Between Love and Forever
ihr Herz geschenkt und Claire ist darauf herumgetrampelt.
Wenn ich das gewusst hätte, dann ...
Dann hätte ich mit Tess reden können. Ich dachte immer, dass niemand an Tess herankommt, dass sie noch nie wirklich verliebt war und dass sie Claire wegen etwas verurteilte, das sie selbst nie tun würde, aber in Wahrheit ...
In Wahrheit hätte ich die ganze Zeit meine Schwester haben können.
Kapitel 38
Ich komme nach Hause – ich hab nicht zu Claires Haus hinübergeschaut, als ich vorbeigefahren bin, ich werde es nie mehr mit denselben Augen sehen –, stehe in der Küche, noch ganz benommen, und denke daran, wie Tess in ihrem letzten Highschooljahr über Claire hergezogen ist, und endlich verstehe ich ihre Wut.
Eine Wut, die in Wahrheit Schmerz war.
Ich gehe in Tess’ Zimmer hinauf. Zum Glück bin ich jetzt allein und ich bin froh, dass meine Eltern bei Tess sind. Dass Tess sie um sich hat, Menschen, die sie lieben, ohne die ganzen Komplikationen, die ich in den letzten Monaten mit mir herumgeschleppt habe.
Wenn ich doch nur nicht so schlecht über sie gedacht hätte.
Ich blicke mich im Zimmer um, schaue auf die Kartons am Boden. Stelle mir vor, was drin ist. Ihr Leben mit Beth und jetzt ist es hier, zusammengepackt, mitten auf dem Fußboden, steht da und wartet.
Ich frage mich, ob Beth von Claire wusste.
Arme Tess. Sie hat zwei Menschen verloren, die sie geliebt hat. Und ich dachte immer, sie hat alles, was sie will – und jeden, den sie will.
Wie kann man sich so irren?
Ich setze mich an ihren Schreibtisch, lasse meine Finger über ihren Laptop gleiten. Jetzt verstehe ich, warum Tess Claire nie angeschaut hat, nicht mal, als sie später vom College nach Hause kam. Nicht mal, als sie mit Beth zusammen war. Ich dachte, dass sie immer noch wütend auf Claire sei. Und fand es kleinlich und engstirnig von ihr.
Und Tess war ja auch wütend, aber jetzt versteh ich, warum, und bestimmt war sie auch traurig. Traurig und verletzt, so sehr, dass sie Claire jahrelang geschnitten hat. Dass sie nach so langer Zeit immer noch nicht vergessen und verzeihen konnte. Was Claire ihr angetan hat ... Tess hat sie so geliebt und Claire ... nicht. Nicht, wie Tess sie geliebt hat.
Meine Finger gleiten über den Einschaltknopf des Laptops, und als der Bildschirm aufleuchtet und nach dem Passwort fragt, denke ich nicht lange nach. Ich tippe Claire ein und der Begrüßungsbildschirm taucht auf.
Ich starre darauf. Unglaublich, die ganze Zeit hatte ich das Passwort direkt vor meiner Nase. Und nicht nur das Passwort, sondern Tess’ ganze Geschichte, ihre wahre Geschichte, wer sie wirklich war.
Und ich war blind dafür.
Ich klicke in ihrem Computer herum, checke ihre Dateien. Ich habe nicht mal ein schlechtes Gewissen dabei. Ich will der wahren Tess nachspüren, der Schwester, die ich nie kennengelernt habe, aber es gibt nicht viel zu sehen. Ich finde ein paar Referate und Seminararbeiten,die Tess geschrieben hat, Musik, die sie heruntergeladen hat, und einen Ordner mit der Aufschrift »Fotos«, der Bilder von ihr und Beth enthält. Diesmal sind keine Jungs drauf, keine Alibi-Lover.
Auf diesen Fotos stehen sie eng umschlungen da und man sieht, dass sie ein Paar sind. Tess lächelt strahlender und glücklicher, als ich sie je gesehen habe. Ich denke über die Fotos nach, die sie nach Hause mitgebracht und uns gezeigt hat und wie sie gelacht hat, als ich sie nach den Typen fragte, die darauf zu sehen waren.
Diese Fotos hier, die mit Beth, zeigen die wahre Tess. Ich werde sie herunterladen und auf meinen Computer übertragen. Dann drucke ich eins davon aus und nehme es mit, wenn ich morgen zu Tess ins Krankenhaus gehe. Ich will – Tess soll wissen, dass ich ihr wahres Ich gesehen habe, statt der Person, die nur in meiner Vorstellung existiert.
Aber als ich die Dateien auswähle, erhalte ich einen Hinweis, dass noch zwei verborgene existieren.
Verborgene Dateien?
Ich öffne das Menü mit den Anzeigefunktionen und mache alle Dateien und Ordner sichtbar. Zwei weitere Ordner tauchen in dem »Foto«-Ordner auf, den ich durchsehe. Einer ist mit »Nachrichten Beth« beschriftet, der andere mit »Vorbei«.
Ich kann mir denken, was in dem »Vorbei«-Ordner steht, schließlich weiß ich von Beth, dass Tess nicht mehr mit ihr zusammenleben wollte.
Ich klicke ihn trotzdem an, erwarte etwas, das mir verrät, was bei den beiden schiefgelaufen ist. Das mir zeigt, wie Tess etwas – jemanden – verloren hat, von dem ich nicht einmal
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