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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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an den Hals zu hetzen!«
    Aus meinem antiken Rollstuhl starrte ich ihn mit offenem Haß an.
    Er seufzte und ließ sich auf der Kante meines Feldbettes nieder, die Hände auf die schmalen Knie gelegt, den Oberkörper ernst und eindringlich vorgebeugt. »Es ist ungemein wichtig, daß Sie das alles verstehen, mein Sohn. In Zeiten des Krieges mit dem Feinde in Kontakt zu treten, das nennt sich Hochverrat. Also, ich weiß, Sie sind kein regulärer Soldat, wenigstens bis jetzt nicht, Sie sind wohl eher so etwas wie ein Kriegsgefangener, gleichwohl…«
    »Sie wissen aber schon, daß Francis Marion nie so daherredete, nicht wahr?« warf ich brutal ein. »Diese Sprechweise stammt aus einer Zeit vor ungefähr hundertfünfzig Jahren. Aus den damaligen Filmen. Fauler Zauber. Unecht. So unecht wie euer ganzer Krieg.«
    Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. »Also das ist klar, daß General Marion nicht so redete wie ich, Mister Arlen. Denken Sie denn, das weiß ich nicht? Aber es ist nicht so, wie meine Truppe redet, es ist altertümlich und es ist weder die Art der Nutzer noch die der Macher. Und das genügt. Es ist nicht von Belang, wie die Wahrheit ausgedrückt wird. Wenn sie nur ausgedrückt wird.«
    Er blickte mich mit freundlichen, friedfertigen Augen an.
    Ich sagte: »Lassen Sie mich mit meinem Rollstuhl eine Runde drehen. Ich kann Ihren Ansichten nicht auf den Grund gehen, wenn Sie mich in diesem Zimmer hier einsperren. Sie können mir ja eine Wache mitgeben, wie dem Doktor.«
    Hubbley rieb sich die Beule an seinem Hals. »Tja, also, das könnte nicht schaden, denke ich. Die Gefahr ist wohl nicht sehr groß, daß Sie irgend jemanden überwältigen, in dem Rollstuhl da.«
    Die Formen in meinem Kopf veränderten sich abrupt. Dunkelrot, durchsetzt mit Silber. Hubbley und seine Leute hielten die Augen nicht offen genug. Er hatte nicht bemerkt, daß mein Oberkörper hochgradig durchtrainiert war – dank der besten Kampfsportmeister, die um Leishas Geld zu haben waren. Sie hatte meiner jugendlichen Aggressivität ein Ventil bieten wollen.
    Und was war ihm sonst noch entgangen? Auch wenn es Leisha unmöglich gewesen war, meine nicht-Schlaflosen-DNA zu verändern, so hatte sie für mich doch getan, was sie konnte: meine Augen verfügten über eine implantierte Hornhaut mit Zweistärkensicht und Zoom-Fähigkeit, und meine Armmuskeln waren künstlich verstärkt. Vielleicht zählten diese Dinge zu den gottlosen Perversionen, zu den Verbrechen gegen das gemeine Volk aus der Verfassung.
    Ich bemühte mich, träumerisch dreinzusehen. »Kann ich Abigail als Wache haben?«
    Hubbley lachte. »Das bringt Ihnen nichts, mein Sohn! In zwei Monaten wird Abby Joncey heiraten. Damit das Kind einen echten Vater bekommt. Abby hat schon einen Riesenhaufen Spitzen hier irgendwo liegen, für ihr Brautkleid.«
    Ich sah Abigail in ihren Hüftstiefeln und dem zerfetzten Hemd vor mir, wie sie die Raketen gegen das Rettungsflugzeug abfeuerte. Ich konnte sie mir nicht in einem Brautkleid vorstellen. Aber dann fiel mir auf, daß ich mir auch Miranda nicht im Brautkleid vorstellen konnte.
    Miranda. Seit Leishas Tod hatte ich kaum an sie gedacht.
    »Aber ich werde Ihnen was sagen«, fuhr Hubbley fort. »Wenn es Sie schon so nach weiblicher Gesellschaft verlangt, werde ich Ihnen ein anderes Frauenzimmer zuteilen. Aber, Mister Arlen, Sir…«
    »Ja?«
    Seine Augen wurden grauer und härter. »Sie dürfen nicht vergessen, daß dies ein Krieg ist, Sir. Und so verpflichtet wir uns auch für die Hilfe fühlen, die Ihre Stücke bedeuten, sind Sie doch nicht unentbehrlich für uns. Bitte halten Sie sich das stets vor Augen.«
    Ich antwortete nicht. Eine Stunde später ging die Tür auf, und eine Frau trat ein. Sie mußte Campbeils Zwillingsschwester sein: zwei Meter groß und beinahe so muskulös wie er. Ihr kurzes, braunes Haar klebte flach um ein dumpfes Gesicht, das Campbeils massiges Kinn zierte.
    »Bin die Wache, ich.« Eine hohe, gelangweilte Stimme.
    »Hallo! Ich bin Drew Arlen. Sie sind…«
    »Peg. Führ dich bloß anständig auf, du.« Sie starrte mich mit unverhülltem Abscheu an.
    »Aber klar«, sagte ich. »Und was für eine natürliche Kombination von Genen hat dich hervorgebracht?«
    Ihr Abscheu vertiefte sich nicht, schwankte nicht. In meinem Kopf sah ich sie als einen derben Monolithen aus Granit – einen Grabstein.
    »Sie haben doch sicher eine Cafeteria hier, Peg. Dorthin bringen Sie mich jetzt.«
    Sie griff nach dem Rollstuhl und begann

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