Beutewelt 03 - Organisierte Wut
die Knochen gebrochen oder wurde angeschossen. Etwa 2.500 Anhänger unserer Freiheitsbewegung haben die Straßen von Gomel mit ihrem Blut getränkt. Die Polizei hat einfach dazwischen geschossen und Männer, Frauen und Kinder abgeschlachtet – nur weil sie die Freiheit verlangten!
Doch unsere Augen glühen noch immer vor Begeisterung, denn wir stehen heute enger, noch enger als vorher zusammen. Das Blut der Gefallenen ist der Leim, welcher uns zusammenklebt. Uns ist klar geworden, wie entschlossen unser Feind ist und jetzt müssen wir ihm zeigen, dass wir noch hundertmal, tausendmal entschlossener sind.
Wir müssen ihm beweisen, dass wir opfern werden, ohne zu klagen. Kein Gewehr und kein Panzerwagen werden uns aufhalten. Wenn wir für das Überleben Weißrusslands sterben müssen, dann ist das unsere Pflicht. Wir wollen nicht fragen, was gut für uns ist, denn unsere Leben sind unwichtig.
Wichtig ist nur, dass unser Volk überlebt und unser Land von der Sklaverei befreit wird! Wie die Väter wollen wir stark sein und den Tod nicht fürchten. Die Pflicht erfüllen, notfalls mit einem Lächeln den heiligen Märtyrertod für die Zukunft unserer Kinder erdulden. Wenn wir diesen Zustand der inneren Freiheit in uns selbst geschaffen haben, dann können und werden wir auch die äußere Freiheit gewinnen!“
Die versammelte Mannschaft schwieg und starrte gebannt auf Tschistokjows Erscheinung. Der aufgebrachte Redner fuchtelte mit dem Zeigefinger umher und streifte mit einem brennenden Blick aus seinen blauen Augen über die Gesichter seiner Getreuen.
„Wenn wir bald an einem anderen Ort demonstrieren, dann werden unsere Feinde sehen, dass sie uns nicht gebrochen haben. Dann erblicken sie unsere versteinerten Blicke und unseren stählernen Willen.
Wir werden ihnen ins Gesicht schreien: „Schießt nur, damit haltet ihr die Wende nicht auf! Ihr reißt zwar blutige Lücken in unsere Reihen, aber wir werden sie wieder auffüllen und wiederkommen und wiederkommen und bluten und bluten! Bis endlich eure Macht zerbrochen ist!“
Ich habe in Gomel einige meiner treuen Gefährten sterben sehen, ihre Hand gehalten bis ihre Augen kalt und tot waren. Ihr alle habt das auch!
Schwankt jetzt nicht, meine Brüder! Jetzt, genau jetzt, dürft ihr nicht zweifeln, nicht einbrechen und euch der Furcht hingeben!
Wenn wir jetzt aufgeben und unser Volk nicht retten, dann geht es unter. Dann war alles Kämpfen vergeblich und sinnlos. Wenn wir heute den Mut verlieren, dann können alle Freiheitskämpfer auf der Welt ebenfalls aufgeben, denn auch sie müssen ihr Leben riskieren und müssen leiden und müssen sterben für den neuen Morgen!
Wenn wir alle versagen und dem Feind die Welt überlassen, dann waren sämtliche Opfer der Vergangenheit umsonst. Dann geht Europa mit seinen großartigen Völkern und auch der Rest der Welt unwiderruflich unter. Dann erlischt das Licht auf diesem Planeten.
Wir dürfen deshalb nur den Kampf um die Freiheit wichtig nehmen, nicht unser kleines Leben! Wir haben vor unseren Kindern und Enkeln und vor der Weltgeschichte kein Recht, in diesem Kampf zu kapitulieren …“
Artur Tschistokjow brüllte es in die Ohren seiner Unterführer und pulsierte dabei vor Wut und Energie. Wie mit einem elektrischen Schlag wühlte er die Männer vor sich auf und entfachte wieder den Mut in ihren Herzen. Es blieben nur wenige Zweifler unter ihnen zurück, nachdem der Redner mit seinen Ausführungen fertig war. Die nächsten Demonstrationen und Massenkundgebungen hatte er bereits geplant, trotz des Blutbades von Gomel und seine Anhänger fassten sich wieder ein Herz. Was hatten die halb verhungerten und verwahrlosten Männer schon noch zu verlieren?
Während sich in Weißrussland die Situation zuspitzte, tat sie das auch in einem anderen Teil der Welt. Frank und Alfred erfuhren es am 24.03.2035 aus dem Fernsehen: Auf den Philippinen hatte es eine Rebellion gegeben. Die Vasallenregierung unter Sub-Gouverneur Oquino war durch einen erfolgreichen Aufstand entmachtet worden.
Rebellenführer Michael Arroyo hatte die Macht übernommen, den alten philippinischen Staat wieder gegründet und sich mit Matsumotos Japan verbündet. Über Nacht war im fernen Ostasien ein weiterer Brandherd entstanden.
Schon vor vier Jahren, als sich Japan in seinem großen Befreiungskampf befand, war es zu einem Aufstand gekommen. Jetzt war es den philippinischen Rebellen, mit Unterstützung von Matsumoto, tatsächlich gelungen, den Sieg davon zu
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