Betthupferl: Roman (Fraueninsel-Reihe) (German Edition)
im Schloss!«, kräht die Emerenz. »Im Westflügel!«
»Ja, und vorher, bevor das fertig war? Der muss doch die Herreninsel und dann die Baustelle besichtigt haben!«
»Ja, ich weiß ned, der wird halt gleich wieder heimgefahren sein!«
»München–Herreninsel und zurück, an einem Tag?«, macht sich jetzt der Boni über die Königstreue lustig. »Vielleicht mit dem ICE? Ah geh, Emerenz, des is doch damals gar ned gangen, des war doch viel zu weit!«
»Wo könnte er denn hier übernachtet haben? Gab es das Hotel oben schon?«, frage ich den Hans Leutheuser.
»Ja. Bei uns oben könnt er schon geschlafen haben, aber das tät mich wundern. Das Hotel hätte das sicher an die große Glocke gehängt.«
»Vielleicht hat er im Kloster übernachtet«, meint Schwester Sebastiana. »Wir haben auch ein Gästehaus.«
»Im Kloster? Unsere Hoheit, unter lauter Pinguinen, Tschuldigung Schwester, Nonnen mein ich natürlich? Na«, der Boni schüttelt den Kopf, »ich glaub, des war nix für unseren Kini.«
»Wer hat denn die Pension geführt, bevor Tante Caro sie übernommen hat?«, frage ich die alte Lechnerin.
»Dem Schmied seine Oma«, meint sie und zeigt auf den Basti, und als der keine Anstalten macht, etwas dazu zu sagen, sondern nur einen Löffel in der Hand hin und her dreht, ergänzt sie: »Und davor ihre Mutter, die Uroma vom Basti, und so weiter. Nur, in der Generation von seinem Vater waren’s dann nur Burschen, und die sind dann alle Schmied geworden, oder Pfarrer, wie’s halt war bei den Sterzingers in der Familie.«
»Genau, und dann hat die Bixlmadam die Pension übernommen«, meint der Boni eifrig.
»Du meinst damit Tante Caro? Was ist denn eine Bixlmadam? Das hab ich schon mal gehört und wurde nicht schlau draus«, erkundige ich mich.
»Tütürütütü«, pfeift der Boni vor sich hin, und alle anderen schauen in die Luft oder in ihre Johannisbeerschorlen. Nur der Schweizer und ich sehen uns an und zucken die Schultern.
»Jetzt sag dem Kind doch mal jemand Bescheid«, flüstert Schwester Sebastiana Richtung Insulaner.
»Eine Bixlmadam«, erklärt mir Kati vorsichtig, »ist eine vornehme oder nicht ganz so vornehme Dame, die moralisch nicht hundertprozentig auf der Höhe ist.«
»Und so eine soll Tante Caro gewesen sein?«
»Ja«, meint jetzt der Basti, steht auf und stellt sich neben mich, dass er mich am Arm fassen kann, »wegen der Liebschaft mit meinem Onkel. Dem Franz.«
»Und der war nicht Schmied, der war …«
»Pfarrer. Genau.«
»Aber des is natürlich nichts geworden«, kräht jetzt die Emerenz und steht ebenfalls auf und drängelt sich vor den Basti, sodass sie näher an mir dran steht, »da hat der Herrgott schon ein Auge drauf gehabt!«
»Ach wo, der Herrgott«, kommt jetzt die Lechner Anneliese ebenfalls nach vorn und stemmt die Hände in die Hüften, »deine Mutter hat ein Auge drauf gehabt, weil die nämlich genauso eine Pritschen gewesen ist wie du! Und die hat’s dem Bischof gesagt, und der hat dann den Franz versetzt. Und die Caro hat mit dem Ofenrohr und mit gebrochenem Herzen ins Gebirg geschaut!«
Ich lasse kurz das Kinn auf die Brust sinken und blinzle ein bisschen unter den Neuigkeiten, die da auf mich abgefeuert werden. Boni nimmt ein Bild von der Wand und hält es mir hin, es steckt ein altes Schwarz-Weiß-Foto darin, mit gezacktem Rand. Das muss sie sein: Tante Caro an einem Biergartentisch. Fesch sieht sie aus, mit hochtoupierten schwarzen Haaren und schicker Sonnenbrille, in die Kamera lachend. Neben ihr ein breitschultriger Mann, schwarzer Anzug, weißer Kragen. Ein schöner Mann mit einem sehr ernsten Gesicht.
»Das Bild habe ich noch nie gesehen«, wundere ich mich.
»Doch, das hängt da schon immer«, versichert mir die Lechner-Oma, »auch schon, wie du klein warst.«
Sie nimmt mir das Bild vorsichtig aus der Hand, um es wieder zurückzubringen, und ich sehe in der Tat genau, wo es einen weißen Fleck an der Wand hinterlassen hat.
»Ich hatte ja keine Ahnung«, meine ich leise. »Mich hat das früher nicht interessiert.«
»Pubertärer Tunnelblick«, meldet sich Basti von der Seite, und ich zucke ein bisschen zusammen. Jetzt, wo ich weiß, wie lieb er sein kann, bin ich wirklich getroffen von seiner Kritik. »Neben dir hätte ein Hund kleine Katzerl werfen können, du hättest es nicht gemerkt.«
Die Lechnerin muss meinen betretenen Blick gesehen haben, denn sie drückt meine Hand mit ihren knotigen Fingern.
»Aber das macht nix, Sefferl. Jetzt samma ja
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