Beverly Barton, Hexenopfer
erschießen, hätte er sie durch ein Fenster erschießen können. Das hätten Sie nicht verhindern können. Auch Jacob nicht, wenn er dort gewesen wäre.«
Dallas reagierte nicht.
Jazzy lockerte ihren Griff, drehte sich um und ging. Sie hatte genug Verstand, um zu wissen, wann sie sich zurückziehen musste. Dallas war nicht bereit, auf Vernunft zu hören. Er war noch zu sehr von Schuld und Reue verzehrt. Sie selbst war mehrmals durch eine solche Hölle gegangen.
Sie traf auf Jacob, der aus dem Warteraum kam. »Wie hält er sich?« Jacob deutete mit dem Kopf zum Ende des Flurs.
»Geht hier etwas vor, von dem ich nichts weiß?«, fragte Jazzy. »Er benimmt sich, als hätte er auf sie geschossen. Seine Schuldgefühle sind völlig unangemessen.«
Jacob zögerte und bedeutete ihr dann, ihm zu folgen. Er zog sie um die Ecke, an der sich zwei Gänge kreuzten.
»Niemand sonst darf etwas davon wissen. Verstanden?«
Jazzy nickte.
»Nur Genny, Dallas und ich wissen es.« Jacob machte den Eindruck, als würde ihm das, was er sagen wollte, großen Schmerz bereiten. »Dallas hat einen Serienmörder verfolgt, einen Kerl, von dem er annimmt, dass er im letzten Jahr seine Nichte in Mobile getötet hat.«
»Ja, ich weiß. Und?«
»Diese Kerl tötet in Fünfergruppen. Dallas ist auf vier praktisch identische Mordserien gestoßen, die in den vergangenen Jahren verübt worden sind. Die Opfer hatten nichts gemeinsam – nur das jeweils fünfte Opfer hatte eine Begabung. Dieselbe wie Genny.«
Jazzys Gedanken überschlugen sich, um die Bedeutung von Jacobs Aussage zu verkraften. »Die Opfermorde hier in Cherokee County …« Jazzy schnappte nach Luft. »Mein Gott, der Mörder ist wegen Genny hierhergekommen. Sie ist sein fünftes Opfer.«
»Dallas hat sich freiwillig als Gennys Leibwächter zur Verfügung gestellt, und ich hatte vor, einen Deputy bei ihr abzustellen, wenn Dallas nicht da sein konnte.«
»Meinst du, der Serienmörder hat seine Vorgehensweise geändert und auf Genny geschossen, statt …«
»Das war er nicht«, sagte Jacob. »Aber ich habe da so eine Vermutung, wer es gewesen sein könnte. Ich brauche bloß einen winzigen Beweis, dann werde ich seinen Arsch ins Gefängnis befördern.«
»Wen meinst du?«
Bevor Jacob antworten konnte, kam eine Krankenschwester auf sie zu und rief Jacobs Namen.
»Sheriff Butler, Sie können jetzt zu Genny.«
Jacob flüsterte Jazzy zu. »Ich erkläre es dir später.«
Als Genny wieder zu sich kam, war Jazzy an ihrer Seite. Sie versuchte, den Kopf anzuheben, doch der Schwindel machte die Bemühung zunichte.
»Hallo, verschlafenes Mädchen«, sagte Jazzy. »Wie geht’s dir denn? Ziemlich herb, was?«
»Ich fühle mich wie erschossen.« Genny versuchte zu lächeln, doch selbst das war ihr zu anstrengend.
»Ach, du Süße. Du kommst wieder auf die Beine. In ein paar Wochen bist du so gut wie neu.«
Genny schaute von einer Seite zur anderen, dann nach vorn, und erhaschte einen kurzen Blick auf Jacob, der in der Tür stand. Er kam auf sie zu, seine Bewegungen unnatürlich hastig. Als er neben ihr Bett trat, strich er ihr mit der Hand über die Wange.
»Du hast uns einen schönen Schreck eingejagt, i gi do. «
»Wo ist Dallas?«
Angespanntes Schweigen.
»Geht es ihm gut? Auf ihn wurde doch nicht auch geschossen, oder?« Der Gedanke, Dallas könnte tot sein, schoss ihr durch den Kopf.
»Mit ihm ist alles in Ordnung. Niemand hat auf ihn geschossen«, erwiderte Jacob. »Er war die ganze Nacht hier und ist noch immer irgendwo in der Nähe. Er war in grauenhafter Verfassung, weil er sich die Schuld an dem gibt, was passiert ist.«
»Was ist denn passiert?«, fragte Genny.
»Du bist rausgegangen, um die Tiere zu füttern, bevor Dallas dich zurückhalten konnte, und jemand, der sich im Wald versteckt hatte, hat auf dich geschossen«, erklärte Jacob.
»Wer …? Oh Gott, Jacob, meinst du, es war …?«
»Entweder Esther oder Reverend Stowe. Du bist ihrem gottlosen kleinen Geheimnis zu nah gekommen.«
»Such Dallas«, bat Genny. »Ich möchte ihn sehen.«
»Hey, Mädel, da sind noch ein paar andere Leute draußen, die unbedingt zu dir wollen. Tante Sally und Ludie. Wallace, Royce und Brian. Und …«
»Ich will Dallas!«
»Beruhige dich«, sagte Jazzy. »Ich werde Dallas suchen und zu dir bringen, und wenn ich ihm die Füße zusammenbinden und ihn herschleppen muss.«
»Nein, du bleibst bei Genny.« Jacob beugte sich vor und küsste Genny auf die Stirn. »Du ruhst
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