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Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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GenMod-Auge an den zweiten Scanner. Das innere Tor öffnete sich, und Lizzie taumelte hindurch.
    Sie war im Innern der Enklave Manhattan-Ost.
    Um genau zu sein, befand sie sich im Innern einer Art Lagerhaus, an dessen Wänden reglos aufgereiht HochleistungsRobs auf schwere Ladearbeiten warteten. Gut. Keine BullenRobs, bis sie das Gebäude wieder verlassen würde, das selbstverständlich durch einen Y-Schild geschützt und versperrt sein mußte. Doch das konnte warten. Sie blieb auf dem Boden liegen, bis ihre Atmung normal funktionierte.
    Sobald sie wieder ohne Schwierigkeiten auf zwei Beinen stehen konnte, schaltete sie den Personenschild ab, und Tishs Blut glitt zu Boden. Als sie den Schild wieder aktivierte, bemerkte sie, daß sie immer noch den Augapfel in der Hand hielt. Er war nicht blutig; das ganze Blut stammte von der Wunde in Tishs Brust, aus der Lizzie das Messer gezogen hatte.
    Tish hatte ihre GenMod-Augen nicht dazu benutzt, in die Enklave zu gelangen. Warum nicht? Sie mußte gewußt haben, was sie war, doch als sie versucht hatte, das Leben aus Lizzie herauszuschütteln, war Lizzie der Grund für Tishs Exil klargeworden: während ihre Hände sich um Lizzies Hals legten, war ihr Körper auf dem von Lizzie zu liegen gekommen, und durch Tishs Kleider hindurch hatte Lizzie die harten Höcker an den falschen Stellen gespürt, das mißgebildete Brustbein, die asymmetrischen Rippen. Mit Tishs Skelett mußte noch im Mutterleib etwas schiefgelaufen sein, und nackt war sie wohl ein grotesker Anblick gewesen. Lizzie dachte daran, welch ungeheuren Wert die Macher auf körperliche Vollkommenheit legten und wie lange Tish schon bei den Nutzern gelebt haben mußte, um Aussprache und Tonfall so perfekt zu beherrschen. Vicki sagte immer, die schlimmste Art von Haß sei der Haß auf sich selbst. Und bis zu diesem Moment hatte Lizzie nie verstanden, was sie damit meinte.
    Schaudernd ließ sie das violette Auge fallen. Doch sie konnte es nicht einfach hier liegenlassen, denn früher oder später würde ein WartungsRob es finden. Das Würgen in der Kehle wurde noch schlimmer, als sie sich dazu zwang, das Auge wieder aufzuheben und in die Tasche zu stecken.
    Und dann ging Lizzie geduldig daran, die Codes der inneren Sicherheitsschlösser des Lagerhauses zu entschlüsseln.
    Das kostete sie beinahe eine halbe Stunde, doch als sie fertig war, trat sie hinaus in die Enklave Manhattan-Ost. Sie stand auf einer makellosen Straße, gesäumt von GenMod-Blumen – langen, biegsamen blauen Formen, die sich ihr entgegenneigten. Lizzie tat einen Satz zurück, aber die Blumen waren weich, schlaff und harmlos. Die Luft duftete nach wundervollen Dingen: nach Holzrauch und frisch gemähtem Gras und nach Gewürzen, deren Namen Lizzie nicht kannte. Die Türme von Manhattan leuchteten im Sonnenuntergang, und die Programmierung an den Außenwänden war raffiniert auf die Farben des Himmels abgestimmt. Von irgendwo her ertönte das leise (künstliche?) Gurren von Tauben.
    Es gab tatsächlich Menschen, die in einer solchen Schönheit, einer solchen Ordnung lebten! Immer! Auf Dauer! Verängstigt und erschöpft und beeindruckt, wie sie war, hatte Lizzie das plötzliche Gefühl, weinen zu müssen.
    Doch dazu blieb ihr keine Zeit. Ein BullenRob surrte auf sie zu.
    Hektisch suchte sie in ihrer Tasche nach Tishs Auge. Es war mittlerweile ein bißchen matschig geworden. Das Würgen kehrte zurück. Lizzie hielt das unappetitliche Ding vor ihr eigenes rechtes Auge und drückte das linke zu, aber der Rob machte auch nicht ansatzweise den Versuch, an dem Auge einen Netzhautscan vorzunehmen. Er wußte bereits, daß Lizzie nicht nach Manhattan-Ost gehörte. Sie sah noch, wie der Sprühnebel auf ihr Gesicht zuspritzte, schrie auf und sank auch schon rückwärts in die hübschen GenMod-Blumen, die ihre weichen Blütenblätter zärtlich um Lizzies gelähmte Gliedmaßen wanden.

20
     
    Jennifer Sharifi, gekleidet in eine weich fließende Abajeh, stand im Konferenzraum von Sharifi-Labors. Die anderen Mitglieder des Projektteams nannten dies das ›Kommandozentrum‹, aber Jennifer lehnte die Bezeichnung ab. Das Team war eine Gemeinschaft, keine Armee. Unter dem klaren Bodenfenster zu ihren Füßen funkelten die Sterne.
    Doch Jennifer blickte nicht nach unten, sondern auf eine Anordnung von fünf Holobühnen. Der Konferenzraum hatte sich verändert: verschwunden waren der lange geschwungene Tisch und die achtzehn Stühle; jetzt füllten Reihen von Computern und

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