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Betty kann alles

Titel: Betty kann alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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Natur, und obschon ich meistens bezahlt wurde, so hatte dieses unregelmäßig verdiente Geld, das noch dazu beinah ausnahmslos in bar und nicht als Scheck gegeben wurde, eine Eigenschaft sich zu verflüchtigen, wie Geld, das man beim Wetten gewinnt. Ich benützte mein Gehalt, um der Familie kleine Geschenke zu kaufen oder sie ins Theater einzuladen und Mutters «Türgeher» zu bezahlen, und nahm mir insgeheim vor, mich an die großen Rechnungen zu machen, sobald ich eine feste Stellung bekam. Aber leider kam es so, daß die großen Rechnungen sich an mich machten. Jedes Geschäft, bei dem ich großzügig ein Konto errichtet hatte, beschäftigte einen Einkassierer, und diese Männer waren mit einer Art sechstem Sinn behaftet. Sie wußten von meinen Stellungen, noch bevor Mary sie für mich aufgespürt hatte, und lungerten an der Türe herum, bevor ich noch fest angestellt war.
    «Was zum Teufel sind denn das für Leute?» fragte einer meiner kurzfristigen Chefs einmal angesichts der Horde mißbilligend dreinblickender Männer vor der Türe.
    «Rechnungseinzieher», erwiderte ich ergeben.
    «Alle?»
    «Ja, und der Rest ist bloß nicht da, weil sie von meiner neuen Adresse noch nicht Wind bekommen haben.»
    «Und ich dachte, ich hätte Sorgen», seufzte mein Chef sichtlich erleichtert und war in Zukunft sehr nachsichtig mit meinen armseligen Stenographiekenntnissen.
    Ein paar der Blutsauger hätte ich sicher loswerden können, wäre Mutter nicht gewesen. Kamen sie ins Haus, so lud Mutter sie zum Kaffee ein, ließ sich alles von ihren Frauen, Kindern und Krankheiten und Zukunftsträumen berichten und vergalt das in sie gesetzte Vertrauen, indem sie ihrerseits ausführlich erzählte, wo ich gearbeitet hatte, gerade arbeitete oder zu arbeiten hoffte.
    «Erzähl ihnen doch um Himmels willen nichts», bat ich Mutter.
    «Du nimmst einen ganz falschen Standpunkt ein, Betsy», hielt sie mir freundlich vor. Mr. Hossenpfiester weiß Bescheid darüber, daß Mr. Chalmers das Büro schließen mußte und wie schwer wir es diesen Winter hatten und daß wir einen neuen Gasofen brauchten und mit Sandie (das war unser Hund) zum Tierarzt gehen mußten. Er will ja nur mit dir sprechen, damit du ihm erklärst, wann du bezahlen wirst und wieviel.»
    «Er ist sehr nett, solange er hier bei dir Kaffee trinkt», versetzte ich wütend, «aber wenn er zu mir ins Büro kommt, nennt er mich Mädchen und schreit, daß man es kilometerweit hört. Sag ihm bitte nichts von meiner Stellung.»
    Aber Mutter sagte es ihm natürlich. Ich solle alle meine Schuldner aufsuchen und mit ihnen reden, verlangte sie. Aber ich dachte nicht daran. Mir graute vor Unterredungen dieser Art. Ich schlich argwöhnisch um mich blickend durch die Straßen, zuckte zusammen, wenn jemand meinen Arm berührte, fühlte Tränen der Verzweiflung in mir auf steigen, sooft ich ans Telefon gerufen wurde, und stahl mich jedesmal auf die Damentoilette, wenn ein Fremder das Büro betrat.
    Und dann konnte ich die Abschlagszahlungen bei der Freundlichen Darlehensgesellschaft nicht pünktlich bezahlen, und da erst wurde mir klar, was Sorgen waren. Die Eintreiber der Freundlichen Darlehensgesellschaft waren überall. Sie pirschten sich an mich in den Foyers der Kinos heran, wenn ich eine Verabredung hatte; sie schrien mich im Autobus an, und das Frauenzimmer mit dem Bärenfallenmund rief mich drei- oder gar viermal täglich an, ganz gleich, wo ich arbeitete.
    Einmal schwindelte ich die Bärenfalle an und behauptete, sie habe mich so oft angerufen, daß der Chef mich vor die Türe gesetzt habe. Ich ging des Abends nach Büroschluß zu ihr und weinte echte Tränen. Sie sagte, es täte ihr sehr leid, aber am nächsten Tag rief sie mich prompt wieder an, und als ich das Telefon abnahm, schrie sie: «Sie gemeine, falsche Schlange! Ich rate Ihnen, heute abend herzukommen, sonst werden Sie was erleben.»
    Kurz darauf bekam ich eine Stelle im Regierungsdienst, und gleich in der ersten Woche kamen so viele Eintreiber ins Büro oder riefen mich an, daß ich meine Kündigung gewärtigte. Statt dessen nahm mein Vorgesetzter mich zum Verband der Staatsangestellten mit, die mir nicht nur das Geld liehen, um alle meine Schulden zu bezahlen, sondern auch die Bezahlung für mich übernahmen.
    Der Freundlichen Darlehensgesellschaft zahlten sie siebenundzwanzig Dollar mehr als die zweiundsechzig, die ich erhalten hatte, und erklärten Charlie, wenn es ihm nicht passe, solle er sich auf ein Gerichtsverfahren

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