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Betty kann alles

Titel: Betty kann alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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Dieser falsche Kerl, der Miller, tat, als ob's ihm eingefallen wäre.» «Das ist immer so», tröstete Mary. «Sie müssen sich einfach daran gewöhnen, die Dinge mit Ruhe hinzunehmen. Wenn man so intelligent ist wie Sie, muß man seine Intelligenz eben mit denen teilen, die nicht so begnadet sind.»
    Im Hinausgehen flüsterte meine Schwester mir zu: «Um seine Intelligenz noch teilen zu können, müßte man schon Atome splittern. Die einzige Arbeit, die er geleistet hat, seit er hier ist, war, seine hundert Kilo in das Café an der Straßenecke zu schleppen und wieder zurück.»
    Mit Mary zusammen die Runde bei den verschiedenen Firmen zu machen, war sehr unterhaltsam. Aber mir graute davor, später allein gehen zu müssen.
    Am Mittwoch drückte Mary mir einige Kärtchen in die Hand, paukte mir ein paar Verhaltungsmaßregeln ein und schickte mich auf den Weg. Mein erstes Ziel war ein Mr. Hemp, der eine Autovertretung hatte. «Schwatz ihm diese Listen von Ärzten und Dentisten auf», hatte Mary mir geraten. «Heutzutage sind Ärzte die einzigen Leute, die sich noch Wagen leisten können. Trichtere ihm ein, wie gut es wäre, sämtlichen Ärzten und Dentisten einen geschmackvoll und persönlich abgefaßten Brief zu senden und auf den günstigen Preis pro Kilometer und den geringen Benzinverbrauch hinzuweisen.»
    Es war ein wunderbarer Morgen. Der Himmel war zartblau, und vom Sund her wehte eine leicht salzige, erfrischende Brise. Die Autovertretung war recht weit entfernt von meinem Ausgangspunkt, aber ich beschloß zu Fuß zu gehen, erstens, um das Fahrgeld zu sparen, und zweitens, um den gefürchteten Augenblick so lange wie möglich hinauszuschieben, da ich Mr. Hemp für eine Idee begeistern sollte, die mir selbst nicht klar war.
    Der breite Eingang zum Autogeschäft stand weit offen; vier Verkäufer saßen mit den Hüten auf dem Kopf und Zigarren im Mund da und stierten gelangweilt in die Sonne. Schüchtern fragte ich nach Mr. Hemp. Einer der Männer deutete mit dem Daumen über die Schulter gegen den Hintergrund. Vier Augenpaare verfolgten mich, als ich mit steifen Schritten über das gewachste Linoleum auf die Büros zuschritt.
    Die Büros waren von einer länglichen Barriere geschützt, hinter der mehrere Mädchen an Tischen saßen und sich lachend unterhielten.
    Wieder fragte ich nach Mr. Hemp, und eines der Mädchen sagte, sie wisse nicht, ob Mr. Hemp Zeit hätte, mich zu empfangen, sie würde ihn jedoch fragen. Sie begab sich in eine von Glaswänden umgebene Zelle, in der ein Mann weit zurückgelehnt in einem Stuhl lag, die Füße auf den Schreibtisch gelegt hatte und ins Telefon sprach. Er drehte sich um, musterte mich und schüttelte den Kopf. Das Mädchen kam zurück und fragte: «Wollten Sie Mr. Hemp wegen einer Stellung sprechen?» «Nein, es handelt sich nicht um eine Stellung», brachte ich mit Mühe hervor, aber zu erklären, worum es sich handelte, brachte ich nicht fertig, obwohl das Mädchen mich fragend ansah und offensichtlich auf eine Erklärung wartete. Warum ich mich so blöde auf führte, weiß ich selbst nicht; vermutlich machte ich den Eindruck, mit einem anrüchigen Geschäft im Sinn gekommen zu sein oder gar gestohlene Ware verkaufen zu wollen. «Mr. Hemp bedauert, aber er ist zu beschäftigt heute morgen», verkündete das Mädchen, als es von der zweiten Expedition in die Glaszelle zurückkehrte. «Ach, das macht gar nichts», erwiderte ich heiter. «Ich habe auch schrecklich viel zu tun», und in meiner Erleichterung verließ ich den Schauplatz so eilig, daß ich meine Handtasche auf dem Tisch liegen ließ. Ein paar hundert Meter weiter bemerkte ich es, ging zurück und stammelte etwas, und das Mädchen, das mit Mr. Hemp gesprochen hatte, sah mich mit so verwundertem Ausdruck an, daß ich gar nicht wagte, ihr die Karte der Firma, für die ich werben sollte, dazulassen. Das Stückchen Papier war mittlerweile allerdings auch ganz verbeult und verschwitzt.
    Mein nächster Besuch galt einer Schule für Schönheitspflege. Mit gleich freudiger Erwartung, wie Daniel sie empfunden haben mag, als er die Löwengrube betrat, öffnete ich die Türe. Eine weibliche Person in gestärkter weißer Uniform und mit flammendrotem Haar, schwarzen Klümpchen an den Spitzen der Wimpern, einen Millimeter breiten Augenbrauen und scharlachroten Lippen saß hinter einem kleinen Schreibtisch. Ich war noch nicht ganz eingetreten, da schob sie mir schon einen Bogen Papier zu und ersuchte mich, zu unterschreiben.

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