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Beute

Beute

Titel: Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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wieder auf das Motorrad. »Ich glaube, ich weiß, was passiert ist. Fahr los -langsam.«
    Ich ließ die Kupplung los und tuckerte geradeaus. Mein tanzender Scheinwerfer zeigte eine leichte Anhöhe in der Wüste, kümmerliche Kakteen vor mir .
    »Nein. Langsamer, Jack.«
    Ich nahm Gas weg. Jetzt rollten wir praktisch im Schritttempo. Ich gähnte. Es hätte nichts gebracht, sie zu fragen; sie war angespannt, konzentriert. Ich war bloß müde und erschlagen. Wir fuhren die Anhöhe hoch, bis der Wüstenboden wieder flach wurde, und dann neigte sich das Motorrad nach unten .
    »Halt.«
    Ich hielt.
    Direkt vor uns brach der Boden jäh ab. Dahinter nichts als Schwärze.
    »Ist das eine Klippe?«
    »Nein. Bloß eine sehr hohe und steile Böschung.«
    Ich ließ das Motorrad ganz langsam weiterrollen. Das Gelände fiel eindeutig ab. Bald waren wir am Rand, und ich konnte mir ein genaues Bild machen. Wir befanden uns auf dem gut fünf Meter hohen Ufer eines sehr breiten Flussbettes. Direkt unter mir sah ich glatt geschliffene Steine, ab und zu Felsbrok-ken und dürres Gestrüpp, bis zur rund fünfzig Meter entfernten gegenüberliegenden Seite des Flussbettes. Jenseits des anderen Ufers erstreckte sich die Wüste wieder flach.
    »Jetzt verstehe ich«, sagte ich. »Der Schwarm ist gesprungen.«
    »Ja«, sagte sie, »er ist geflogen. Und wir haben die Spur verloren.«
    »Aber dann muss er irgendwo da unten gelandet sein«, sagte Bobby, in das Flussbett deutend.
    »Vielleicht«, sagte ich. »Vielleicht auch nicht.«
    Ich überlegte, dass wir einige Minuten brauchen würden, um einen sicheren Weg nach unten zu finden. Dann würden wir eine Weile zwischen den Büschen und Steinen suchen, bis wir wieder auf die Spur gestoßen waren. Das konnte Stunden dauern. Vielleicht würden wir sie gar nicht mehr ausmachen können. Von unserer erhöhten Position aus war die Weite der Wüste schon beängstigend.
    Ich sagte: »Es könnte sein, dass der Schwarm im Flussbett gelandet ist. Oder unmittelbar am anderen Ufer. Oder eine Viertelmeile weiter.«
    Mae ließ sich nicht entmutigen. »Bobby, du bleibst hier«, sagte sie. »Du markierst die Stelle, wo der Schwarm gesprungen ist. Jack und ich suchen uns einen Weg nach unten, gehen hinaus auf die Ebene und bewegen uns auf einer Geraden von Osten nach Westen, bis wir die Spur wieder aufgenommen haben. Früher oder später finden wir sie.«
    »Einverstanden«, sagte Bobby. »Alles klar.«
    »Einverstanden«, sagte ich. Warum nicht? Wir hatten nichts zu verlieren. Aber ich war nur wenig zuversichtlich, dass wir fündig werden würden.
    Bobby beugte sich über sein ATV nach vorn. »Was ist das?«
    »Was denn?«
    »Ein Tier. Ich hab Augen aufleuchten sehen.«
    »Wo?«
    »In dem Busch da vorn.« Er deutete in die Mitte des Flussbettes.
    Ich runzelte die Stirn. Wir hatten beide unsere Scheinwerfer die Böschung hinuntergerichtet. Wir beleuchteten einen recht großen Bereich. Ich sah keine Tiere.
    »Da!«, sagte Mae.
    »Ich sehe nichts.«
    Sie streckte den Arm aus. »Es ist gerade hinter dem Wacholderbusch verschwunden. Siehst du den Busch, der aussieht wie eine Pyramide? Der mit den toten Ästen an einer Seite?«
    »Ich sehe ihn«, sagte ich. »Aber …« Ich sah noch immer kein Tier.
    »Es bewegt sich von links nach rechts. Warte, gleich kommt es wieder zum Vorschein.«
    Wir warteten, und dann sah ich zwei hellgrüne, funkelnde Punkte. Die sich dicht am Boden nach rechts bewegten. Ich sah etwas Blassweißes aufblitzen. Und ich wusste sofort, dass da etwas nicht stimmte.
    Bobby ebenfalls. Er drehte seinen Lenker so, dass sein Scheinwerfer direkt die Stelle erhellte. Er nahm sein Fernglas.
    »Das ist kein Tier …«, sagte er.
    Zwischen den niedrigen Büschen sahen wir noch mehr Weiß - wie weiße Haut. Aber wir sahen es immer nur aufblitzen. Und dann sah ich eine glatte, weiße Fläche, die, wie ich schok-kiert begriff, eine menschliche Hand war, die über den Boden
    schleifte. Eine Hand mit ausgestreckten Fingern. »Mein Gott«, sagte Bobby, das Fernglas an den Augen. »Was? Was ist das?«
    »Da wird ein Körper entlanggezogen«, sagte er. Und dann fügte er mit einer merkwürdigen Stimme hinzu: »Es ist Rosie.«

6. Tag, 22.58 Uhr
    Mae saß wieder hinter mir, als ich Gas gab und so lange am Rand der Uferböschung entlangfuhr, bis diese sich weniger schroff zum Flussbett hinneigte. Bobby blieb, wo er war, und behielt Rosies Leichnam im Auge. Wenig später hatte ich das Flussbett durchquert und steuerte

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