Between Love and Forever
wir uns voneinander gelöst haben, weil eine Schwester vorbeigegangen ist und sich geräuspert hat. Ich habe schnell meine Arme von seinem Hals genommen und gespürt, wie seine langsam, widerstrebend von mir abgefallen sind, als wollte er mich weiter spüren. Anfassen. Und küssen.
Eli blinzelt mich verständnislos an. Anscheinend sprechen wir nicht mehr dieselbe Sprache.
»Warum?«, frage ich wieder und rücke von ihm ab, bringe Abstand zwischen uns, und mein Blick fällt auf Tess, die alles mit angesehen hat, ohne etwas zu sehen. Eine stumme, blinde Zeugin.
»Weil ich ... weil ich es will. Ich will dich küssen. Mit dir zusammen sein«, sagt Eli wie selbstverständlich, als müsste ich wissen, was er fühlt.
»Oh«, sage ich, weil mir nichts anderes einfällt. Ich finde keine Worte, nicht jetzt, nicht später, und ich sehe ihn an.
Er schaut zurück.
Sieht mich an, wie sonst nur Tess angeschaut wurde. Als ob er mich gut finden würde.
Genau das hab ich mir immer gewünscht und ich wollteauch, dass Tess es sieht. Nur natürlich nicht so – als stumme, blinde Zeugin.
»Abby?«, sagt Eli zögernd und jeder einzelne Buchstabe ist schwer von Fragen. Ich weiß, was jetzt kommt. Es ist ganz leicht. Ich nehme seine Hand, ich sage seinen Namen und wir sind zusammen. Aber ich ...
Plötzlich weiß ich nicht mehr, ob ich dafür bereit bin. Für ihn. Ich hab mich immer nur danach gesehnt, dass mich jemand sieht – wirklich sieht –, und nie daran gedacht, wie es wäre, wenn mein Wunsch in Erfüllung ginge.
Es ist nicht Angst, sondern mehr als das, geht weit darüber hinaus, und ich weiß nicht, was ich jetzt damit anfangen soll – mit diesem Traum, und ja, es war immer ein Traum, etwas Unerreichbares, das nur wahr wurde, wenn ich die Augen schloss, und das jetzt auf einmal Wirklichkeit geworden ist.
Nicht, dass ich ihm nicht vertraue. Ich glaube an den Kuss und an das, was er gesagt hat.
Ich weiß, dass er mich mag, dass er mich sieht und mich will.
Nur weiß ich nicht, wohin mit diesem Glück, das mich erfüllt, mit den Gefühlen, die durch meine Adern toben, mit dem Verlangen. Ich habe so lange mit meinen unterdrückten Bedürfnissen, mit meiner Wut und Angst gelebt. Ich wollte nur raus aus Ferrisville, nur weg von hier. Ich hab mir meine eigene Welt geschaffen, fern von Ferrisville, wo ich eine andere war, wo ich geliebt und akzeptiert wurde.
Ich bin nie auf die Idee gekommen, dass ich hier jemand kennenlernen würde, der mich wirklich will.
Jemand wie Eli.
»Ich weiß nicht, was ich tun soll«, sage ich und Eli wird es schon wissen, das ist der Punkt, auf den alles ankommt. Ich bin nicht weggelaufen. Ich bin dageblieben, trotz meiner Angst, und jetzt ist es Wirklichkeit. Das mit uns beiden.
»Oh«, sagt er und ich sehe, wie er zurückweicht, die Hände verkrampft, bis er wieder auf seinem Stuhl sitzt und auf die Armlehnen trommelt. »Ich dachte ...«
»Was? Du dachtest was?«, sage ich und mein Herz hämmert Bitte bitte bitte.
Seine Finger bewegen sich jetzt rasend schnell und er steht auf, eine ruckartige, rasche Bewegung. »Ich glaube, ich geh jetzt lieber«, sagt er. »Damit du nachdenken kannst. Mit Tess zusammen sein.«
»Eli ...«, sage ich, aber er geht weg. Geht, geht.
Ist fort.
Ich sitze da und das – allein sein, jemanden weggehen sehen – ist mir vertrauter. Daran bin ich gewöhnt. Ich erwarte nichts anderes. Aber es ist falsch, und ich springe abrupt von meinem Stuhl auf renne ihm nach.
Ich muss wissen, was er mir gerade sagen wollte.
Doch Eli ist weg und ich finde ihn nirgends. Selbst Clement ist weg, der Lagerraum im Untergeschoss, der jetzt sein Büro ist, ist geschlossen und abgesperrt.
Also hat Eli vielleicht doch nicht gemeint, was er gesagt hat. Damit kenn ich mich aus. Ich weiß, was zu tunist, wenn ein Typ mich gern lieben würde, es aber doch nicht ganz schafft.
Ich bleibe schließlich nicht das erste Mal allein zurück. Aber diesmal ist es anders. Ich denke daran, dass Eli mich nicht angeschaut hat, bevor er gegangen ist. Ich denke an die Fragen in seiner Stimme, als er meinen Namen gesagt hat, Fragen, die ich nicht verstanden habe, die ich immer noch nicht verstehe.
Ich könnte zu ihm nach Hause gehen. Mit Clement reden. Mit Eli. Es gibt keinen Grund, eine Tragödie daraus zu machen, davon hab ich wahrhaftig genug in meinem Leben, und ich muss auch nicht mehr davon träumen, wie es sein wird, wenn ich aus Ferrisville rauskomme. Nicht jetzt, nachdem ich ihm alles gesagt
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