Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution
immer seine große Liebe und Frank bereute es einmal mehr, dass er sich in den letzten Monaten kaum noch Zeit für sie genommen hatte.
Derweil baute Artur Tschistokjow seine politische Aufklärungsarbeit mit Hilfe von Fernsehen und Radio weiter aus und hielt überall in Weißrussland, Litauen und Lettland Reden vor seinen Anhängern, um sie innerlich zu festigen. Der August näherte sich.
Vitali Uljanin, dessen wahren Namen nur seine engsten Mitarbeiter kannten, schritt durch sein Büro im Hauptquartier der Kollektivistischen Vereinigung für soziale Gerechtigkeit (KVSG). Schon den ganzen Tag hatte er seinen Funktionären Anweisungen diktiert und sie jetzt sogar zu sich rufen lassen.
Der kleine Mann mit dem dunklen Spitzbart und dem verschlagenen Blick, musterte seine Leute und sagte dann: „Da sich diese Freiheitsbewegung der Rus nun auch in Lettland festgesetzt hat, müssen wir ihre Ausbreitung nach Russland mit allen Mitteln verhindern! Wie sieht es mit dem Aufbau eines militanten Arms unserer Organisation aus?“
„Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Wir brauchen nur noch einen zackigen Namen“, antwortete einer der Anwesenden.
„Ich habe mich für Kollektivistischer Kampfbund für Gerechtigkeit, kurz „KKG“, entschieden“, bemerkte Uljanin kühl.
„Das klingt hervorragend!“, stieß ein Funktionär aus.
„Ich weiß!“, gab der kollektivistische Führer zurück und grinste breit.
„Tschistokjow plant einen Protestmarsch in Smolensk, wie mir einer unserer Agenten berichtet hat. Am 1. August!“, sagte ein dicklicher Mann im Hintergrund.
Uljanin trat vor ihn und hob den Zeigefinger. „Ich habe bereits selbst eine Demonstration vorbereiten lassen. Wir werden diese Rus jetzt nicht mehr einfach so agieren lassen. Wo sie auftauchen, werden auch unsere Leute sein!“
Die anderen Kollektivisten nickten und sahen Uljanin mit Bewunderung an. Der Kollektivistenführer ging hinter seinen Schreibtisch und holte einen DC-Stick aus der Schublade. Dann blickte er seine Mitarbeiter an.
„Morgen werde ich auf der Kundgebung in Kursk sprechen, anschließend nehmen wir uns Tschistokjows Leute vor!“
„Aber die Rus sind nicht ungefährlich und können sehr aggressiv werden“, meinte ein besorgt wirkender Funktionär.
„Wir haben die Polizei in Smolensk notfalls auf unserer Seite. Zudem werden die Medien jede Ausschreitung Tschistokjows Leuten anhängen und die Werbetrommel für unsere Veranstaltung so massiv rühren, dass sich unserer Kundgebung mindestens das Doppelte oder Dreifache an Menschen anschließen wird!“
„Wie Sie meinen, Herr Uljanin!“, antwortete ein nachdenklicher Funktionär.
„Smolensk wird für Tschistokjow zum Alptraum werden!“, zischte der Kollektivistenführer und ballte seine knochige Faust.
Konflikt in Smolensk
Frank und Alfred waren schon früh morgens von Orsa aus mit dem PKW nach Smolensk gefahren und hatten sich im Süden der Stadt mit einigen Hundert Mitstreitern zusammengetan. Mittlerweile war es bereits 11.00 Uhr und immer mehr Anhänger Tschistokjows kamen von überall her.
Die Männer schlossen sich einige Straßen weiter einem größeren Pulk von Mitstreitern an. Dann zogen sie fahnenschwenkend und singend in Richtung Innenstadt, wo noch mehr Rus auf sie warteten.
Zwischendurch strömten Hunderte von Bürgern aus ihren Häusern und reihten sich ebenfalls unter lautem Jubel in den Demonstrationszug ein. Nach zwei Stunden waren sie vollständig und Tschistokjow begrüßte seine etwa 30000 begeisterten Anhänger.
Bis zum Stadtzentrum von Smolensk war es nun nicht mehr weit. Dort hatte sich eine riesige Menschenmenge, die Polizei sprach von über 100000 Leuten, zur Massenkundgebung der Kollektivisten eingefunden.
Polizeihubschrauber kreisten über ihren Köpfen und filmten derweil das Geschehen. Schon bei der Anreise nach Smolensk hatte es Schlägereien zwischen Kollektivisten und Rus in den Zugabteilen und an den Bahnhöfen gegeben. Drei Leute Tschistokjows waren am Südbahnhof der Stadt von einer vermummten Horde ihrer politischen Gegner überfallen und niedergestochen worden.
Eine Atmosphäre der Gewalt und des Hasses hatte sich bereits in den Mittagsstunden über die Stadt gelegt und Frank erwartete für den heutigen Tag das Schlimmste.
„Was tun wir jetzt? Der große Platz in der Innenstadt, der Mesto Tschelabeki, ist voll von Kollektivisten! Die sind viel mehr als wir. Dieser Uljanin hält dort heute eine Rede!“, erklärte Kohlhaas und
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