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Betty kann alles

Titel: Betty kann alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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gelieferte Material zu zahlen gewillt sei, aber nicht für die Belehrungen. Sie schrieb: «In Zukunft unterziehen Sie die Anwärter auf gutbezahlte Posten als höhere Angestellte besser einer genauen Prüfung, bevor Sie sie in Ihre Listen einschreiben. Der Anwärter, um den es sich hier handelt, ist genau zwölf Jahre alt und hat bisher nicht das geringste Talent im Umgang mit Nummern bewiesen.» (Algebra in irgendeiner Form wurde von Gammy schlicht und einfach mit Nummern benannt.)
    Für eine Weile ging dann alles gut mit uns Kindern, bis meine Schwester Dede sich im Alter von neun Jahren durch ein auffallen des Inserat verlocken ließ, in dem es hieß: «Geld zu verdienen durch Verkauf prachtvoll kolorierter, reich ausgestatteter Weihnachtssiegel. Gegen Einsendung des ausgefüllten Coupons schicken wir portofrei Mustersendung der künstlerisch hochwertigen Weihnachtssiegel.» Der Ton des Inserates verleitete Dede zu dem Glauben, daß es gar keine Schwierigkeiten bieten würde, die Siegel zu verkaufen. Weihnachtssiegel waren bunt bedruckte Klebebildchen, die Engel und weihnachtliche Szenen darstellten und auf Weihnachtspakete geklebt wurden.
    Die erste Enttäuschung bereiteten die Siegel selbst, die anstatt reich ausgestattet und prachtvoll koloriert dünne Papierblättchen in häßlichen Farben und mit verschobenem Druck waren. Die Gesichter der Engel und drei Weisen aus dem Morgenland waren leer, die verrutschten Augen und Münder fanden sich auf den Flanken des Esels, wo sie wie Fliegen wirkten.
    Der nächste Akt der Tragödie wurde von Schwesterchen Alison ausgelöst, die die Siegel fand, sie trotz der mangelhaften Perforation auseinanderriß und im Kinderzimmer malerisch an die Wand und ans Puppenbett klebte. Und zu guter Letzt setzte Dede allem die Krone auf, als sie die paar übriggebliebenen Siegel einer gutmeinenden Nachbarin verkaufte und den Erlös als ihr Eigentum betrachtete und ausgab.
    Um den zweiten Januar herum brachte der Postbote den ersten Geschäftsbrief, adressiert an Daisy Bard. Mutter, die sich im Lauf der Jahre darein ergeben hatte, Daisy Bard anstatt Darsie Bard genannt zu werden, glaubte, der Brief sei an sie gerichtet, und öffnete ihn. Er enthielt eine kurze, aber eindeutige Aufforderung, drei Dollar einzuschicken.

4 Päckchen Weihnachtssiegel à $ 1.00
$ 4.00
Kommission
$ 1.00
Zu zahlende Restsumme
$ 3.00

    Mutter begriff kein Wort und fragte die Familie beim Abendbrot, ob jemand etwas von irgendwelchen Weihnachtssiegeln wisse. Niemand wußte etwas.
    Im Februar kam der zweite Brief an Daisy Bard mit der schlichten Aufforderung, umgehend zu zahlen. Wiederum erkundigte sich Mutter bei uns, ob wir verstünden, was die Firma wolle, und niemand verstand es.
    Mittlerweile sah meine Schwester Dede, die ein sehr nervöses kleines Mädchen war und sich oft einbildete, Jesus mit einer Kerze in der Hand des Nachts in ihrem Schlafzimmer erblickt zu haben, immer schlechter aus. Sie hatte dunkle Ringe um die Augen und weinte völlig grundlos. Mutter ging mit ihr zum Kinderarzt, der empfahl, ihr viel Buttermilch zu geben. Die Buttermilch nützte gar nichts, und Gammy meinte, mit Milch habe Dedes Zustand nicht das geringste zu tun, das Kind habe zu viel musikalisches Talent. Also schob Mutter den Klavierstunden einen Riegel vor, doch das nützte auch nichts, denn Dede sah noch immer des Nachts Jesus in ihrem Schlafzimmer umherwandeln, nur hielt er jetzt, statt einer Kerze, Weihnachtssiegel in der Hand.
    Dann kam eines Tages wieder ein Brief an Daisy Bard, aber diesmal ging er mehr ins Persönliche über. «Wollen Sie Versteck spielen, Mrs. Bard?» hieß es. «Wir haben unsere Verpflichtung erfüllt, erfüllen Sie nun Ihre. Wo bleibt das Geld? Wenn Sie uns die geschuldete Summe nicht postwendend einschicken, sehen wir uns gezwungen, zu anderen Mitteln zu greifen.»
    Mutter setzte sich hin und schrieb der Firma einen Brief, in dem sie sie ersuchte, uns mit weiteren Zahlungsaufforderungen zu verschonen. Es habe niemand von uns Weihnachtssiegel bestellt oder gekauft. Die Firma erwiderte umgehend mit einem neuen Brief, dem ein Coupon aus Zeitungspapier beigefügt war. Der Coupon war ausgefüllt und trug die Unterschrift: «Wir verbleiben mit vorzüglicher Hochachtung, Darsie Bard.» Mutter, getreu ihrer Methode, auf das wenigst Wichtige einzugehen, verlor kein Wort über die Weihnachtssiegel, sondern erkundigte sich nur bei Dede, warum um Himmels willen sie denn mit ‹Wir verbleiben mit vorzüglicher

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