Beverly Barton, Hexenopfer
in Bewegung zu setzen. Auf halbem Weg zum Krankenbett sah Genny ihn. Sein Leben lang würde er sich an ihren Gesichtsausdruck erinnern. Freude. Kein anderes Wort konnte ihre Miene beschreiben.
»Dallas.« Ihre leise Stimme war entsetzlich schwach.
Die letzten Schritte rannte er förmlich.
»Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht«, sagte sie und hob ihre zitternde Hand.
Dallas ergriff die kleine, zarte Hand und führte sie an seine Lippen, küsste sie und hielt sie an seine Wange. Auf sie war geschossen worden – weil er in seiner Aufmerksamkeit zwei Minuten lang nachlässig gewesen war –, dennoch machte sie sich Sorgen um ihn.
»Ich dachte, ich würde sterben«, sagte er und erstickte beinahe an seinen Emotionen.
»Mir wäre es genauso gegangen, wenn du verletzt worden wärst. Aber du kannst jetzt aufhören zu leiden. Lass den Schmerz los. Lass ihn gehen. Ich werde wieder gesund. Was geschehen ist, war nicht deine Schuld.«
Er schluckte, küsste ihre Hand noch ein paar Mal, bevor er sich über sie beugte und zärtlich auf die Lippen küsste. »Ich liebe dich, Genny Madoc.«
»Ich weiß. Ich liebe dich auch.«
Dallas saß auf der anderen Seite des Raumes in der Ecke, während Jacob Esther Stowe verhörte. Ihr Mann wartete ungeduldig in einem anderen Raum auf seinen Anwalt. Esther hatte auf ihr Recht verzichtet, einen Anwalt dabei zu haben, und beteuert, sie habe nichts Unrechtes getan.
»Ich hatte nichts mit den Schüssen auf Ihre Cousine zu tun«, sagte Esther, »Warum sollte ich ihr etwas antun wollen?«
»Das will ich ja von Ihnen hören«, sagte Jacob. »Warum sollten Sie oder Ihr Mann Genny umbringen wollen?«
Esther zuckte mit den Schultern.
»Wir haben einen Zeugen, der Ihren Mann gesehen hat, wie er den Tatort verließ«, sagte Jacob, wobei er es mit der Wahrheit nicht so genau nahm. »Und dieser Zeuge hat gesehen, wie Reverend Stowe in Ihren Wagen gestiegen ist. Waren Sie bei ihm? Haben Sie dort gesessen und auf ihn gewartet, während er sich an Gennys Haus heranschlich und auf sie schoss, sobald sie herauskam?«
»Ich war nirgendwo mit ihm. Er ist wie ein Verrückter losgefahren, nachdem wir uns gestritten hatten. Woher soll ich denn wissen, was er da draußen im Wald getrieben hat? Im Übrigen, vielleicht hat sich Ihr Zeuge ja geirrt, vielleicht …«
»Besitzt Ihr Mann ein Gewehr?«
»Er hat mehrere. Haden geht gern auf die Jagd.«
»Wenn die Kugel, die der Arzt aus Gennys Rücken geholt hat, zu einem der Gewehre Ihres Mannes passt, haben wir alle Beweise, die der Staatsanwalt braucht, um den Reverend wegen versuchten Mordes anzuklagen.«
»Okay, sagen wir, er hat tatsächlich versucht, sie umzubringen.« Esther warf einen Blick auf Dallas, dann schaute sie Jacob direkt in die Augen. »Das hat nichts mit mir zu tun. Ich war nicht bei ihm. Ich war nicht daran beteiligt.«
Jacob verhörte Esther noch eine gute halbe Stunde und legte dann eine Pause ein. Dallas nahm an, dass Jacob klar geworden war, Mrs Stowe nicht knacken zu können. Sie war zäh wie Leder.
Jacob rief Tewanda, die an diesem Tag ihren Unterricht hatte ausfallen lassen, um eine Doppelschicht einzulegen und aushelfen zu können. Die junge Frau kam an die Bürotür und wartete.
»Nehmen Sie Mrs Stowe mit«, sagte Jacob. »Holen Sie ihr etwas zu trinken und suchen Sie ihr einen Platz, an dem sie sich ein paar Minuten ausruhen kann.«
Nachdem Tewanda die Frau des Reverend aus dem Raum geführt hatte, schloss Jacob die Tür und wandte sich an Dallas. »Ich hab’s nicht so gut hingekriegt mit ihr.«
»Sie haben Ihre Sache gut gemacht. Esther wird Ihnen nichts sagen. Solange Sie nichts gegen sie in der Hand haben, hat sie nichts zu befürchten. Selbst wenn sich herausstellt, dass sie irgendeine Teufelsanbetung praktiziert und behauptet, eine Hexe zu sein, ist beides kein Verbrechen, es sei denn, Sie können beweisen, dass sie für die Tieropfer verantwortlich ist. Was ihren Mann betrifft – sie schert sich keinen Deut darum, wenn Sie ihn festnageln.«
Dallas ging zur Kaffeemaschine.
»Tim bringt Tommy Patrick her. Sie dürften bald hier sein. Wenn Tommy Haden Stowe identifizieren kann, brauchen wir nicht mehr lange zu warten, um den Schweinehund in Haft zu nehmen.«
»Auch wenn der Mann den Reverend nicht hundertprozentig identifizieren kann, sollten Sie einen Durchsuchungsbeschluss für das Pfarrhaus erwirken können. Ich wette, Sie werden die Waffe finden, die Stowe benutzt hat, sowie die Schuhe und den
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