieso ausgerechnet ich?«, antwortet Basti mürrisch, eine Rauchwolke vor dem Gesicht. »Ich bin sicher nicht der Einzige hier auf der Insel, der weiß, wo sie im Winter immer war.«
»Aber die wenigsten werden es zugeben, dass sie es wissen, du schon, denn du hast andere Sorgen. Also, verlass deinen Bau, und geh auf Josepha zu!«
»Das ist kein Bau, das ist eine Werkstatt«, trotzt der Gorilla in einer noch tieferen Stimme als sonst.
»Du weißt schon, was ich meine«, sagt die Klosterfrau mit ihrer ruhigen Art. »Ich muss jetzt wirklich in die Laudes. Mach’s gut.«
Aha! Der weiß also doch mehr als ich! Ich hatte allerdings nicht erwartet, dass er mit einer einzigen Drehung wieder in der Tür stehen würde und mich auf meinem Lauschposten erwischt, aber auch gut, dann kann ich ihn gleich mit dem Gehörten konfrontieren.
»Wohin ist denn die Tante Caro gefahren, hm?«, herrsche ich ihn deswegen an und stemme die Ellbogen in die Seiten. Basti baut sich ganz dicht vor mir auf und schaut auf mich runter.
»Hast du gerade deine Ohrwascheln aufgesperrt bei Sachen, die dich nix angehen, oder was?«
Er ist ziemlich pissed , würde Oliver sagen, auch wenn Basti im Gegensatz zu mir nicht die Stimme hebt.
»Das war ja nicht schwer. Also, wohin ist sie gefahren?«
»In den Süden.« Basti schaut ein paar Zentimeter über mir ins Leere. Er muss dazu noch nicht einmal den Kopf heben, und das nervt mich noch mehr.
»Wohin in den Süden?«
»Na, in den Süden halt.«
»Kannst du mir das nicht genauer sagen?«
»Das muss ich mir erst überlegen.«
»Dann überleg, und zwar
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