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Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Farbe. Edward Jenner. Ignaz Semmelweis. Jonas Salk. Stephen Clark Andrews. Und Miranda Sharifi.
    »Ja, er war auch Arzt«, stellte Ellie Lester maliziös fest. »Damals, als ihr Leute wirklich noch gebraucht wurdet. Und das waren seine Helden – vier Nutzer und eine Schlaflose. War doch zu erwarten, nicht?« Sie lachte.
    Jackson schloß die Tür hinter sich. Das Holo des Schwarzen war nun einem nackten römischen Sklaven gewichen – muskulös, männlich-schön, aber sichtlich nicht genmodifiziert. Ein Nutzer. Der Sklave ließ sich auf ein Knie nieder, als Jackson vorbeiging, senkte den Blick und öffnete den Mund. Durchscheinende Handschellen aus holographischem Gold fesselten ihn an Ellie Lesters Türknauf.
     
    »Sie ist das Ende einer glockenförmigen Kurve, ich weiß«, sagte Jackson zu seiner Schwester Theresa. »Also sollte es mich nicht ärgern. Und eigentlich ärgert es mich ohnehin nicht.«
    »Es ärgert dich«, widersprach Theresa mit ihrer sanften Stimme. »Und das sollte es auch.«
    Sie saßen im Atrium ihres Apartments und nahmen den Aperitif vor dem Abendessen – altmodische Nahrung, die man über den Mund zu sich nahm. Jene Wand, die zum Park hinaus ging, bestand aus einem transparenten Y-Schild. Vier Stockwerke weiter unten schwelgte der Central Park in Herbstfarben unter seiner unsichtbaren Kuppel aus Energie. Die Enklaven in Manhattan hatten sich kürzlich mit knapper Mehrheit dafür entschieden, wiederum Jahreszeiten – wenngleich in gemäßigter Form – einzuführen. Über dem Schild hatte der Novemberhimmel die Farbe von Asche.
    Theresa trug ein loses geblümtes Kleid, das in eleganten Falten bis an ihre Knöchel reichte; Jackson hatte das vage Gefühl, daß es völlig außer Mode war. Ihr Gesicht, ohne jedes Make-up, bildete ein blasses Oval unter dem silberblonden Haar. Sie war achtzehn, zwölf Jahre jünger als Jackson.
    Theresa war labil. Nicht körperlich, sondern geistig. Insgeheim war Jackson der Überzeugung, daß während der Veränderungen an ihrem Embryo irgend etwas schief gelaufen sein mußte; Genmodifizierung war ein komplizierter Vorgang, und sobald aus der Zygote, der befruchteten Eizelle, einmal Blastomeren entstanden, waren keine weiteren permanenten Veränderungen mehr möglich. Zumindest durch niemanden auf dieser Erde.
    Als Kind hatte Theresa die Schule gehaßt und sich still und hoffnungslos schluchzend an ihre ratlose Mutter geklammert. Sie wollte auch nicht mit anderen Kindern spielen. Sie blieb tagelang in ihrem Zimmer, zeichnete oder hörte Musik. Manchmal sagte sie, sie würde sich gern in die Musik einhüllen und darin aufgehen, bis es keine Theresa mehr gab. Medizinische Tests zeigten eine starke Reaktionsbereitschaft auf Veränderungen ihres Stresshormonhaushalts: einen hohen Kortisolspiegel, vergrößerte Nebennierendrüsen und dazu Herzfrequenz, Eingeweidemotilität und Abbau von Ganglienzellen, die gemeinhin mit präsuizidaler Depression Hand in Hand gehen. Ihre Schwelle für limbisch-hypothalamische Erregung war sehr niedrig; sie empfand alles Neue in erster Linie als enorm bedrohlich.
    Im Zeitalter maßgeschneiderter biogener Amine mußte niemand für immer labil bleiben. Ihre ganze Mädchenzeit hindurch war Theresa mit Neuropharmaka behandelt worden, um die Biochemie ihres Gehirns ins Gleichgewicht zu bringen. Der Zellreiniger hätte dies problematisch gemacht, da er alles im Körper zerstörte, das er für fremd erachtete, weil es weder dem DNA-Muster entsprach noch jenen genehmigten Molekülen, die in seinen in und zwischen den Körperzellen angesiedelten, unvorstellbar winzigen Biocomputern auf Proteinbasis aufgelistet waren. Doch zu der Zeit, als die Umstellung den Zellreiniger brachte, hatte das keine Bedeutung mehr, denn mit dreizehn Jahren hatte Theresa verkündet – nein, das war ein zu starker Ausdruck: Theresa »verkündete« nie etwas –, hatte Theresa gemeint, mit Neuropharms wäre sie »ein für allemal« fertig.
    Zu diesem Zeitpunkt waren ihre Eltern bereits bei einem Luftwagenabsturz ums Leben gekommen, und Jackson war der Vormund seiner Schwester. Er hatte protestiert, argumentiert, insistiert. Ohne Erfolg. Theresa wollte sich nicht helfen lassen. Sie brachte keine Gegenargumente vor; intellektuelle Diskussionen machten sie ganz konfus. Sie weigerte sich einfach, eine medizinische Lösung für ihre medizinischen Probleme zuzulassen.
    Doch wenigstens machte sie – Jacksons heimliche Befürchtung – keinen Selbstmordversuch. Sie wurde

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