Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution
üblichen Worte. Sie sprachen von „Terroristen“ und „Mördern“.
Als nächstes wurde Zarizyn zur Bühne der kollektivistischen Revoluzzer. Ohne jeden Widerstand konnten sich die schwarz-roten Trupps über die Stadt ergießen und die Kontrolle an sich reißen.
Uljanins Revolution breitete sich schließlich bis zum Schwarzen Meer aus und kam dann nach Rostov, wo KKG-Verbände einrückten und den Straßenterror brachten. In der strategisch wichtigen Küstenstadt wüteten sie besonders schlimm und gingen voller Hass auf die zur Zurückhaltung verdammte Polizei und vermeintliche politische Gegner los. Innerhalb eines einzigen Tages gab es mehrere hundert Tote und Verletzte. Ende September war die kollektivistische Woge schon bis an die ukrainische Grenze und vor die Tore Moskaus geschwappt.
Die Rus hatten sich ihrerseits inzwischen auch in Brjansk festgesetzt und ihre Gegner aus der Stadt vertrieben. Frank und zahllose andere Kämpfer trugen die Drachenkopffahnen jetzt weiter nach Süden und nahmen mehrere kleinere Ortschaften ein.
Anfang Oktober rückten einige Regimenter der Volksarmee der Rus in Klincy und die umliegenden Dörfer ein. Tschistokjows Anhänger setzten ihren Vorstoß schließlich bis nach Orel und Kursk fort und der weißrussische Präsident nutzte das allgemeine Chaos und die lethargische Haltung der Sicherheitskräfte, um auch in diesen beiden Städten eine starke Position zu gewinnen.
Weiter nach Osten kamen die Rus jedoch nicht. Zu weit waren die übrigen Regionen von der sicheren Heimat entfernt und zu groß war hier bereits die Übermacht der kollektivistischen Gegner.
„In Nowgorod sind die Kollektivisten noch nicht sehr stark, ihre Hochburgen liegen in Ost- und Zentralrussland“, erläuterte Frank und schaute Artur Tschistokjow erwartungsvoll an.
„Vielleicht du hast Recht!“, gab der Rebellenführer zurück und kratzte sich am Kopf.
„Wir dürfen keine Zeit verlieren. Die ländliche Region rund um Nowgorod ist sehr groß und die Kollektivisten werden Probleme haben, sie einfach zu überrennen, wenn wir uns dort vorher ausbreiten“, betonte Kohlhaas.
Der Präsident dachte nach: „Das ist gute Strategie, Frank! Wir müssen starke Stellung in St. Petersburg gewinnen, davor liegt Nowgorod!“
„Ja, genau! Und rund um Nowgorod ist ein riesiger ländlicher Raum, der sich bis nach Rybinsk erstreckt. Ihn müssen wir zuerst einnehmen!“
„Uljanin wird Macht in Moskau erringen. So oder so!“, sagte Tschistokjow verärgert.
„Ja, das wird er! Aber wir müssen den Westen Russlands erobern. Das ist alles, was wir zurzeit tun können!“
„Und dann wir breiten uns in nördliche Ukraine aus. Erst Nowgorod, dann Ukraine“, meinte das weißrussische Staatsoberhaupt.
„Die Kollektivsten werden das Gebiet rund um Donez besetzen und vermutlich auch noch weitere Regionen im Westen. Wir können es schaffen zumindest bis Kiew zu kommen, um ihnen die Stirn zu bieten“, fügte Kohlhaas hinzu und deutete auf die Landkarte.
„Kiew!“ Artur blickte ein wenig melancholisch zu seinem deutschen Mitstreiter herüber. „Da ich bin geboren. Mein Heimatstadt. In Kiew wir haben eine sehr aktive Gruppe von unsere Organisation, Frank!“
„Alle Gruppen in der Ukraine sollen sofort mit Aktionen anfangen. Demonstrieren, Flugblätter verteilen und so weiter. Wir müssen dort so viel Sympathien wie möglich gewinnen.“
Tschistokjow lächelte gequält. „Es wird Bürgerkrieg geben in Russland. Ich bin sicher. Aber wie sollen wir ihn gewinnen?“
General Kohlhaas zuckte mit den Schultern. „Das weiß ich auch nicht, Artur! Die Übermacht unserer Feinde ist gewaltig, aber wir müssen es trotzdem versuchen.“
„Gut, dann wir gehen zuerst nach Nowgorod. Ich verlasse mich auf dich und die Waräger“, bemerkte der Anführer der Rus und setzte sich erschöpft auf einen Stuhl.
Frank war glücklich, dass Alf da war. Etwa hundert Männer der Warägergarde und er schliefen heute Nacht in einer leeren Turnhalle. Wenn alles ganz still war und man nur noch das leise Atmen und Schnarchen der Soldaten hörte, kam der General manchmal ins Grübeln. Diese Nacht erschien ihm wieder einmal bedrückend. Der in den letzten Monaten, ja in den letzten Jahren, nur mit einem nie enden wollenden Kampf beschäftigte junge Mann, starrte an die brüchige Decke der Halle und ließ die Gedanken durch seinen Kopf wandern. Den Zustand des Sinnierens hatte Kohlhaas in letzter Zeit immer stärker zu unterdrücken
Weitere Kostenlose Bücher