Between Love and Forever
überwältigt von Tess oder er hält er mich für gaga, oder beides?
»Das war nur Spaß«, sage ich zu Tess. »Du kennst doch die Typen. Weißt du noch, wie du in der Highschool die Julia gespielt hast und dein Ersatz-Romeo Bill Walford Abführmittel ins Essen gekippt hat, damit er dich nicht küssen konnte? Und wie Bill dann alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, damit die Spielzeit nur ja verlängert wird ...«
»Ehrlich? War das wirklich so?«, fragt Eli. Er trommelt immer noch mit den Fingern, aber jetzt nicht mehrauf den Stuhl, sondern auf seinen Arm. Als wollte er Klavier darauf spielen oder so.
Ich nicke. »Fast alle Jungs an der Schule wollten für den Romeo vorsprechen, sobald sie erfahren haben, dass Tess sich für die Julia bewirbt.«
»Aber sie konnten doch nicht wissen, ob sie die Rolle auch bekommt?«
»Also Tess, jetzt musst du aber wirklich aufwachen. Damit er sieht, dass die anderen Mädchen keine Chance hatten, die Rolle zu kriegen. Du warst die Einzige, die das spielen konnte – ein Mädchen, für das ein Junge sein Leben opfern würde.«
»Hast du auch mitgespielt?«
»Hä?«, sage ich verwirrt.
»In dem Stück. Warst du auch dabei?«
»Wer will mich schon auf der Bühne sehen«, sage ich wegwerfend. »Außerdem durfte man als Freshman gar nicht für die Rolle vorsprechen, weil ja alle wussten, dass Tess die Julia spielen würde.«
»Dann bist du also auch Junior, so wie ich?«
»Ja«, sage ich überrascht, dass er gleich nachgerechnet hat, in welche Klasse ich gehe. »Aber du bist eindeutig weiter als ich – viel reifer und eher fürs College bereit und für diesen ganzen Kram.«
Eli schaut auf meine Hände hinunter, die sich immer noch bewegen, und wird dann rot.
Selbst in diesem Zustand sieht er noch gut aus. Er kriegt keine hässliche rote Birne, sondern nur zwei rote Farbtupfer zeichnen sich unter seinen hohen Wangenknochenab und bringen sie noch besser zur Geltung. Er sieht irgendwie verletzlich aus, nicht mehr ganz so unerreichbar für jemand wie mich.
Und er merkt, dass ich ihn anschaue. Ich erkenne es daran, dass er einen Augenblick erstarrt und mich direkt ansieht. Verdammt, verdammt, verdammt.
Ich drehe mich wieder zu Tess um, betrachte ihr stilles Gesicht.
»Sag noch was, bitte«, flehe ich, weil ich nicht weiterweiß und weil es mir so peinlich ist, dass er mich dabei ertappt hat, wie ich ihn mit meinen Blicken verschlinge.
»Und was?«
»Ist doch egal. Red einfach mit ihr, als ob ich gar nicht da wäre«, sage ich. »Bin ich auch nicht. Für dich bin ich die Wand, okay?« Wenn er mich wie Luft behandelt, werde ich unsichtbar und alles wird wieder normal.
Eli schweigt einen Augenblick, dann sagt er zu Tess: »Ich weiß nicht, ob ich deine Schwester als Wand sehen kann. Mir kommt sie mehr wie ein Drache vor.«
Das sitzt. Aber ich habe ihn ja extra gebeten, mich zu ignorieren. Und zur Strafe werde ich als Feuer speiendes Monster bezeichnet. Fantastisch.
»Siehst du?«, sage ich zu Tess und halte meine Stimme so leicht und beiläufig wie möglich. »Er braucht dringend eine Beschützerin. Also wach endlich auf, okay?«
Nichts. Ich ziehe meine Knie an die Brust, kauere mich auf meinen Stuhl und fummle an den Schnürsenkeln meiner Turnschuhe herum.
»Tut mir leid«, murmelt Eli.
»Ach, sie ziert sich nur«, sage ich, während ich mich widerstrebend auseinanderfalte. Aber ich bin längst nicht so zuversichtlich, wie ich klinge. Langsam geht mir nämlich die Luft aus. Worauf, in aller Welt, wartet sie noch?
»Das wirst du schon noch merken, wenn du sie besser kennst. In dem Sommer, bevor sie ans College ging, hat sie drüben in Milford im ›Organic Gourmet‹ gearbeitet und die Jungs aus Ferrisville sind mit der Fähre rübergekommen, nur um mit ihr zu flirten.«
Also einer jedenfalls. Jack.
»Hast du was gegen das Organic Gourmet?«
»Wieso? Wie meinst du das?«
»Weil du immer dein Gesicht verziehst, wenn du den Namen aussprichst.«
Ich zucke die Schultern. »Ach, das ist nur so ein Drachentick.«
»Ich hab doch nicht gemeint, dass ...«
»Ist schon gut«, unterbreche ich ihn. »Ich weiß, wie ich aussehe. Was ich ... was ich bin.« Schnell schaue ich wieder zu Tess, aber sie rührt sich immer noch nicht. Ist immer noch still.
Immer noch nicht ganz sie selbst.
»Wir müssen jetzt gehen«, sage ich und stehe auf. Ich zwinge mich, Tschüss zu Tess zu sagen, mir nicht anmerken zu lassen, wie verletzt ich bin, dass er mich dazu gebracht hat, so von mir zu
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