Bettler 03 - Bettlers Ritt
Enklave-Reichtümer lebte, war die Gefahr, daß andere sie einem wieder wegnahmen – unter Anwendung unterschiedlicher Stufen von Gewalt.
Lizzie richtete sich auf und tastete, sich an der Kuppel entlang. Sinnlos – sie war das auffälligste, am üppigsten beladene Opfer in weiter Sicht. Zwei Männer kamen auf sie zu.
»Den Rucksack! Pack ihn, Tish!«
Es waren nicht zwei Männer, sondern ein Mann und eine Frau. Eine Frau, so groß und breitschultrig wie ein Mann. Mit tiefvioletten Augen unter dichten Wimpern. GenMod!
Die schönen Macher-Augen starrten Lizzie boshaft entgegen, die Frau wollte zupacken und traf auf den Personenschild. »Scheiße! Die hat ‘nen Schild, die!« Lupenreines Nutzerisch.
Tish war zumindest um fünfzehn Kilogramm schwerer als Lizzie. Sie stieß Lizzie von der Seite an, und Lizzie spürte, wie sie an der Energiekuppel abprallte und daran hinabglitt. Sie kauerte sich zusammen und wimmerte leise, während sie unauffällig in ihren Stiefel langte.
Die violetten Augen der Frau funkelten voller sadistischer Vorfreude, als sie sich auf die Knie fallen ließ und Lizzie am Hals packte und schüttelte wie einen Hund. »Na gut, kann ich nich’ rein, dann beutle ich eben die Scheiße raus aus dir, bis dir das Genick bricht, du, da drin in deinem dämlichen Sicherheitsschild…!«
Lizzie zog das Messer, mit dem Billy für gewöhnlich die Kaninchen abhäutete, aus dem Stiefelschaft und stieß es nach oben, direkt unter das Brustbein der Frau.
Jeden Tag, während der langen Stunden in ihren jeweiligen Verstecken, hatte Lizzie das Messer geschliffen, und dennoch verblüffte es sie jetzt, wie schwer es war, die Klinge durch Muskeln und Fleisch zu treiben. Sie drückte das Messer bis zum Griff in den Körper der Frau.
Die schönen Augen weiteten sich. Tish sackte nach vorn, bis sie auf Lizzie lag und ihre Arme Lizzie umfaßten wie in einer Umarmung.
Lizzie stieß sie von sich und sah sich mit wildem Blick um. Der Mann, der Tish befohlen hatte, Lizzie den Rucksack wegzunehmen, war auf der anderen Seite des offenen Platzes und kämpfte dort mit einem der wenigen Männer, die in der Nähe der Enklave noch am Leben waren. Tishs Partner schien die Oberhand zu behalten. Und rundum waren weitere Angreifer zu sehen, demnächst würde sich wieder einer auf sie stürzen… Lizzie hatte nur ein paar Sekunden.
Sie zauderte nicht. Wenn sie lange nachdachte, würde sie es nie tun können! Doch Tish war zu schwer für Lizzie, sie konnte diesen muskulösen Körper nicht tragen… aber sie brauchte nicht den ganzen Körper.
Zitternd kniete sie sich neben Tish und zog den silbernen Teelöffel, den sie von Doktor Aranows Tisch gestohlen hatte, aus der Tasche; mit dem nebulosen Gedanken, ihn dem Haussystem zu zeigen und Jones auf diese Art zu beweisen, daß sie zum Haushalt gehörte, hatte sie ihn damals mitgenommen… Ein nicht sehr erfolgversprechendes Vorhaben. So packte sie nun Tishs rechtes Lid mit Daumen und Zeigefinger, zog es weit nach oben und schob das Löffelchen unter den Augapfel. Keuchend und nach Luft schnappend hob sie ihn aus der Höhle. Dann zog sie das Messer aus Tishs Brust; sofort spritzte ihr das Blut aus der Wunde entgegen und rann an ihrem Energieschild hinab. Entschlossen durchtrennte Lizzie die Nerven und Muskeln, die den Augapfel mit der leeren Höhle verbanden.
Sie drehte sich um und tastete nach der schwarzen Silhouette des Enklavetores. Blut schmierte sich zwischen die Außenseite des Y-Schildes der Kuppel und die ihres eigenen. Eingebettet in die Umrisse des Tores war ein Standard-Netzhaut-Scanner, der so eingestellt war, daß er jeder GenMod-Konfiguration Zutritt gewährte. Eine Maßnahme für den Notfall. Ein Tech konnte ausgesperrt bleiben; ein abenteuerlustiger Jung-Macher konnte den Code vergessen. Lizzie wußte alles darüber vom Datenfischen.
Lizzie drückte Tishs Augapfel gegen den Scanner, und das äußere Tor der Kuppel öffnete sich. Unmittelbar hinter ihr schloß es sich wieder, gerade rechtzeitig vor den Verfolgern, die es auf Lizzies Leben abgesehen hatten und brüllend heranstürmten.
Würgend brach sie zusammen und blieb auf dem Boden liegen; sie konnte nicht erbrechen, denn sie hatte seit Wochen keine Mundnahrung zu sich genommen. Außerdem hatte sie keine Zeit. Wie lange blieb ein toter Augapfel frisch genug, um einen Scanner hinters Licht zu führen? Solche Informationen fanden sich in keiner DeBe.
Schwankend kam sie auf die Füße und hielt Tishs violettes
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