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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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aus Platz- oder Sicherheitsgründen. So unvermutet, daß es für den Agenten zu überraschend kam, schlug ich einen Haken um ihn herum und rannte zu Miranda.
    »He!«
    Sie konnte nicht mehr zu mir sagen als: »Noch etwas in der Spritze …«, und dann packte mich der Agent und zerrte mich mit grimmiger Entschlossenheit in das Flugzeug. Sein Griff zerquetschte mir fast den Arm.
    Ich beachtete es nicht. Noch etwas in der Spritze…
    Das ganze Ausmaß des Projekts, hatte sie zu Drew Arlen gesagt.
    Also nicht nur der Zellreiniger, der für sich allein schon phantastisch genug war. Nicht bloß der. Sondern noch etwas anderes.
    Irgendeine andere biologische Technik: revolutionär, verblüffend. Unvorstellbar.
    Noch etwas anderes.
    Um den Zellreiniger zu perfektionieren oder zu testen, dazu hätte Huevos Verdes nicht dieses komplizierte unterirdische Labor einrichten müssen. Dieses Stadium hatten sie schon lange hinter sich gebracht, wie es bei der Verhandlung vor dem Wissenschaftsgericht im letzten Herbst ganz offen zur Sprache gekommen war.
    Huevos Verdes hatte erwartet, vor dem Wissenschaftsgericht den kürzeren zu ziehen. Das war damals beinahe jedermann klar gewesen. Nicht so klar hingegen war die Antwort auf die Frage, weshalb Huevos Verdes in Anbetracht des von vornherein feststehenden Ausganges den Fall überhaupt vorgelegt hatte. Die Antwort lautete: weil Miranda die moralisch beruhigende Bestätigung haben wollte, daß alle legitimen Pfade für dieses größere Projekt verschlossen waren, bevor sie in East Oleanta ihren Bummel auf illegitimen Pfaden beendete.
    Wieviel wußte der Agent? Die höchsten Tiere der AEGS würden natürlich über alles Bescheid wissen. Arlen hatte es ihnen wohl gesagt.
    Diese meine intellektuelle Spekulation dauerte nur einen Moment. Sie wurde fast augenblicklich durch eine eisigkalte Furcht ersetzt, eine Angst, die mir nicht die Knie weich machte, sondern die jeden einzelnen Knochen in mir erstarren ließ, so daß ich den Eindruck hatte, nie wieder zu einem Atemzug, einer Bewegung fähig zu sein.
    Um welches biotechnische Projekt es auch immer sich handelte, für das die SuperS Huevos Verdes gegründet hatten, für das die Komödie vor dem Wissenschaftsgericht aufgeführt worden war, für das Drew Arlen seine Vorstellungen gegeben hatte, für das der Duragem-Spalter nicht gestoppt worden war – was für ein biotechnisches Projekt auch immer die grenzenlosen Energien der SuperSchlaflosen in Anspruch genommen hatte, worum auch immer es sich dabei handelte, ich hatte es gespritzt bekommen. Es war in meinem Körper. In mir. Es wurde soeben zu einem Teil von mir.
    Du hast nicht das Recht, für 175 Millionen Menschen eine Entscheidung zu treffen. Nicht in einer Demokratie. Nicht ohne Grenzen und Gegengewichte…
    Kenzo Yagai hat es getan.
    Ich sank gegen die Flugzeugwand, fing mich aber wieder. Meine Finger waren bläulich vor Kälte. Der Nagel des Mittelfingers war abgebrochen. Die Haut meiner Hand war glatt, wenn man von einem winzigen Schnitt auf dem Zeigefinger absah. Eine eingetrocknete Schmutzspur zog sich in einem langen Bogen vom Handgelenk zu den Nägeln. Meine Hand. Fremd.
    Laut sagte ich zu Miranda: »Was war es?«
    Im Geist sah ich sie den unförmigen Kopf drehen und mich ansehen. Tränen, die nicht fließen wollten, glitzerten in ihren Augen. Sie sagte: »Nur zu deinem Besten.«
    »Nach wessen Definition?«
    Ihr Gesichtsausdruck blieb unverändert. »Nach meiner.«
    Ich fuhr fort, sie anzustarren. Und dann löste sie sich auf, denn natürlich war sie nur eine Illusion, aus dem Schock geboren. Ich sah sie nicht wirklich in meinem Geist; sie würde nie in meinem Geist sein. Es war zu wenig Platz dort.
    Die Maschine hob ab, und ich wurde nach Albany geflogen, um dort vor Gericht gestellt zu werden.
     
    Billy, Annie, Lizzie und ich wurden in die staatliche Jonas Salk-Forschungsklinik in Albany gebracht, ein außerordentlich gründlich abgeschirmtes Gebäude, in dem bemerkenswert viele SicherheitsRobs zirkulierten. Ich wurde in einen gesonderten Korridor geführt und verrenkte mir fast den Hals, um Lizzie auf ihrer fahrbaren Liege nachzublicken, so lange es ging.
    In einem fensterlosen Zimmer wartete Colin Kowalski zusammen mit einem zweiten Mann auf mich, den ich augenblicklich wiedererkannte. Kenneth Emile Koehler, Direktor der Aufsichtsbehörde für die Einhaltung genetischer Standards. Colin schwieg. Ich merkte sofort, daß er das auch weiterhin tun würde; er befand sich nur

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