Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution
finanzieren zu können. Wie auch immer. Es ändert nichts daran, dass sie damit kurzfristig Millionen Menschen auf ihre Seite ziehen und diese dann gegen uns aufhetzen können“, sagte Wilden enttäuscht.
„Aber es ist alles ein große Fake! Eine Betrug!“, schimpfte Tschistokjow. „Wir werden das russische Volk wirklich frei machen und soziale Probleme lösen!“
„Wir durchschauen das, aber die Masse der Menschen nicht!“, betonte Frank und hob den Zeigefinger.
Wirtschaftsminister Dr. Gugin und die übrigen Teilnehmer der Sitzung wurden langsam etwas missmutig und Artur entschuldigte sich bei ihnen dafür, sie bisher ignoriert zu haben. Er fasste alles Wichtige auf Russisch zusammen und die Anwesenden nickten Frank und Wilden anschließend lächelnd zu.
Auch der Außenminister fügte noch einige Dinge in perfektem Russisch hinzu und erklärte weitere Einzelheiten. Der für die Verteidigung des Landes zuständige Minister Lossov bediente sich nun seinerseits der englischen Sprache und antwortete: „The best would be, if the Kollektivists would make their revolution in Russia. Than all the people would see, that their economical concept is just nonsens.”
“This is right!”, meinte General Kohlhaas und schmunzelte.
Wilden winkte Frank zu sich heran und flüsterte: „Es ist schon erstaunlich, wie diese Kollektivisten praktisch aus dem Nichts auftauchen und innerhalb von kürzester Zeit einen solchen Einfluss bekommen konnten.
Es wird noch viel schlimmer werden. Durch die ständigen, wohlwollenden Fernsehberichte über ihre Aktionen und die riesigen Geldmengen im Hintergrund, die ihnen die Hintergrundmächte zur Verfügung stellen, werden sie noch viel, viel stärker werden.
Wer ist dieser Uljanin überhaupt? Woher kommt er? Er war auf einmal da! Die Medien machten ihn jedenfalls über Nacht bekannt. Das Gleiche gilt für diesen Mardochow.“
Frank verzog sein Gesicht und starrte ins Leere. „Wir können nur weitermachen, Thorsten! Es gibt kein Zurück mehr!“
Während Uljanin und seine Anhänger in weiteren russischen Großstädten Massenversammlungen abhielten und gehörig an Boden gewinnen konnten, stagnierte der revolutionäre Eifer der Freiheitsbewegung der Rus zunehmend. Die Tatsache, dass sie von der Polizei und den politischen Gegnern regelrecht aus Smolensk herausgeprügelt worden waren, lähmte die Zuversicht vieler Kämpfer in Tschistokjows Organisation.
Bis Ende des Monats befassten sich der weißrussische Präsident und sein Kabinett nur noch mit innenpolitischen Fragen. Tschistokjow leitete sein neues Ansiedlungs- und Landwirtschaftsprogramm ein, um kinderreichen Familien eine Zukunft in den ländlichen Regionen aufzubauen.
Dr. Gugin versuchte weiter händeringend, die Wirtschaftskrise zu beheben und die restlichen Industriebetriebe im Land durch massive staatliche Subventionen vor dem Zusammenbruch zu bewahren.
Nach einer Zeit des intensiven Brütens und der Frustration setzte Artur Tschistokjow jedoch wieder auf Angriff. Seine Anhänger außerhalb des von ihm beherrschten Gebietes in Russland und der Ukraine waren in den letzten Wochen tief verunsichert worden und nicht wenige hatten der Freiheitsbewegung den Rücken gekehrt. Der eine oder andere war sogar zu den wesentlich erfolgreicheren Kollektivisten übergelaufen.
Diese hatten sich nun schon fast überall im Westen Russlands zu schlagkräftigen Trupps organisiert und machten den kleinen Häufchen der Rus in deren Heimatstädten das Leben schwer. Sie sammelten die Namen ihrer politischen Gegner, suchten ihre Adressen heraus, überfielen ihre Treffpunkte und schüchterten sie erfolgreich mit Drohungen und Gewaltaktionen ein.
Artur reiste Mitte September nach Pskov und gründete dort eine neue Ortsgruppe. Frank und Alfred machten sich erneut, zusammen mit Hunderten von Mitstreitern, auf den Weg ins nördliche Russland und verteilten Zeitungen und Flugblätter. In Ostrov, an der lettischen Grenze, wurden sie von einem kleinen Trupp junger Kollektivisten überfallen. Die Angreifer wussten allerdings nicht, dass sie hier auf erfahrene Kämpfer stießen und wurden selbst zusammengeprügelt.
Doch letztendlich waren derartige Aktionen lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. Es musste eine weitere, erfolgreiche Demonstration her, um die Demütigung von Smolensk wieder auszumerzen und die verlorene Ehre zurückzugewinnen.
Artur Tschistokjow suchte sich schließlich die Stadt Roslav direkt hinter der weißrussischen Grenze
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