Betthupferl: Roman (Fraueninsel-Reihe) (German Edition)
entgegen. Basti wendet sich zum Gehen, und meine Knie werden ein bisschen zittrig. Gleich ist er weg. Komisch. Morgens, wenn sich mein Gehirn einschaltet, kann ich diesen Typen immer nicht mehr leiden, und am Ende des Tages werde ich innerlich weich wie ein Marshmallow.
»Basti?«, rufe ich.
»Hm?« Er dreht sich noch einmal um.
»Diese Chroniken, ich meine, die alten Gästebücher von deiner Uroma und Ururoma – gibt es die noch?«
Basti kommt ein paar Schritte zu mir zurück. »Bestimmt. Bei mir im Schuppen sind viele alte Kisten. Könnt halt sein, dass die recht feucht geworden sind.«
»Oh.«
»Bisserl spät, um sie jetzt noch zu suchen, oder?«
»Ja. Viel zu spät.«
»Also, gute Nacht.
»Gute Nacht. Aber, Basti?«
»Hm?«
»Würdest du sie denn auf Anhieb finden?«
»Kann ich nicht sagen. Wieso, willst mir dabei helfen? Jetzt noch?«
»Ähm …« Ich überlege kurz, aber angestrengt und komme relativ schnell zu folgendem Ergebnis: »Ja!« Für den Fall, dass das jetzt zu euphorisch klang, füge ich noch hinzu: »Also, ich kann natürlich nicht schon wieder bei dir übernachten. Aber was wir haben, das haben wir, oder?«
»Freilich«, sagt der Basti, hebt seinen Arm, und ich schlüpfe darunter und ziehe die Haustür hinter mir zu.
Basti muss die Tür zum Schuppen erst frei schaufeln, denn es ist mehr Neuschnee gefallen, und ich helfe ihm dabei. Die Bewegung tut mir gut, ich spüre die Anstrengung in den Oberarmen und im Kreuz. Als ich merke, dass Basti mir zusieht, lade ich mir noch mehr Schnee auf die Schaufel, schließlich bin ich ein starkes Mädchen, aber das hat auf der Insel bisher nur Janni zu spüren bekommen. Die Kisten sind zugenagelt und liegen auf einem Zwischenboden unter dem Dach des alten Schuppens, und wir heben sie auf einen Handwagen. Während Basti eine Ecke dafür frei räumt, stromere ich ein bisschen in der Werkstatt herum.
»Was wird das denn?«, frage ich und deute auf ein Gitter, das neben dem Amboss lehnt. »Ein eisernes Babybett?«
»Nein, das ist für deine Tante. Wenn sie nach Hause kommt, braucht sie ein Gitter um ihr Bett, damit sie sich nachts nicht verletzt.«
»Oh, finde ich gut. Und was ist das? Hast du das gemacht?«
Ich streiche über ein Rad, durch das ein Pfeil führt, die obere Spitze zu einer Lilie geschmiedet.
»Nein, das ist nicht von mir, das ist von einer meiner Studentinnen. Ihre Abschlussarbeit. Eine Sonnenuhr.«
»Abschlussarbeit? Studentinnen?« Ich starre Basti an, als würde ich ihn zum ersten Mal sehen. »Du warst an der Uni, weil du unterrichtest ?«
»Logisch. Skulpturelles Schmieden.«
Ich sehe die hübschen Parkamädchen wieder vor mir, die um Basti herumstanden, als wir ihn an der Akademie abholten, die Lechner-Oma und ich, und habe auf einmal sauschlechte Laune.
»Interessant«, schnappe ich und kicke wütend an den Amboss, um zu sehen, ob er so hart ist, wie er aussieht. »Warum hast du mir das nicht erzählt?«
»Hättest du es denn cool gefunden, wenn ich dir erzählt hätte, dass ich an der Kunstakademie der Professor Sterzinger bin?«
»Natürlich!«, rufe ich und reibe mir den großen Zeh (der Amboss ist in der Tat so hart, wie er aussieht). »Denn das heißt ja, dass du so etwas wie ein etablierter Künstler bist!«
»Siehst du. Das hätte dich total beeindruckt, du arrogantes Stadtmädl«, meint Basti halb ernst, halb im Spaß. »Und genau deswegen hab ich’s dir nicht erzählt.«
Ich lasse ein bisschen den Kopf hängen, aber Basti setzt seine Predigt nicht fort, stattdessen entschuldigt er sich bei mir und verschwindet, und ich habe genug Zeit, herumzustehen und nachzudenken. Ich höre die Klospülung, einmal, zweimal, und Basti klappert die Treppe wieder herunter und hält sich den Bauch.
»Ich glaub, ich brauch noch was Gescheites in den Magen.« Basti grinst auf mich herunter. »Dein Curry, unter uns Gebetsschwestern, das war unter aller Sau.«
Ein paar Minuten später sitzen wir bei ihm in der Küche, vor Basti ein Holzbrett mit zentimeterdick geschnittenem rohem Rauchfleisch, Schüttelbrot und Butter, und vor mir eine Blechtasse Veuve Clicquot.
»Warum hast du eigentlich so viel Champagner, wo du doch selbst nichts trinkst?«
»Hätt für eine Hochzeit sein sollen«, meint Basti und erdolcht mit der Spitze seines Brotzeitmessers einen gewaltigen Quader des sehr speckigen Specks.
»Simone?«, frage ich.
»Ja«, sagt er und presst die Lippen kurz aufeinander.
Ich lege die Hand um die kellergekühlte Flasche
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