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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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nicht einmal so tun konnte, als würde ich essen. Meine Güte, wie sehr ich einen Drink brauchte!
    Er schien überrascht. »Nun ja, Mister Arlen, für gewöhnlich gibt’s kein Nichtstun für die Männer. Aber heute ist Sonntag, der Tag des Herrn. Morgen geht’s wieder zurück zum normalen Training. Auch General Marion kannte den Wert, den die Sonntagsruhe für die menschlichen Lebensgeister hat!«
    Er sah zufrieden auf die Kartenspieler und auf die hingeklotzten Gestalten, die vor dem Rollerrennen hockten. Vermutlich waren sie alle randvoll mit Sonnenschein. Nur in drei Gesichtern in dem ganzen verdammten Raum lag Leben: Joncey und Abigail lächelten einander an, wenn Abby ihre Näharbeit an den wogenden Spitzenbergen unterbrach. Und das dritte Gesicht gehörte Peg.
    »Essen Sie Ihren Eintopf, mein Sohn«, sagte Hubbley wohlmeinend. »Sie brauchen ihn, um bei Kräften zu bleiben.«
    Ich ließ meinen Löffel liegen, wo er war. »Nein«, sagte ich, »dazu brauche ich ihn nicht.«
    Natürlich hatte er keine Ahnung, wie ich das meinte. Aber Peg mit ihrer animalischen Wachsamkeit entging mein Tonfall nicht. Sie starrte mich durchdringend an, bevor sie sich wiederum der Betrachtung von Jimmy Hubbley widmete; ihr dumpfes Gesicht war wie verwandelt von Ehrfurcht und Respekt und der hoffnungslosen, inbrünstigen Liebe des gewöhnlich Sterblichen für einen, der so unerreichbar ist wie ein Gott.

 
     
     
    Buch III
    OKTOBER 2114
     
     
     
     
     
     
     
    »Der Prüfstein für unseren Fortschritt ist nicht die Frage, ob wir zum Reichtum jener beitragen können, die viel haben; es ist die Frage, ob wir jenen genug zuteil werden lassen, die zu wenig haben.«
    Franklin Delano Roosevelt,
    in seiner Antrittsrede zu Beginn
    seiner zweiten Amtsperiode

 
    10
    Diana Covington:
    East Oleanta
     
    Das Bemerkenswerteste an meinem Aufenthalt in einem verkommenen Nest wie East Oleanta war meine Erkenntnis, daß die AEGS tatsächlich nicht wußte, wo Miranda Sharifi steckte: eine modernst ausgerüstete Behörde mit hochqualifizierten Agenten, welch letztere aber offenbar nicht einmal wußten, wo ich steckte. Ich benutzte natürlich keine der Identitäten, die Colin Kowalski mir zur gefälligen Auswahl mitgegeben hatte, und auf dem Weg nach East Oleanta hatte ich bereits dreimal meine Persönlichkeit gewechselt. ›Victoria Turner‹ hatte Dokumente, die sie als Steuerzahlerin beim Finanzamt und als Bürgerin des Staates Texas auswiesen, dazu die Mitgliedskarte des staatlichen Gesundheitsdienstes und Kundenkarten der Bank, in der die Familienstiftung gehortet wurde, etlicher Niederlassungen für allgemeinbildende Software, von Lebensmittelläden… mein Fälscherfreund war gut in seinem Metier. Gut genug, um auch bei Huevos Verdes keinen Verdacht aufkommen zu lassen…? Wer konnte das schon sagen. Aber ich war guten Mutes, daß die AEGS nichts ahnte.
    Das Zweitbemerkenswerteste war, daß ich nicht einfach bei der AEGS anrief und ihnen sagte, wo ich war und was ich vermutete. Ich schrieb das meiner Überheblichkeit zu. Ich wollte einfach sagen können: »Miranda Sharifi befindet sich in einem illegalen GenMod-Labor auf 43° 45’ 16” nördlicher Breite, 74° 50’ 86” westlicher Länge, los, Jungs, schnappt sie euch!«, statt zu sagen: »Also ich denke, sie könnte hier irgendwo in der Gegend sein, aber ich habe keine Beweise dafür.« Wäre ich eine reguläre Agentin gewesen, hätte mein Schweigen als unverzeihlich gegolten. Aber ich war keine reguläre Agentin. Ich war überhaupt nichts Reguläres. Und ich wollte ein einziges Mal in meinem nichtsnutzigen Leben etwas ganz allein schaffen. Das wollte ich wirklich sehr.
    Natürlich wußte ich ebenso wie die AEGS nicht genau, wo sich Miranda befand, obwohl ich den dringenden Verdacht hegte, daß sie sich irgendwo in den Adirondack Mountains in der Nähe von East Oleanta in einer unterirdischen Anlage aufhielt. Aber ich hatte nicht die blasseste Ahnung, wie ich sie tatsächlich finden sollte.
    Bis zu der Sache mit Lizzie Francy.
     
    Ich besuchte Lizzie Francy noch einmal am Abend jenes Tages, an dem ich angefangen hatte, ihr in einfachen Worten die Arbeitsweise von Computern zu erklären, einen Tag, nachdem ich ihr das medizinische Pflaster aufgeklebt hatte. Mir war nicht entgangen, wie Billy Washington die Farbe gewechselt hatte, als ich ihn nach Eden fragte. Der Alte war bei weitem der schlechteste Lügner, der mir je untergekommen ist, und er wußte etwas über Eden. Außerdem war

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