Bettler 02 - Bettler und Sucher
Löffel auf den Tisch.
»Aber…«
»Sie müssen sich mal ein wenig umsehen hier bei uns, mein Sohn«, sagte er friedlich. »Wille und Ideal.« Und stürzte sich wieder auf seinen Fraß, entblößte seine Zahnlücken und schaufelte ihn hinein.
Der Junge kehrte zurück, diesmal mit zwei Bechern. Selbstgebrannter Whiskey. Ich ließ den meinen unberührt stehen, zwang mich aber, von dem Eintopf zu essen. Ich würde die Kraft brauchen. Der Haß strahlte in mir wie tausend Sonnen.
Hubbley brabbelte weiter über Francis Marion. Über seinen Mut, seine militärischen Strategien, seine Art, sich von der Hand in den Mund zu ernähren. »Nicht zu glauben, aber er richtete ein Schreiben an General Horatio Gates, ihm Nachschub zu schicken, ›weil wir doch alle arme Bauern sind, ohne Geld‹. Arme Bauern! Nun, dann sind wir’s eben auch.« Er trank seinen Whiskey aus. Soviel zu Essig und Wasser.
»Die AEGS wird Sie stoppen«, würgte ich hervor. »Oder Huevos Verdes wird es tun.«
Er grinste. »Wissen Sie, was einst Banastre Tarleton, Oberstleutnant in Seiner Majestät Armee, über Francis Marion sagte? ›Was diesen verfluchten alten Fuchs angeht, so kann selbst der Leibhaftige ihn nicht fassen!‹«
»Hubbley«, sagte ich, »Sie sind nicht Francis Marion!«
Augenblicklich wurde er ernst. »Nein, natürlich nicht, mein Sohn. Das kann jeder erkennen, so klar, daß man kein Wort drüber verlieren muß, wenn man nicht von allen guten Geistern verlassen ist. Völlig klar, daß ich nicht Francis Marion bin. Ich bin Jimmy Hubbley. Was ist los mit Ihnen, Mister Arlen? Irgendwas nicht in Ordnung?«
Er beugte sich über den Tisch, sein knochiges Gesicht voller Sorgenfalten.
Ich konnte spüren, wie mir das Herz in der Brust pochte. Er war unangreifbar, so unangreifbar wie Huevos Verdes.
Nach einem kurzen Moment des Schweigens tätschelte er meinen Arm. »Ist schon gut, Mister Arlen, Sir. Die Ereignisse haben sich Ihnen eben ein klein wenig aufs Gemüt geschlagen, das ist alles. Morgen früh sind Sie gewiß wieder der Alte. Es ist eben keine Kleinigkeit, die Wahrheit zu entdecken, nachdem man so lange Zeit Lug und Trug für bare Münze genommen hat. Ist ganz normal. Also jetzt machen Sie sich keine Sorgen mehr. Morgen früh geht’s Ihnen wieder gut. Sie legen sich jetzt schön brav aufs Ohr, und mich entschuldigen Sie bitte, wir haben einen Kriegsrat, an dem ich teilnehmen muß.«
Wieder tätschelte er meinen Arm, lächelte und ging. Der Junge schob meinen Rollstuhl in ein Zimmer mit einem Feldbett, einer chemischen Toilette und einem Riegel, der nur von außen zurückgeschoben werden konnte.
Am Morgen kam ein Arzt und untersuchte mich. Es stellte sich heraus, daß es derselbe kleine Mann war, der Joncey beim Empfang an der Landestelle unter der Erde geholfen hatte. Joncey war auch jetzt bei ihm, und zwar zu seiner Bewachung, wie ich bemerkte: anscheinend entsprang seine Anwesenheit hier weder seinem eigenen Willen noch seinem Ideal. Aber er konnte sich in dem unterirdischen Labyrinth frei bewegen, was hieß, daß er wahrscheinlich wußte, wo sich die Terminals befanden.
»Bein sieht gut aus«, stellte er fest. »Schmerzen im Nacken?«
»Nein.« Joncey lehnte in der Tür und lächelte. Das Lächeln vertiefte sich, und ich konnte Abigail sehen, die draußen vorbeiging. Joncey trat in den Korridor, und ich hörte Kichern und Geraschel.
Ich sagte rasch und leise: »Doktor, ich kann uns hier rausschaffen, wenn sie mich zu einem Terminal bringen! Ich kann einen Hilferuf ausschicken, der alles überbrückt, was diese Kerle hier haben können…!«
Sein schmales Gesicht verzog sich zu einer einzigen Warnung. Zu spät wurde mir klar, daß er natürlich pausenlos überwacht wurde. Hubbleys Leute hörten alles mit, was er hörte – oder sagte.
Joncey kam zurück, und der Arzt ging eilig mit ihm davon; ihn interessierte nur eines: am Leben zu bleiben.
Das Gitterwerk in meinem Kopf hatte sich enger zusammengerollt als je zuvor und war zu einer geduckten, kompakten Form geworden, die schützte, was sich darin verbarg. Selbst die Rauten an seiner Außenseite schienen kleiner als zuvor. Rundum zappelten schwerfällige Schatten in hilfloser Wut wie Fische im Trockenen.
Bis zum späten Vormittag ließ Hubbley mich mit meinem bitteren Innenleben allein. Als er schließlich die Tür öffnete, blickte er mich streng an. »Mister Arlen, Sir, wie ich höre, wollen Sie an ein Terminal rankommen, um uns Ihre Freunde von Huevos Verdes
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